Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Reutte
307 |
Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus |
1561 |
Glocke („Große“ bzw. „Heiligen“- und „Wetterglocke“) mit Segenswunsch bzw. apotropäischer Inschrift, Gussvermerk als Glockenrede und Stifterinschrift sowie Glockenrede, im Turm. Die reich verzierte Glocke zeigt am Hals einen Ornamentfries mit Cherubsköpfen und Löwenmasken, darunter eine Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (I). Am Mantel finden sich mehrere Reliefs: Eine hochrechteckige Kreuzigungsgruppe über einer querrechteckigen Kartusche mit einer dreizeiligen Inschrift (II), der auferstandene Christus, eine Halbfigur des Hl. Nikolaus, ein Gnadenstuhl, darunter ein weiteres Schriftfeld mit einer fünfzeiligen Inschrift (III) sowie eine Madonna auf der Mondsichel. Der Wolm zeigt drei Zierringe. Am Schlagring eine weitere Umschrift zwischen zwei Schnurleisten (IV).
Bu. 3 cm (I), 1 cm (II, III), 2,5 cm (IV). – Kapitalis (I) und Fraktur (II–IV).
Textedition
I.
· JESVSa) NAZARENVS REX JVDAEORVM TITVLVS TRIVMPHALIS
BENEDICAT VOS AB OMNIBVS MALIS · PAXa) VOBIS EGO SVM
NOLITE TIMERE
II.
Gregory Löffler vnd seine zween / sun Helias und Hanns Chris/toff gosen mich
im anno 1561
III.
Aus Bevelch des Edlen und Vesten / Herrn Georgen Kanntzen Röm(isch) /
Kay(serlicher) M(ajestä)t Phlegers zu Eren/berg ist dise Gloggen gossen wor/den
in anno · 1561b) ·
IV.
Ain suessen Klang gib ich die Vest der Heiligen oofenbare ich die Wetter
vertreib ich die Lebendigen forder ich die Doten bewain ich · mccccclxib) ·
Anmerkungen
Kommentar
Die obere der beiden umlaufenden Inschriften stellt eine Segensinschrift dar (I); sie unterstreicht zugleich den apotropäischen Charakter der Glocke. Was die Inschrift am Hals mit einem Segenswunsch einleitet, schließt die umlaufende Inschrift auf der Unterseite ab: Sie bestimmt den Zweck der Glocke und gibt die Datierung an (IV).
Aus den beiden Inschriften am Mantel (II, III) erfahren wir, dass die Glocke von Gregor Löffler (gest. 1565) und seinen beiden Söhnen Elias und Hans gegossen worden ist, sowie dass Georg Kanz sie gestiftet hat. Der Fußknechthauptmann Georg Kanz wurde durch Jörg von Thun als sein Verweser in Ehrenberg angestellt, nachdem dieser von König Ferdinand I. am 29. September 1554 dazu die Erlaubnis erhalten hatte1). In der Pfarrkirche Tannheim finden sich noch drei weitere Glocken, die von den Söhnen Gregor Löfflers angefertigt wurden (vgl. Kat.-Nrr. 309–311). Zusammen stellen die vier Instrumente das einzige vollständig erhaltene Löffler-Geläute dar2). Es ist nicht zuletzt dem Einsatz des BDA Tirol unter Oswald Trapp zu verdanken, dass dieses Ensemble vor der Abnahme und Einschmelzung im Zweiten Weltkrieg bewahrt wurde3).
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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Schlagworte
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol Politischer Bezirk Reutte Tannheim, Pfk. Hl. Nikolaus • Glocke • Segenswunsch • apotropäischer Inschrift • Gussvermerk • Glockenrede • Stifterinschrift • Kapitalis • Fraktur •
Ferdinand I. •
Kanz, Georg •
Löffler, Elias •
Löffler, Gregor •
Löffler, Hans Christoph •
Thun, Jörg •
Trapp, Oswald •
Ehrenberg •
Lermoos •
Reutte, Gemeindearchiv •
Tannheim, Gemeindearchiv
Abbildungen
 Abb. 187: Glocke (1561), Detail ©
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Jesus von Nazareth, König der Juden, Siegestitel. Er segne euch gegen alles Böse. Friede sei mit Euch. Fürchtet Euch nicht, ich bin es! (I).
Lc 24,36 (I).