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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

468 Göttweig, Klosterkirche 1633

Epitaph des Abtes Georg (II.) Falb, roter Marmor, in der Kirchenvorhalle an der Ostwand der vierte Stein von Süden, bis 1719 an nicht näher bekanntem Standort in der Klosterkirche, am heutigen Standort möglicherweise schon um 17771). Schlichte hochrechteckige Tafel mit schmaler Rollwerkrahmung und 17-zeiliger Inschrift.

H. 178 cm, B. 85,5 cm. Bu. ca. 6 cm. – Kapitalis.


Textedition
			

GEORGIVSa). FALBIVSa). S(ANCTAE)a) T(HEOLOGIAE)a) D(OCTOR)a) / GOTWICIa). AN(N)OSa). XIX. ABBASb) / QVAM CLARVS. CA͜ ESARIa). ET / FRATRIa). Aa) CONSILIISa). TAM / CHARVS. CATHOLICA͜ Ea) RE/LIGIONISa) ET MONASTICA͜ Ea) / PARI. AVT SVPPARE GRADV / AVITA͜ E. REFORMATORa). VI/SITATORa). QVAM GRAVIS. / EXTRVCTORa) MON(ASTE)RIIa). ET / INSTRVCTORa) TAM SVAVIS / HOCa) DENIQVE HABET · SVC/CEDET PATRIa) FILIVSa). SVC/CESSOR PARI FATOa). NON / IMPARE VOTOa) DAVIDa) GRE/GORIVSa) CORNERVSa) ABB(AS)a) / ANNOa) D(OMI)NIa). M.DC.XXXIIIc)

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstaben, teils geringfügig, vergrößert.
b) Anfangsbuchstabe vergrößert, S unter dem Balken des A eingestellt.
c) Trennzeichen quadrangelförmig.

Georg Falb, Doktor der heiligen Theologie, 19 Jahre lang Abt zu Göttweig, ebenso ruhmvoller Rat des Kaisers und dessen Bruders wie teurer Erneuerer des alten katholischen Glaubens und in gleichem oder beinahe gleichen Maß des monastischen Lebens, ein ebenso gewissenhafter Visitator und Bauherr des Klosters wie einfühlsamer Lehrer, hat am Ende dies hier in Besitz genommen. Der Sohn wird dem Vater nachfolgen, ein Nachfahre im gleichen Schicksal und mit nicht anderem Verlangen, Abt David Gregor Corner, im Jahr des Herrn 1633.


Kommentar

Dr. theol. Georg Falb wurde am 24. April 1578 als zweiter Sohn (zu seinem Bruder Johann Falb und seiner Schwester Salome Falb s. Kat.-Nr. 415† und 498) des Obdacher Ratsherren Adam und der Regina Falb im steirischen Admont geboren. 1593 trat er an seinem Geburtstag im oberösterreichischen Benediktinerkloster Garsten ein und legte seine Profeß am 24. April 1594 ab. In der Folge studierte er ab 1597 zunächst als Schüler Wilhelm Lamormainis an der Grazer Jesuitenuniversität und wurde 1603 zum Magister der Philosophie, 1606 zum Bakkalaureus, 1607 schließlich zum Doktor der Theologie promoviert und zum Priester geweiht. Nach seiner Rückkehr nach Garsten im September 1607 fungierte er zunächst als Stadtpfarrer von Steyr und wurde 1609 Prior des Klosters. 1611 diente er als Rat des Bamberger Bischofs Johann Gottfried von Aschhausen auf dessen Kärntner Besitz und in Bamberg selbst, wurde von diesem aber noch im November desselben Jahres König Matthias als Abt des nach dem Tod Georg (I.) Schedlers 1610 (s. Kat.-Nr. 388) vakanten bzw. interimistisch verwalteten Klosters Göttweig empfohlen. Am 15. Juli 1612 wurde der von den neun zu jenem Zeitpunkt im Kloster lebenden Konventualen zum Abt von Göttweig postulierte Falb installiert. Für das Kloster, dessen Konvent Falb bis zu seinem Tod auf 22 Mitglieder vergrößerte, konnte er 1620/24 die als Rebellengut von Ludwig von Starhemberg konfiszierte Herrschaft Wolfstein und den Gurhof samt Schenkenbrunn um 10.000 fl. ankaufen, die 1629 von herzoglich-bayerischen Lehen zu freiem Eigen des Klosters wurden, sowie das 1380 veräußerte Gut Nappersdorf zurückerwerben. 1624 kaufte er auch den alten Göttweiger Hollerhof (früher Dietmannshof, heute Hellerhof in Paudorf ) von Wolfgang Härtl zurück, um ihn drei Jahre später an Gabriel Gerhard(t) von Falbenstein zu veräußern. 1614 wurde er zum Administrator von Dürnstein berufen, 1614/15 schlug er Berufungen nach Admont und Garsten aus, 1616 wirkte er an der öffentlichkeitswirksamen Niederlassung der Jesuiten in Krems entscheidend mit. 1617 ließ er die Pfarrkirche Brunnkirchen weitgehend umbauen. Im Jahr 1623 wurde er neuerlich als Abt nach Garsten postuliert, folgte dem Ruf jedoch nicht und förderte stattdessen die Entstehung der Benediktiner­universität Salzburg, an die er mehrere Konventualen, 1623 seinen späteren Nachfolger als Abt, David Gregor Corner (s. Kat.-Nr. 481), entsandte. Im selben Jahr legte er am 22. April den Grundstein zum neuen nach Norden hin orientierten Göttweiger Konventtrakt („Neues Kloster“), an dessen Errichtung in den ersten Jahren der Kremser Baumeister Cipriano Biasino (1580–1636) beteiligt war, und der erst unter David Gregor Corner fertiggestellt wurde. Um 1626 ließ er zur Neubelebung der mittelalterlichen Konföderationen des Klosters auch ein neues Rotelbuch anlegen, das in einer erneuerten Form von 1669 erhalten geblieben ist. Falb, der seit dem 14. Februar 1629 auch den Titel eines Apostolischen Protonotars trug, war seit 6. Mai 1615 kaiserlicher Rat und zwischen 1616 und 1628 Verordneter des NÖ Prälatenstands. Im November 1618 bestellte ihn Bischof Erzherzog Leopold zum Kommissar und Generalbevollmächtigten für die Visitation aller Benediktinerklöster im Erzherzogtum unter der Enns. 1624 wurde er zusammen mit Adam Graf Herberstorff, Johann Spindler von Hofegg und Konstantin Grundemann von Falkenberg zum Reformationskommissar ob der Enns bestellt und predigte vor allem in Steyr, Wels und Eferding, 1629/30 wurde er nach gegenreformatorischer Tätigkeit in den Dekanaten Krems und Melk, wiederum mit Unterstützung Corners, zum obersten Reformationskommissar in Österreich ob und unter der Enns ernannt. Falb, der auch wesentlich an der nach anfänglichen Schwierigkeiten schließlich 1630 erfolgreichen Gründung der österreichischen Benediktiner­kongregation beteiligt war, starb am 23. Mai 1631 in Wien und wurde per Schiff auf der Donau nach Thallern überführt, von wo er am 28. Mai um 14 Uhr unter Teilnahme der Klosteruntertanen in Prozession nach Göttweig gebracht wurde. Sein Nachfolger wurde der damalige Prior David Gregor Corner, der bei Falbs Beisetzung die Leichenpredigt gehalten hatte (s. Kat.-Nr. 481)2).

Die sehr dicht gesetzte und im Gesamteindruck von den durchwegs recht schmalen Einzelformen geprägte Inschrift wurde äußerst diszipliniert und mit hohem schriftgestalterischen Anspruch ausgeführt. Der deutliche Wechsel von Haar- und Schattenstrichen mit Betonung der Senkrechten und der Linksschrägen wirkt harmonisch, die konsequent an freie Schaft-, Balken- und Bogenenden angesetzten Serifen bzw. kleinen dreieckigen Sporen sind sorgfältig gestaltet. B weist einen minimal vergrößerten unteren Bogen, C etwa gleich weit nach rechts reichende und gleichermaßen mit Serifen besetzte Bogenenden, E verlängerten unteren und verkürzten mittleren Balken auf. Die senkrechte Cauda des G ist extrem kurz, oft (vor allem in der unteren Hälfte der Inschrift) fast nur zu einem kurzen Sporn reduziert, wodurch der Buchstabe C-ähnlich wird. Der Bogen des P ist klein und reicht nicht bis zur Mittellinie, R hat eine vereinzelt eher stachelförmige, weit überwiegend aber geschwungene Cauda, X besteht aus geradem Links- und geschwungenem Rechtsschrägschaft. V weist nicht aus Unvermögen des Ausführenden, sonst als konsequent eingesetztes Stilelement eine spürbare Linksneigung auf, leicht nach rechts verschoben ist auch der etwa zwei Drittel der Höhe des Schriftbands einnehmende Mittelteil des geraden M.

Nur in Z. 2 mußte das beim Entwurf des Layouts offenbar übersehene S in ABBAS als Enklave unter den A-Balken gestellt werden, wirkt aber selbst dort durch die geringe Schriftgröße nicht störend.

1) StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 181r: „Marmor hoc cernere poteris pene (!) ingressum in ecclesiam â parte sinistra.“
2) Zu Georg Falb s. NÖLA, Hs. 66, pag. 44–55 (zur Funktion als Verordneter), StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 91 (Schenggl), pag. 113f., StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), fol. 89f. (Nachzeichnung des Abtwappens und -siegels) und unfol. Einlagebl. vor fol. 91, Dungel, Göttweig 570–572, Reithmaier, Beziehungen 23 und 28, Appelt, Falb passim, Lechner, Stift 19f. und 32f., Lashofer, Professen 202f., Tropper, Stift 255–267, Lechner, Göttweig 779f. und Fischer, Atlas 42f. In StiB Göttweig, Cod. rot 896 (Dückelmann), unfol. Einlagebl. vor fol. 91, die Beauftragung Falbs als Kommissar bei der Übergabe der Kremser Frauenbergkirche und der umliegenden Benefiziatenhäuser an die Jesuiten durch Bischof Erzherzog Leopold (1615 Februar 14, Wels) und die Ernennung zum Generalvisitator der niederösterreichischen Benediktinerklöster (1618 November 5, Passau), bei Dems., StiB Göttweig, Cod. rot 895, pag. 14, ein Dankschreiben des Jesuitengenerals Mutius Vitelesius an Falb für dessen Beteiligung an der Ansiedlung der Jesuiten in Krems von 1616 Mai 16, Rom. Zur Rolle Falbs bei der Durchsetzung der Gegenreformation in Krems s. Schönfellner, Krems 276, 278 (Gundsteinlegung zum Neubau der Kremser Pfarrkirche St. Veit durch Falb 1616), zur Frühzeit des Kremser Jesuitenkollegs v. a. Rill, Anfänge, und knapp Schönfellner, Krems 285–289. Einzelne Nachrichten zu Falb vgl. auch bei Zedinek, Göttweig 63, 67, 72 und 75, Fux, Ortsgeschichte 77, sowie Roßmann, Geschichte (2000) 220f. Die verlorene Bauinschrift von Brunnkirchen (1617) überliefern kopial StiA Göttweig Cod Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 346, StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 91 (Schenggl), pag. 725, und StiA Göttweig, Cod. Ser. nov. 93 (Schenggl) pag 581f. Falbs Mutter Regina starb angeblich im Alter von 98 Jahren am 4. Oktober 1630 in Göttweig, s. Dungel, Göttweig 571. Zum Rotelbuch von 1669 s. 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 26 (Benedikt Wagner). Zu Biasinos früher angenommener Bautätigkeit an der Göttweiger Klosterkirche vgl. ablehnend Schweiger, Zauber 67 (Anm.).
Literatur

StiA Göttweig Cod Ser. nov. 90 (Schenggl), pag. 138. – StiB Göttweig, Cod. 896 rot (Dückelmann), fol. 181r (ganzseitiger Kupferstich). – Dungel, Göttweig 496. – DASP, Nachlässe 5, Heft L, fol. 42r. – ÖKT 1, 471. – Riesenhuber, Kunstdenkmäler 89 („17 Grabsteine in der Kirche und Vorhalle“). – ÖAW, NLH, 2.-4. 7. 1958. – Lechner, Stift 48. – Lashofer, Professen 202. – 900 Jahre Stift Göttweig, Kat.-Nr. 1327. – Dehio Süd 571



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 468,
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Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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