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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Reutte

304 Vils, Pfk. Mariä Himmelfahrt 1544

Wappengrabplatte des Hans von Hoheneck, roter Marmor, im westlichen Vorraum der Kirche, links neben dem Grabdenkmal des Ulrich von Tux (vgl. Kat.-Nr. 293) an der Westwand. Der Stein zeigt in einem hochrechteckigen, oben mit einem Kielbogen abgeschlossenen vertieften Feld ein tief aus der Platte herausgearbeitetes Relief mit fünf Wappenschilden (ein zentraler Schild von vier anderen bewinkelt; bis auf den linksgewendeten mittleren alle zur Mitte hin gelehnt), die von der Helmdecke des über den beiden oberen Schilden positionierten, jedoch zum zentralen Schild gehörigen linksgewendeten Oberwappens hinterfangen werden. Über dem Wappenfeld befindet sich am oberen Rand der Platte eine vierzeilige Inschrift; die letzten beiden Zeilen werden von dem Kielbogen in der Mitte unterbrochen. Die Inschrift läuft in drei Umschriftzeilen an den beiden Längsseiten und der unteren Schmalseite weiter.

H. 210 cm, B. 111 cm, Bu. 5,5 cm. – Gotische Minuskel.


Textedition
			

A(nno) · D(omini) · 1 · 5 · 44 · (a)vf · S(anct) · iohannes dag des eveielistea) / zwischen · 11 · vnd · 12 · vr imdagb) starb der Edel vnd / vest Hans von hohenegk // zuc) vilsegk des stiffts aug=/spurg erbkamerer · vnd // die Edlen tugendhafftend) / zwu frauwen fruw margreda geboren von weichs · vnd fraw / iohanne ein vegttin geboren von sumerau / baid sein elichen gemahel gewessen · gott der sei ine alle genedig ·

Anmerkungen
a) sic!
b) sic! i-Punkt über dem ersten Schaft; wohl fälschlich für midag.
c) o als diakritisches Zeichen über dem u hochgestellt.
d) folgt Umschriftzeile an der rechten Längsseite.

Datum: 1544 Dezember 271).

Wappen: Schrott (?)2), Stadion3), Hoheneck4), Vogt von Sumerau5), Weichs6).


Kommentar

Bei dem hier Bestatteten handelt es sich um Hans III. von Hoheneck, den Sohn Rudolfs III. von Hoheneck und der Beatrix von Schrott. Nach den Angaben Mayrhofens war Hans Erbkämmerer von Augsburg und Pfleger zu Rettenberg7), was mit den Angaben der Inschrift übereinstimmt. Als Pfleger zu Rettenberg lässt sich Hans zwischen 1534 und 1540 fassen8). Die schwierig zu lesende Inschrift an der Unterseite des Steines hat immer wieder zu Fehllesungen geführt, wodurch vor allem die Namen der beiden Frauen Hans’ III. falsch wiedergegeben wurden. So nennt Mayrhofen Johanna von Praschberg und Margarethe von Winden als seine Ehefrauen9); noch laut Schretter handle es sich um Margarethe von Weichs und Johanna von Pragsberg10). Tatsächlich nennt die Inschrift Margarethe von Weichs und Johanna Vogt von Sumerau. Bei dieser Johanna dürfte es sich um die erste Frau Hans von Hohenecks gehandelt haben, da sich von Margarethe eine weitere Grabplatte von 1566 – also nach dem Tod ihres Mannes Hans – erhalten hat (vgl. Kat.-Nr. 308). Johanna von Sumerau scheint der Inschrift zufolge zunächst mit einem Mitglied der Familie Vogt verheiratet gewesen zu sein, bevor sie Hans von Hoheneck ehelichte. Lechner vermutete, dass die das Relief umlaufende Inschrift erst später ergänzt wurde, da sie sich auf die beiden Frauen von Hans von Hoheneck bezieht und diese erst deutlich nach ihm starben11). In diesem Falle hätte man sich aber ungewöhnlich stark bemüht, die alte Schrift beizubehalten, denn die modernen Fraktur-Elemente (vor allem die Versalien betreffend) nehmen in der umlaufenden Inschrift im Vergleich zu den oberen vier Zeilen eher ab als zu. Auch scheint der genaue Abschluss der Inschrift ohne größere Zwischenräume eher auf eine einheitliche Planung bei der Verteilung der Schrift auf der Grabplatte schließen zu lassen. Zwar kennen wir die Grabplatte der Margarethe von Weichs aus dem Jahr 1566, da auch sie sich in Vils erhalten hat (vgl. Kat.-Nr. 308). Aber es scheint dieses späte Todesdatum einer nachträglichen Anbringung eines Teils der Inschrift auf der hier besprochenen Grabplatte eher zu widersprechen: Schließlich wird Margarethe, obwohl sie offenbar die zweite Frau Hans von Hohenecks gewesen ist, in der Inschrift zuerst genannt. Hätte man für sie einen Platz freigehalten, so wäre dies wohl eher gegen Ende der Inschrift zu erwarten gewesen.

Eine ähnliche Verwirrung wie bei den Ehefrauen ergab sich in der Literatur auch um die Zuschreibung der Wappen. Unzweifelhaft handelt es sich bei dem Wappenschild mit dem Stier um das Wappen der Hoheneck. Das Wappen der Margarethe von Weichs kann man jedoch weder mit dem gevierten noch mit dem zwei Hirschhörner zeigenden Wappenschild identifizieren12); das Wappen mit der eingebogenen Spitze hingegen lässt sich sicher ihr zuschreiben, da es sich auch auf ihrer eigenen Wappengrabplatte findet (vgl. Kat.-Nr. 308). Sowohl der gevierte Wappenschild als auch das Wappen der Stadion findet sich auch auf der Wappengrabplatte der Margarethe von Weichs; das gevierte Wappen konnte man aber bereits im 18. Jahrhundert nicht mehr eindeutig zuweisen13). Eventuell ließe sich an eine Zuordnung an die Mutter des Hans von Hoheneck, Beatrix von Schrott, denken, das man in der Ahnenprobe erwarten könnte. Da sich das Wappen mit den zwei Hirschhörnern nur auf dieser Grabplatte, nicht aber auf jener der Margarethe von Weichs wiederfindet, scheint eine Zuordnung an die erste Frau Hans von Hohenecks, Johanna von Sumerau, nahe liegend.

Die Familie von Hoheneck besaß Vils von 1200 bis zu ihrem Aussterben in der Tiroler Linie im 17. Jahrhundert zu Lehen und spielte damit in der Stadt eine wesentliche Rolle14). Diese zentrale Position der Familie spiegelt sich auch in ihren epigraphischen Denkmälern in Vils wieder, diente doch die Pfarrkirche in Vils, in der sich auch diese Wappengrabplatte befindet, den Herren von Hoheneck als Grablege (vgl. Kat.-Nrr. 308 und 334).

1) Legt man hingegen eine (im frühen 16. Jahrhundert noch durchaus übliche) Weihnachtsdatierung zugrunde, so könnte es sich um den 27. Dezember 1543 handeln.
2) Geviert.
3) Si 1, 111; Bay 23a und Taf. 16 (Stammwappen) bzw. Wü 4 und Taf. 4 (Stammwappen).
4) Si BayA1, 75 und Taf. 75, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 333f.
5) Si1, 116, vgl. auch Württembergisches Adels- und Wappenbuch 792.
6) Si Bay 62 und Taf. 67 (die Spitze auf dem Stein jedoch eingebogen dargestellt).
7) Mayrhofen, Genealogien 4, 278. Vgl. Schretter, der allerdings den Vater als Rudolf II. (nicht III.) bezeichnet; Schretter, Hohenegg 71.
8) Seufert, Pfarrkirche 13.
9) Mayrhofen, Genealogien 4, 278.
10) Schretter, Hohenegg 71. Vermutlich folgt Schretter hier im ersten Namen der Inschrift der Grabplatte, beim zweiten der Überlieferung von Mayrhofen.
11) Lechner, Grabsteine 169. Für die Annahme, auch Johanna sei erst nach Hans gestorben, gibt es freilich keinen Beleg, zumal Hans ja schwerlich zugleich mit beiden Frauen verheiratet gewesen sein kann und Margarethe die jüngere der beiden Frauen gewesen sein muss.
12) Vgl. etwa Wieland, Geschichte 73.
13) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176 (in der Kopie der Handschrift im Ferdinandeum sind die Seitenzahlen vertauscht, so dass 176 auf 177 folgt). Vgl. Kat.-Nr. 308.
14) Stolz, Außerfern 133.
Literatur

Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 175. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 175. – Mayrhofen, Genealogien 4, 278. – Lechner, Grabsteine 168f. – Wieland, Geschichte 73. – Stolz, Außerfern 133. – Weingartner, Vils 252. – Ammann, Oberland 395. – Dehio Tirol 839. – Bader, „Gotshaus“ 91 und 93. – Schretter, Hohenegg 71. – Seufert, Pfarrkirche 14.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 304,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/reutte/tirol-1-obj304.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
Schlagworte
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Abbildungen

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Abb. 186: Wappengrabplatte des
Hans von Hoheneck (1544)
©  ÖAW, Institut für Mittelalterforschung, Arbeitsgruppe Inschriften (Fotograf: Gerhard Watzek)