Die Inschriften des Bundeslandes Tirol
Politischer Bezirk Reutte
337 |
Schattwald, Pfk. Hl. Wolfgang |
1636 |
Grabkreuz des Michael Zobel, roter Marmor, an der Außenwand der Sakristei. Aus breitem, im ursprünglich in der Erde befindlichen Teil grob behauenem, im sichtbaren Teil glockenförmig geschweiftem und mit Totenschädel über gekreuztem Gebein reliefiertem Sockel mit Steinmetzzeichen (s. Nachzeichnung in Anhang 1) wachsendes breites lateinisches Kreuz mit abgetreppt eingezogenen Enden. Das über Hohlkehle vertiefte, den Konturen des Kreuzes folgende Inschriftenfeld trägt die zehnzeilige Inschrift; die ersten drei und die letzten vier Zeilen nehmen den Kreuzesstamm ein, Zeile 4 bis 6 sind in die Kreuzesbalken eingehauen. Der Stein ist oben links oberflächlich beschädigt.
H. 86 cm, B. 42 cm, Bu. 3,5 cm. – Kapitalis.
Textedition
[A]N͜NOa) / [· 1]6 · 36 · / DEN 4 / NOVEMBPERb) / STA͜RB DER · ERBER ·
MICH=/ELc) · ZOBEL · AV[F] DER · / WIS GOTd) · / SEI · DER · / SELE ·
GN=/EDIGc) · A(ME)N
Anmerkungen
Kommentar
Das Grabkreuz erinnert an Michael Zobel, der offenbar in Schattwald „auf der Wies“ nahe der heutigen Kirche ansässig war. Möglicherweise war er mit dem späteren Richter und Gerichtsschreiber von Pfunds, Wilhelm Zobel (vgl. Kat.-Nr. 273), verwandt. Die spätmittelalterliche Schattwalder Kapelle, die erst im 17. Jahrhundert erweitert und 1699 zur Kaplaneikirche erhoben wurde – Bestattungen der nahe wohnenden Pfarrangehörigen scheinen angesichts des vorliegenden und eines zweiten Grabkreuzes (Kat.-Nr. 336) jedoch schon zuvor an der Kapelle durchgeführt worden zu sein – hieß nach dem nahe gelegenen Dörfchen ebenfalls Kapelle „auf der Wies“1).
Bei der Pfarrkirche Schattwald hat sich ein ganz ähnliches Grabkreuz erhalten, das aus demselben Jahr datiert und laut seiner mit identischen Schriftformen ausgeführten Inschrift für Anna Linhart errichtet wurde (vgl. Kat.-Nr. 336). Zwar ist eine direkte Beziehung zwischen den beiden Verstorbenen nicht bekannt, doch handelt es sich bei den Zobel und Linhart um zwei Familien, die im 17. Jahrhundert in Tannheim einige Bedeutung besaßen; in einem Gerichtsprotokoll vom 9./10. Oktober 1696 werden in einer längeren Liste u. a. mehrere Mitglieder der beiden Familien genannt2). Vielleicht bestanden zwischen beiden Familien zu Anfang des Jahrhunderts verwandtschaftliche Verbindungen, die sich auch in der Anfertigung der beiden Grabdenkmäler in derselben Werkstatt ausdrückten. Einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen könnte man in der 1635 in dieser Gegend grassierenden Pest vermuten3).
Beide Denkmäler zeigen durchwegs schlank proportionierte, eher dünnstrichige Buchstaben. Einer gewissen Neigung zu fast spitzovalen Formen folgen O und besonders C sowie G mit rechtwinkelig gebrochener Cauda. A besitzt wenigstens einmal (Kat.-Nr. 336, erster Buchstabe) einen gebrochenen Balken, die beiden Bögen von B sind gleich groß, E hat gleich lange obere und untere sowie stark verkürzten Mittelbalken, M erscheint in moderat konischer Form mit hoch angesetztem Mittelteil, R weist im Interesse einer geringen Breitenausdehnung eine geschwungene und einwärts gerichtete Cauda auf.
Literatur
Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser
Die Deutschen Inschriften
Herausgegeben von den Akademien der Wissenschaften in
Düsseldorf · Göttingen · Heidelberg · Leipzig · Mainz · München
und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte
Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Austrian Academy of Sciences Press
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