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Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich

Politischer Bezirk Krems

256 Oberranna, Burgkirche Hl. Georg 1559

Wappengrabplatte des Georg (IV.) von Neidegg, hellroter Marmor, außen an der Südwand der dritte Stein von Westen, ursprünglich wohl in der Paulinerklosterkirche Unterranna. Hochrechteckiger Stein mit umlaufender Rahmenleiste, zuoberst in leicht vertieftem querrechteckigen Feld Rollwerktafel mit dreizeiliger Inschrift (I), im Mittelteil in seichter Rundbogennische zwischen zwei perspektivisch wiedergegebenen Pilastern zwei Vollwappen, zuunterst in leicht vertieftem querrechteckigen Feld Rollwerktafel mit fünfzeiliger Inschrift. Gesamte Platte stark abgetreten und verwittert, Inschrift I bis auf geringe zweifelsfrei lesbare Reste völlig verloren, zahlreiche Oberflächenbeschädigungen, alle Ecken abgeschlagen.

H. 247 cm, B. 118 cm, Bu. 3,5 cm. – Gotische Minuskel mit Versalien.


Textedition
			

I. – – –]d[– – – / – – –]t[– – –]ck[– – –]d[– – –] / H[– – –] He[– – –]lige [– – – II. Hie Ligt begraben der Fil vnd wollgemut / R[it]ter Herr [G]eorg von N[e]vdegg Ranna in / Seines Allters [51]a) Jar vnd · ist · gestorben / den 2 tag martii Jm 1[5]59 [– – – g]e/nadi[g] vnd Ain froliche [a]uf[f ]er[stehung – – –]l

Anmerkungen
a) Erg. unsicher, geringe Ziffernreste an der Oberlinie des Mittelbands erhalten.

Wappen: Neidegg1); Kirchberg2).


Kommentar

Georg (IV.) von Neidegg zu Ranna, Lichtenau und Brunn a. Walde, war der wohl jüngste der fünf Söhne des Hans (X.) von Neidegg zu Ranna und der Barbara von Firmian3). 1539 waren zunächst noch alle Brüder gemeinsam mit Ranna belehnt worden, nach dem Tod seiner älteren Brüder war Georg 1548 als alleiniger Inhaber übriggeblieben. 1544 hatte er zusammen mit seinem Bruder Matthäus (Matthias) und ihrem Verwandten Wilhelm (II.) von Neidegg zu Rastenberg (s. Kat.-Nr. 223) 3000 fl. Schulden beim Inhaber der Herrschaft Salaberg, Niklas Kölnpeck, für die Wilhelms Verwandter Ludwig Kirchberger von Viehofen einstand4). 1558 beklagte er sich bei den NÖ Ständen, auch für die Grundholden des unter seiner Vogtei stehenden Paulinerklosters Unterranna Steuer zahlen zu müssen, im Folgejahr verkaufte er Brunn a. Walde an seinen Schwager Ludwig Kirchberger zu Viehofen. Der Umbau der mittelalterlichen Burg Oberranna zu einem repräsentativen Renaissanceschloß wurde unter Georg (IV.) wenigstens begonnen.

Aus seiner Ehe mit Siguna Kirchberger, Tochter des Hans Kirchberger und der Brigitta von Neidegg (s. Kat.-Nr. 210) stammte eine Tochter Regina, seit 1572 Frau des Wolf Wilhelm von Althan von der Goldburg zu Murstetten (s. Kat.-Nr. 284). Um das Erbe der mit Georg (IV.) erloschenen Linie zu Ranna, Ranna, Lichtenau und Brunn a. Walde, entwickelte sich zwischen den Erben des Verstorbenen eine komplexe, erst 1592 beigelegte Auseinandersetzung5).

Ob das inschriftlich angegebene Sterbejahr korrekt ist, erscheint aufgrund widersprechender urkundlicher Daten fraglich6).

Die obere, einer Interpretation nicht mehr zugängliche Inschrift I dürfte nicht einen Sterbevermerk der Siguna Kirchberger, sondern eher ein Bibelzitat enthalten haben. Eine Schriftbeschreibung ist angesichts des schlechten Erhaltungszustands nicht sinnvoll, doch sind innerhalb des durchaus der Gotischen Minuskel zuzuordnenden Kanons der Gemeinen an mehreren Bogenlinien frakturgemäße Schwellzüge zu erkennen.

1) S. Si NÖ 1, 314 (Neydeck. Neudegg, vermehrtes Wappen) und Taf. 166 (Wappen II), vgl. auch NÖLA, Hs. 236/5, pag. 19.
2) Si OÖ 154 und Taf. 46 (Wappen I) und NÖ 1, 231 und Taf. 114 (Wappen II).
3) S. Hausmann, Neudegger 122. In der Erbverzichtserklärung seiner Schwester Katharina anläßlich der Heirat mit Bernhard Thurzó (s. Kat.-Nr. 243), HHStA, AUR 1538 IV 27 (1538 April 27, Grafenegg), erscheinen als Kinder dieser Verbindung die Brüder Hans Ulrich (I.), (Hans) Leopold, Hans Otto, Matthias und Georg sowie neben der Ausstellerin noch weitere namentlich ungenannte Schwestern.
4) S. zu den Belehnungen mit Ranna Hausmann, Neudegger 122, der Schadlosbrief wegen Salaberg an Kirchberger s. in HHStA, AUR 1544 II 20. Als Siegler anstelle der beiden Brüder fungierte deren Schwager Bernhard Thurzó.
5) S. Reil, Donauländchen 387, Plesser, Kirchengeschichte (1932) 602 und Hausmann, Neudegger 122f.
6) Georg von Neidegg zu Ranna und Lichtenau – wohl der obige – als Vogtherr und Prior Michael von Unterranna setzten 1560 den zu Martini (11. November) dem Kloster zu leistenden Getreidedienst von der Mühle in Elsarn neu fest, nachdem der alte Klostermetzen verlorengegangen und durch einen neuen mit größerem Maß ersetzt worden war, s. HHStA, AUR 1560 XII 15. Hausmann, Neudegger 123 vermutet den Tod Georgs um 1562.
Literatur

Dehio Nord 827. – Zajic, „Zu ewiger gedächtnis aufgericht“ 326.



Andreas Zajic

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems, ges. u. bearb. v. Andreas Zajic
(Die Deutschen Inschriften 72. Band, Wiener Reihe 3. Band, Teil 3) Wien 2008, Kat. Nr. 256,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/noe-3/teil3/noe-3-obj256.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
72. Band, Wiener Reihe 3. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Niederösterreich - Teil 3
Die Inschriften des Politischen Bezirks Krems

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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