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Redaktion
Die Fortsetzung der nachrevolutionären Reformpolitik im Inneren, die angespannte Lage im besiegten Ungarn und die deutsche Frage sind die großen Themen der Ministerratssitzungen im vorliegenden Band. Die Arbeit an den Landes-, Kreis-, Bezirks- und Ortsgemeindeordnungen schreitet zunächst voran, sie erlahmt jedoch bei den Verfassungen der politisch schwierigen Kronländer; die Kreis- und Bezirksgemeindeordnungen werden überhaupt fallen gelassen. Die Zielrichtung der Reformen „von oben“ wird klar ersichtlich. Die auf Partizipation zielenden Landesverfassungen werden zwar feierlich erlassen, aber einfach nicht durchgeführt, während die praktisch notwendigen, jedoch auf hohem Zensus beruhenden „provisorischen“ Gemeindeordnungen der großen Städte in Wirksamkeit treten und z. T. auf Jahrzehnte hinaus das Gemeindewesen regeln.
Betreffend Ungarn gelingt es der Regierung im Sommer in beträchtlicher Kraftanstrengung, den selbstherrlichen General Haynau auszubooten, um dann endlich auch in den Ländern der Stephanskrone mit der wahren Reformpolitik in ihrem Sinn beginnen zu können. Österreichs erstarkte Stellung in Deutschland zeigt sich darin, daß es gegen den ausdrücklichen Willen Preußens die Bundesexekution im „unbotmäßigen“ Kurhessen durchsetzt. Dadurch wird der Deutsche Bund belebt, die liberale Bewegung aber wieder geschwächt. Die Auseinandersetzung führt freilich zu einer Verschärfung des Konflikts mit Preußen.