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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politischer Bezirk Reutte

317† Vils, unbekanntes Wirtshaus 1605?

Epitaph (?) der Familie Hoheneck, bemaltes Holz (?), ursprünglich vermutlich in der Pfarrkirche Vils, zu Beginn des 18. Jahrhunderts offenbar sekundär in einem nicht näher bekannten Wirtshaus in Vils, Zeitpunkt des Verlusts unbekannt. In der epigraphischen Sammelhandschrift des Johann Georg Adam und des Johann Georg Brix von Hoheneck findet sich zu Vils der Vermerk: „Auf einer gemallenen Taffel ßo in dem Wirthshaus alda gefundten, stehet Volgendes“1). Es folgt die Inschrift dieser Tafel, die heute verloren ist. Sie soll über der Inschrift zwei Wappen getragen haben2). Unmittelbar anschließend wird eine weitere Tafel mit Inschriften auf verstorbene Angehörige der Familie Hoheneck referiert (Kat.-Nr. 318†). Zwar sind die Inschriften in der Quelle als fortlaufender Text wiedergegeben, doch wurden hier Absätze entsprechend den inhaltlichen Einheiten eingefügt, die zweifellos auch im Original als voneinander abgesetzte Inschriften ausgeführt waren.

Standortangabe, Beschreibung und Text nach Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176f.


Textedition
			

Anno D(omi)nj 1605: den :22: Septemb(ris) ist Ludwig Hainrich Von Hoheneck zu Vülseckh, Haubtman zu Grän, Vorn Erbfeindt Vor der Vbergebung todt geschosßen, vnd in die kürchn daselbsten zur Erden Ehrlich Bestättet worden, An(n)o D(omi)nj 1602: den :22: Octobr(is) Jst Hannß Wernher Von Hocheneck zu Vülseckh Vor ofen in dem Sturm Von dem Erbfeindt Todtgeschosßen, den andern Tag alda in der Vorstatt zur Erden bestettiget worden, Anno D(omi)nj :1596: den :26: (oc)tobrisa) ist Marquart Carl Von Hoheneck zu Vülseckh Vor Erlau in der schlacht Geblieben, Anno D(omi)nj 1603: d(e)n :28: (novem)brib) ist Jacob Von Hoheneck zu Vülseckh der Jüngere zu Raab Gott ergeben, Vnd Vor dem Weisßenburger=thor alda auf dem Gottsackher zur Erden Geleget word(e)n, der Allmächtig gott wölle Sye durch Jesum Christum den ainig(e)n Haylandt widerumb frölich auferweckhen. Amen. H͜Pc) Ludwig Heinrich. Hannß Wernherr. Marquart Carl. Jacob.

Anmerkungen
a) Bestand: 8tobris.
b) sic ! Bestand: 9bri.
c) Monogramm zentriert über der letzten Z. der Is.

Wappen: Hoheneck, Münchingen.


Kommentar

Beide handschriftlich überlieferten Objekte (s. auch Kat.-Nr. 318†) referieren Sterbevermerke und Grabbezeugungen von Angehörigen der Familie Hoheneck, die den Denkmalstyp am ehesten als gemaltes Epitaph erschließen lassen, für das ein ursprünglicher Standort in einem Profangebäude – selbst wenn es sich bei dem von den Hoheneckern genannten Vilser Wirtshaus ursprünglich um ein Freihaus der Hohenecker und demnach um älteres Inventar gehandelt haben sollte – auszuschließen ist. Die zweite Tafel (Kat.-Nr. 318†) gibt zur eigentlichen Provenienz jedoch einen deutlichen Hinweis: Andreas von Hoheneck sei in dißem Gottshauß begraben (II). Damit kann wohl nur die Pfarrkirche von Vils gemeint sein, in der die Hoheneck ihre Grablege gehabt haben und in der sich noch heute Grabdenkmäler anderer Familienmitglieder erhalten haben (vgl. Kat.-Nrr. 304, 308 und 334). Offenkundig diente das gegenständliche Epitaph der Einbeziehung der in den Kriegen an der ungarischen Grenze bzw. bei den Kämpfen um die habsburgischen Grenzfestungen gefallenen und vor Ort bestatteten Angehörigen der Familie in die am Ort der Hoheneckschen Grablege epigraphisch aufbereitete Memoria. Dass beide Tafeln bzw. Epitaphien ursprünglich denselben Standort gehabt hatten, darf als sicher angesehen werden; unklar bleibt, wann und aus welchem Grund die beiden Denkmäler aus der Pfarrkirche entfernt und in das Wirtshaus verbracht wurden.

Aus den Wappen der Hoheneck und der Münchingen wollten die beiden Inschriften sammelnden Hohenecker Schlüsse über die genannten vier Mitglieder ihrer Familie ziehen. Es sei „zu vermuethen, daß die ebengedachten 4 herrn von Hoheneck von der von Münchingen descendiren“4). Die in Inschrift I genannten „Ludwig, Marquard, Hans und Jakob seind in Ungarn gegen die Türken umgekommen“, wie Mayrhofen bemerkt; ihm zufolge handelt es sich um die Söhne des Jakob von Hoheneck, der Württembergischer Obersthofmeister und Rat gewesen sein soll und zur protestantischen Religion übergetreten sei5). In der Mitte des 15. Jahrhunderts hätten sich die Tiroler Hoheneck – wiederum nach Mayrhofen – in zwei Linien geteilt; aus der jüngeren stammten die in der Inschrift des gegenständlichen Denkmals genannten Brüder, aus der älteren hingegen die in der zweiten verlorenen Tafel (Kat.-Nr. 318†) genannten Personen. Das Monogramm H͜P am Ende der Inschrift könnte möglicherweise die Signatur des ausführenden Malers dargestellt haben.

1) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176. Andergassen verortet die Tafel fälschlich in Hall; Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532. Der Irrtum erklärt sich durch die falsche Heftung der Kopien aus dem Hohenecker Codex im Tiroler Landesmuseum, FB 28204, 176–178, wodurch die betreffende Seite mit dieser Is. hinter die Aufzählung der Haller Monumente gerutscht ist.
2) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177.
3) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177.
4) Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 177.
5) Mayrhofen, Genealogien 4, 109, vgl. Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532.
Literatur

Hoheneck, Monumenta NÖLA pag. 176f. – Hoheneck, Monumenta OÖLA pag. 176f. (mit geringfügigen orthographischen Abweichungen). – Andergassen, Renaissancealtäre (2007) 532.



Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, Kat. Nr. 317,
URL: hw.oeaw.ac.at/inschriften/tirol-1/reutte/tirol-1-obj317.xml

Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Austrian Academy of Sciences Press

 
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