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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Reutte

293 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1516

Wappengrabplatte des Ulrich von Tux, roter Marmor, in der Vorhalle an der Westwand. Die vertiefte, sechszeilige Inschrift im oberen Drittel des Steins ist schwarz nachgezogen. In der unteren Hälfte des Steines ein vollrundes, im Scheitel durch die Helmzier nach oben ausgebuchtetes, seicht vertieftes Feld mit zwei zueinander gelehnten Eheallianzwappen unter einem linksgewendeten Oberwappen.

H. 210 cm, B. 110 cm, Bu. 7 cm. – Kapitalis mit Elementen aus Frühhumanistischer Kapitalis.


Textedition
			

AN͜NOa) · D(OMI)NI · 1 · 5 · 16 · AN · SANT · / IACOBS · DES · MERERN · ZWEL/FPOTENIAGb) · STARB · DER · / WOLGELERT · MAISTER · / VLRICHc) · VON · TVX · DE(M) / GOTT · GNADd)

Anmerkungen
a) Anfangsbuchstabe vergrößert; als Trennzeichen Dreispitze.
b) sic! für TAG.
c) über dem rechten Schrägschaft des V ein kleines hochgestelltes O.
d) letzte Z. zentriert.

Datum: 1516 Juli 25.


Wappen: Tux?1), unbekannt2).


Kommentar

Über die Person des hier beerdigten Ulrich von Tux ist nichts Genaues bekannt. Lechner nahm an, ein WOLGELERT MAISTER könne schließlich nur einen Geistlichen meinen und wollte diesen als Pfarrer zwischen 1515 und 1518 festmachen3). Dieser Annahme hat jedoch bereits Weingartner wider­sprochen4); zudem schließen auch die äußeren Charakteristika des Wappensteines die Bewertung als Priestergrabplatte aus. Der Zusatz „von Tux“ dürfte wohl als Herkunftsbezeichnung zu verstehen sein und könnte die Herkunft des Meisters Ulrich aus dem Zillertal andeuten5). Sein Wappen ähnelt stark jenem der Familie Mamming6).

Die mit nicht ganz sorgfältigem Layout ausgeführte Inschrift – die Zeilenabstände sind unregelmäßig, die letzte (zentrierte) Zeile ist nicht korrekt auf die Mittelachse gesetzt, sondern nach rechts verrutscht – weist innerhalb eines rein kapitalen Kanons deutliche Anklänge an Frühhumanistische Kapitalis auf. So begegnen etwa neben regulärem symmetrischen A auch Formen mit einem senkrecht gestellten Schrägschaft, B hat ins Majuskelschema eingepasste Minuskelform mit aufgeblähtem Bogen und minimal die Oberlinie durchstoßendem Schaft, das kapitale D ist links oben offen, E weist einen deutlich nach links eingerollten unteren Balken auf, M hat neben der regulären geraden Form einmal eine Abwandlung der konischen Gestalt mit zwei senkrecht gestellten Linksschrägschäften, O ist tendenziell spitzoval ausgeführt, P entspricht sinngemäß (gestürzt) dem beschriebenen B, die R-Cauda ist bisweilen stark geschwungen und einwärts gestellt, X zeigt geschwungenen Rechtsschrägschaft.

1) Oberhalber Steinbock; ein Stechhelm mit wachsendem Steinbock als Helmzier.
2) Gestürzte eingebogene Spitze, darauf ein sechsstrahliger Stern.
3) Lechner, Grabsteine 170; vgl. Wieland, Geschichte 74.
4) Weingartner, Vils 252.
5) So spekulierte zumindest Weingartner, Vils 252. Fischnaller nennt in seinem Wappenschlüssel einen Ulrich Dux, ansässig zu Schaan in Vaduz, dessen Grabstein von 1433 (sic!) in der Kirche zu Vils zu finden sei und eine Steinbockbüste zeige; aus Fischnallers Angaben geht jedoch nicht hervor, woher seine näheren Angaben zur Person des Ulrich Dux stammen; Fischnaller, Wappenschlüssel 3, 210. Bader zufolge war Ulrich von Tux laut dem Wappenbuch der Arlbergbruderschaft deren Mitglied; Bader, Bruderschaften 138.
6) Vgl. Siebmacher IV/1, 11 (Taf. 12).
Literatur

Tinkhauser/Rapp, Beschreibung 5, 528. – Lechner, Grabsteine 169f. – Wieland, Geschichte 74. – Hochenegg, Kirchen 241. – Weingartner, Vils 252. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, Bruderschaften 138. – Bader, „Gotshaus“ 91 und 93. – Seufert, Pfarrkirche 14.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 293,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/reutte/tirol-1-obj293.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol  Politischer Bezirk Reutte  Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt    •  Wappengrabplatte  •  roter Marmor  •  Kapitalis  •  Inschriften des Totengedenkens  •  Lechner, Karl  •  Mamming  •  Ulrich von Tux  •  Weingartner, Josef  •  Vaduz  •  Altzella Zillertal

Abbildungen

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Abb. 182: Wappengrabplatte
des Ulrich von Tux (1516)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)