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Die Inschriften des Bundeslandes Kärnten

Politischer Bezirk St. Veit an der Glan

6. Die Inschriftenträger

Im Bezirk St. Veit an der Glan konnten 766 Inschriftenträger erfasst werden: Davon sind 630 (82,2%) Inschriften vor Ort original erhalten, nur mehr kopial überliefert sind 136 (17,8%) Belege. Der Hauptbestand liegt im 16. Jahrhundert mit 392 Inschriften (51,2%), gefolgt von der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit 163 Denkmälern (21,3%), 137 (17,9%) fallen in das 15. Jahrhundert und 74 (9,6%) in das 12. bis 14. Jahrhundert. Von den Inschriftenträgern sind wie auch in anderen Aufnahmegebieten die Grabdenkmäler mit 174 Belegen (22,7%) am häufigsten vertreten, gefolgt von den Glockeninschriften mit 101 (13,3%) – hier gibt es mit 63 Glocken mehr kopiale Nachweise als original vorhandene Glocken (38%) –, den Bauinschriften mit 84 Katalognummern (11%), den Wandmalereien mit 72 (9,4%) und schließlich den einfachen Bauzahlen mit 26 Angaben.

6.1. Grabinschriften

Die Gruppe der Grabdenkmale ist für die inschriftenpaläographische Forschung die ergiebigste Inschriftengruppe und mit 170 Belegen (rund 23%), davon elf kopiale Überlieferungen, recht stark vertreten. Betreffend die Benennung der Grabdenkmaltypen wurde 1991332 in einem Manuale die Terminologie wesentlich vereinfacht und geändert. Heute ist auch diese Terminologie wiederum noch komprimierter abgefasst und definiert. Wurden 1991 bei den Sepulkraldenkmälern noch als Untergruppen „Epitaph333, Grabdenkmal, Grabbrett, Grabinschrift, Grabkreuz, Grabplatte, Grabstein, Grabstele, Grabtafel, Sargtafel, Sarkophag, Totenschild, Tumba“ geführt, so wurden im jüngsten österreichischen Inschriftenband von Renate Kohn334 die Grabinschriften auf „Epitaph, Grabdenkmal, Figurales Grabdenkmal, Grabplatte, Grabplattenfragment, Figurale Grabplatte, Wappengrabplatte, Priestergrabplatte, Scheibenkreuzgrabplatte und Memorialdenkmal“ eingeschränkt. Der früher oftmals übergreifend eingesetzte Terminus „Grabstein“ 335 wurde auf den aufrecht am Grabhügel stehenden Stein beschränkt.

Die Wahl des jeweiligen Grabmaltypus hängt natürlich von der sozialen Stellung des Auftrag­gebers336, von Lage und Bedeutung der Begräbniskirche, ihrer räumlichen Nähe zu einem städtischen Zentrum mit einem Angebot an Steinmetzwerkstätten337 und natürlichen von der Zeitstellung ab.

Die Grabplatte, der im Weiteren die Figurale Grabplatte, die Wappengrabplatte, die Priester­grabplatte, die Kindergrabplatte, zugeordnet sind, kennzeichnet das ursprünglich im Kirchenboden, im Kreuzgang oder im engeren Kirchenbereich eingelassene Grabdenkmal, auch wenn es gegebenenfalls später gehoben und senkrecht an der Wand, an Säulen und Pfeilern aufgestellt wurde. Es bedeckt den Grabschacht. Daraus ergibt sich eine gewisse Normierung der Ausmaße wie auch eine rechteckige Form. Die Situierung als Bodenplatte hat oft dazu beigetragen, dass im Laufe der Jahrhunderte eine mögliche reliefartig gebildete Plastik wie auch die Inschrift mehr oder weniger stark abgetreten wurden und letztere in manchen Fällen heute nicht mehr lesbar ist.

Im einfachsten Fall ist eine Grabplatte weitgehend ungeschmückt. Das älteste Denkmal dieser Art ist die Grabplatte des Gurker Bischofs Dietrich II. von Marburg (1253–1278), heute noch als Bodenplatte beim nordseitigen Abgang in die Krypta vorhanden338. Diese Grabplatte ist sehr stark abgetreten, im rektangulären Bildfeld sind noch Reste einer Relief bildung, wohl eines Kreuzes, zu erkennen (Kat.-Nr. 16). In diese Kategorie gehören auch die Grabplatte der Gurker Bischöfe Heinrich III. von Helfenberg (1298–1326, Kat.-Nr. 38) und Gerold von Friesach (1326–1333, Kat.-Nr. 41), aber auch die des Gurker Dompropstes Berthold von Kraig (1329–1343, Kat.-Nr. 46). Interessant sind die beiden Grabplatten (!) der Elisabeth Gräfin zu Nagarol-Hardegg im Inneren der Kirche zu Kraig (Kat.-Nrr. 486, 487). Der einen schmucklosen Grabplatte steht eine zweite gegenüber, die als gutes Beispiel einer adeligen Wappengrabplatte zu bezeichnen ist. Von den 32 original erhaltenen Grabplatten sind 19 geistlichen Würdenträgern zuzuordnen, eine dem Adel und zwölf Bürgern und Handwerkern. Während die Grabplatten Geistlicher ausschließlich in lateinischer Sprache beschriftet sind, wird im profanen Bereich bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts ebenfalls Latein als Sprache verwendet, dann aber durchwegs nur mehr die deutsche Sprache. Die lateinischen Grabinschriften halten sich bis in die Mitte der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts an die traditionelle Textformel mit Angabe des Sterbedatums, des Namens des oder der Verstobenen, der Aufzählung der Titel und Ämter, der Grabbezeugung und schließlich der Fürbittenformel. Bei den zwölf erhaltenen Grabplattenfragmenten, vier davon kopial überliefert, ist die Zuordnung fast ganz gleich wie bei den Grabplatten, sowohl was die Berufe oder Stellung des Verstorbenen als auch die Verwendung der Sprache betrifft.

332 Koch, Bearbeitungs- und Editionsgrundsätze 10.
333 Vgl. Fidel Rädle, Epitaphium. Zur Geschichte des Begriffs (Diskussionsbeitrag), in: Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik, Graz, 10.–14. Mai 1988. Referate und Roundtable- Gespräche, hg. von Walter Koch. (Denkschr. Öst. Ak. Phil.-hist. Kl. 213 = Veröffentlichungen d. Komm. f. d. Herausgabe d. Inschriften d. Dt. Mittelalters 2) Wien 1990, 305–310.
334 DI 48 (Stadt Wiener Neustadt).
335 Anneliese Seeliger–Zeiss, Grabstein oder Grabplatte? Anfragen zur Terminologie des mittelalterlichen Grabmals, in: Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik, Graz, 10.-14. Mai 1988. Referate und Round-table-Gespräche, hg. von Walter Koch. (Denkschr. Öst. Ak. Phil.-hist. Kl. 213 = Veröffentlichungen d. Komm. f. d. Herausgabe d. Inschriften d. Dt. Mittelalters 2) Wien 1990, 283–291 (hierzu Beiträge von Gerhard Schmidt, 293–304, und Eberhard J. Nikitsch, 311–312).
336 Helfried Valentinitsch, Grabinschriften und Grabdenkmäler als Ausdruck sozialen Aufstiegs im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik, Graz, 10.-14. Mai 1988. Referate und Round-table-Gespräche, hg. von Walter Koch. (Denkschr. Öst. Ak. Phil.-hist. Kl. 213 = Veröffentlichungen d. Komm. f. d. Herausgabe d. Inschriften d. Dt. Mittelalters 2) Wien 1990, 15–26.
337 Vgl. Kieslinger A., Gesteine. – Ders., Geist 15–20. – Franz Pagitz, Zur Geschichte der Kärntner Steinmetzen in der Spätgotik. (AGT 58) Klagenfurt 1963.
338 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 97f. – Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 138f., Abb. 17.

339 Zeichenerklärung: RM = romanische Majuskel, wRM = wohl romanische Majuskel, GM = gotische Majuskel, wGM = wohl gotische Majuskel, gm = gotische Minuskel, wgm = wohl gotische Minuskel, gmVGM = gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskelform, gmMV = gotische Minuskel mit Majuskelversalien, gmFV = gotische Minuskel mit Fraktur-Versalien, gmV = gotische Minuskel mit Versalien, gmV/K = gotische Minuskel mit Versalien/Kapitalis, FhK = frühhumanistische Kapitalis, K = Kapitalis, wK = wohl Kapitalis, F = Fraktur, FV =Frakturversalien.

Künstlerisch bemerkenswerter ist die Gruppe der Figuralen Grabplatten, die im Gurker Dom mit einem unbeschrifteten Grabdenkmal beginnt: Es handelt sich dabei um die Grabplatte des erwählten Gurker Bischofs Otto I., links neben dem südlichen Eingang in die Krypta im Boden eingelassen340. Der Stein zeigt in Relief die Figur des verstorbenen Bischofs mit einer zeittypischen Casula, mit Stab und Kelch, darüber die Mitra. Diese seitlich beigestellte Mitra besagt, dass er als Bischof zwar erwählt (1214), nicht aber geweiht wurde. Eine Gedenkinschrift zum Verstorbenen (vgl. Kat.-Nr. 13) findet sich am Pfeiler beim südseitigen Kryptaeingang. Die erste beschriftete und original erhaltene Figurale Grabplatte stammt aus dem Jahre 1493 und ist in der Pfarrkirche und Propsteikirche in Kraig innen an der Nordwand aufgestellt (Kat.-Nr. 177): Es handelt sich dabei um die Grablege des Kraiger Propstes Friedrich Neumeister, dargestellt im vollen Ornat, den Kopf auf einem Totenkissen ruhend, in der rechten Hand einen Kelch, in der linken die Patene haltend, über den Arm ist eine Inful gelegt341. Es folgt die Figurale Grabplatte des Dekans des Kollegiatstiftes St. Bartholomäus in Friesach Andreas Khettner (Kat.-Nr. 212). Er ist bei Renate Jernej342 für den Zeitraum von 1484 bis 1499 nachgewiesen, nach dem Zeugnis seiner Grabinschrift wirkte er in dieser Funktion wohl bis zu seinem Tode im Jahre 1501. Der Stein weist noch Reste einer Polychromierung auf und steht, wie andere Grabdenkmäler in Friesach, eng mit den salzburgischen Werkstätten dieser Zeit in Verbindung343. Auch die beiden zeitlich folgenden Grabplatten stammen von Geistlichen (Kat.-Nrr. 223, 226). Letztere gehört dem Seckauer Bischof Christoph II. von Zach (1502 bis 1508)344, der auf der Heimreise von seiner zweiten Romfahrt in Kärnten verstorben ist und auf eigenen Wunsch in der nächstgelegenen Bischofskirche begraben werden sollte345. Diesem Wunsch hat der Gurker Dompropst Wilhelm Welzer von Eberstein entsprochen und den Verstorbenen in Gurk beisetzen lassen. In Reliefliegt in einer spätgotischen Nischenarchitektur mit reicher Kleeblattornamentik die frontale Ganzfigur des Bischofs im vollen Ornat mit Mitra und Pedum mit Pannisellus, das Haupt auf einem Totenkissen346. Karl Ginhart hat diese Grabplatte dem Kreis um „Hans Beierlein und Hans Valkenauer“ zugeordnet347, wobei Beierlein sichtlich vor 1508, dem Todesjahr Bischof Zachs, bereits tot war348. Wolfgang Czerny geht bei diesem Grabdenkmal auch von Valkenauer ab und stellt es in die Nähe des „Meisters von Braunau“349.

340 Karl Lind, Sammlung von Abbildungen mittelalterlicher Grabdenkmale aus den Ländern der österreichisch- ungarischen Monarchie. X. Abtheilung des Kunsthistorischen Atlas, hg. von der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der kunst- und historischen Denkmale, Wien 1892–1894, T. VI, 1. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 1.
341 341 KLA, GV Hs. 8/57, fol. 1. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1960, 234: siehe ADG, Pfarrarchiv Kraig. – Leitner F., Propstei in Kraig 227, Abb. 1.
342 342 Jernej, Kollegiatstift 2001, 31f., 140, 145.
343 Neckheim, Grabmalsplastik 1940, 65f.
344 Roth, Seckau 521.
345 Schroll, Necrologium Gurk 40 (Anm. 1).
346 Vgl. auch Czerny, Hans Valkenauer 160f.
347 Ginhart/Grimschitz, Gurk 119.
348 Karl Friedrich Leonhardt, Spätgotische Grabdenkmäler des Salzachgebietes. Ein Beitrag zur Geschichte der Altbayrischen Plastik, Leipzig 1913, 103.
349 Czerny, Hans Valkenauer 162.

Der erste Adelige, den eine Figurale Grabplatte zeigt, ist der salzburgische Vizedom zu Friesach, Balthasar I. von Thannhausen (Kat.-Nr. 257)350, gestorben 1516. Im vertieften Feld steht die überlebens­große frontale Ganzfigur des Ritters, der mit der rechten Hand eine Fahnenstange hält, die Linke ist am Schwert. Es handelt sich hierbei um das „künstlerisch hervorragendste Rittergrabmal der Kärntner Spätgotik“351, nicht als Tumbendeckel konzipiert, wie man auf den ersten Blick vermuten würde, sondern durch die fehlende Schräge der Schriftleiste wohl als aufrecht an die Wand gestelltes Grabdenkmal gearbeitet. Balthasar I. von Thannhausen trägt den für diese Zeit typischen Maximilians­harnisch, bei dem der Steinmetzmeister alle Details bis ins Kleinste sorgfältig nachgebildet hat. Die feine Arbeit, das Material und die Stellung des verstorbenen Ritters von Thannhausen lassen auf einen bedeutenden Meister im Umfeld des Salzburger Erzbistums schließen und es wird daher vorrangig Hans Valkenauer als Künstler angesprochen, in jüngerer Zeit wurde die Eigenhändigkeit allerdings eher angezweifelt352. Auch der Passauer Meister Jörg Gartner wurde als Künstler genannt353, dies scheint aber ebenfalls nicht zutreffend zu sein. Sehr wahrscheinlich ist eine Salzburger Werkstätte im Umfeld des Hans Valkenauer mit der Ausführung dieser zu den schönsten spätgotischen figuralen Grabplatten Kärntens gehörenden Grabmalplastik beauftragt worden354. Auf die enge künstlerische Verwandtschaft dieser Ritterplastik in Friesach mit der ehemaligen Tumbengrabplatte des Balthasar von Weißpriach in der Stadtpfarrkirche St. Jakob in Villach aus dem Jahre 1484355 und der einzigen in Kärnten erhaltenen (spät)mittelalterlichen Tumba, dem Tumbendeckel des Christoph Ungnad in der ehemaligen Propsteikirche in Eberndorf356, wurde schon mehrfach in der kunsthistorischen Literatur hingewiesen. Auch in Straßburg hat sich von Matthias Plank, der Kanoniker und Senior des Kollegiatkapitels St. Nikolaus und Pfarrer zu Straßburg war, eine Figurale Grabplatte erhalten (Kat.-Nr. 266). Ebenfalls einer Salzburger Werkstätte ist die prächtige, rotmarmorne Grabplatte des Kolomann Brunmeister in der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach zuzuweisen (Kat.-Nr. 300), bei der im vertieften Feld der Geistliche in frontaler Ganzfigur dargestellt ist, das Haupt auf einem Totenkissen ruhend. Die Hände sind zum Gebet gefaltet, in der linken Armbeuge liegt eine Bibel. Diese Grabplatte gehört zu den „besten und vorzüglichsten Arbeiten dieser Zeit in Kärnten“357. Anstelle des sonst üblichen Ornates trägt er das einfache Rochett, welches mit einem aufwendigen Faltenwerk versehen ist. Dr. Kolomann Brunmeister war Propst der Kollegiatkirche Virgilienberg zu Friesach358 und von 1494 (oder 1499) bis 1524 (?) Archidiakon von Unterkärnten359. Ein weiterer Geistlicher mit figuraler Darstellung ist der Propst zu Brückl, Martin Leittner (Leutner) (Kat.-Nr. 340). Dieser gilt als Bauherr der spätgotischen Kirchenanlage, die in der Zeit von etwa 1516 bis 1534360 errichtet wurde. Der Propst, in flacher Reliefdarstellung gearbeitet, ruht auf einem Totenkissen und ist mit der Kukulle bekleidet. Er trägt um den Hals die Propstkette, am Kopf ein Barett. Die Bordüre der Kukulle ist auf der Brust mit Buchstabenresten ausgestattet, was wohl nur als reine ornamentale Beifügung zu sehen sein dürfte. Die Grabplatte befand sich früher im Kirchenboden eingelassen, wurde vor 1888 gehoben und ist an manchen Stellen stärker abgetreten. Auch die Figurale Grabplatte des Sebastian Perkhamer – er war Kanoniker der Kollegiat­kirche St. Bartholomäus genannt361 – gehört in diese Gruppe an Grabdenkmälern (Kat.-Nr. 366).

350 Friedrich W. Leitner, Gabrielus Bucelinus und die Genealogie der Freiherren bzw. Grafen von Thannhausen, in: Car. I 189 (1999) 663–702, bes. 675f.
351 Lind, KA X, T. LXXXIII, 3. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 80.
352 Czerny, Hans Valkenauer 178.
353 Lang R., Dominikanerkirche 15.
354 Vgl. auch Herrmann H., Friesach in Kärnthen XXVII, Blatt VIII A. – Czerny, Hans Valkenauer 175f.
355 Hornung, Inschriften 17, Nr. 11. – Milesi, Grabplastik 21, Abb. 24f. – Czerny, Hans Valkenauer 164f.
356 Roland Schäffer, Das Todesdatum des Christoph Ungnad. Inschrift und Relief der Tumba in Eberndorf, in: Car. I 168 (1978) 127f. – Hier auch weiterführende Lit.
357 Neckheim, Die Grabmalplastik 1940, 64f.
358 Sacherer, St. Virgil 57.
359 Hohenauer, Friesach 113. – Tropper P., Missionsgebiet 353.
360 Friedrich Achatschitsch, Die Kirchen des Marktes Brückl, Brückl 1978, 9f
361 Jernej, Kollegiatstift 2001, 78, 100, 146.

Eine Figurale Grabplatte zeigt den Gurker Dompropst Christoph Galler (Kat.-Nr. 383) in einer renaissancezeitlichen Nischenarchitektur, wobei der Geistliche nur in Halbfigur gezeigt wird, im geistlichen Ornat mit Mitra, in der rechten Hand das Pedum haltend, in der linken ein Buch. Christoph Galler war von 1525 bis 1549 Gurker Dompropst: Er wurde am 31. Jänner 1525 erwählt, am 6. April 1525 in seinem Amt konfirmiert362 und ist am 5. Juli 1549 gestorben363. Alle Gallerschen Denkmäler im Gurker Dom zeigen dieselbe Ahnenprobe: Galler, Zobelsperger, Welzer und Hallegg; dabei werden die beiden Letzteren nicht die direkte großmütterliche Linie angeben, sondern es ist von „Ahnfrauen“ die Rede. Zu den Stiftungen Gallers gehört auch das einzige Grabdenkmal im Inneren des Doms zu Gurk, das einer Frau zugewiesen worden ist: Es handelt sich dabei um die Figurale Grabplatte seiner Schwester Barbara Galler (Kat.-Nr. 428). Auch hier ist der gleiche Meister am Werk gewesen, die Verstorbene erscheint als Halbfigur in einer renaissancezeitlichen Nischenarchitektur.

Dem Gurker Dompropst Christian Spiritus (1559–1570) wurde ebenfalls eine Figurale Grabplatte als Denkmal für seine Grablege gestiftet (Kat.-Nr. 466). In einer renaissancezeitlichen Nischenarchitektur mit seitlichen Pilastern und einem muschelförmig gefächerten Rundbogen steht die frontale Halbfigur des Propstes im prächtigen Ornat, mit Mitra und Pedum, in der linken Hand ein Buch. In seine Amtszeit fällt die Bestrebung, durch Reformen den Einfluss der lutherischen Lehre im Domstift und im Kloster von Gurk zurückzudrängen364.

Die späteste im Bezirk St. Veit an der Glan erhaltene Figurale Grabplatte ist dem Propst der Kollegiatkirche St. Bartholomäus Johann Jakob von Basseyo zu Praunsperg gewidmet (Kat.-Nr. 574). Die Grabplatte stand ursprünglich an der Südseite des Priesterchores und galt lange als nicht mehr vollständig erhalten. Erst jüngst konnte sie wieder zusammengesetzt und neu aufgestellt werden. Im oberen Teil ist an beiden Seiten das Wappen der Basseyo zu Praunsperg mit drei Helmen und Helmzier angebracht, begleitet in der Mitte von einer Sanduhr und einem Totenkopf. Unter der Hauptbeschriftung steht der Verstorbenen in frontaler Ganzfigur in einer rundbogigen Nischenarchitektur, bekleidet mit dem geistlichen Chorkleid, am Haupt trägt er ein Barett.

Von den 13 Figuralen Grabplatten haben sich alle im Original erhalten. Davon sind elf dem geistlichen Stand zugeordnet und nur zwei wurden von Adeligen (Hauptmann und Vizedom, Adelige und zugleich Schwester eines Gurker Dompropstes) beauftragt. Auch hinsichtlich der sprachlichen Zuordnung sind alle geistlichen Grabdenkmäler in lateinischer Sprache abgefasst, die beiden adeligen Grabplatten in deutscher Sprache. Zur Gruppe der Figuralen Grabplatten gehört auch eine, die in Ritztechnik ausgeführt ist und damit besondere Beachtung findet. Es handelt sich dabei um eine 1363 gefertigte Figurale Grabplatte in Ritztechnik des Bischofs Peter I. Chrell von Lavant (Kat.-Nr. 58).

Als besonderes Kunstwerk der Sepulkralplastik beherbergt die ehemalige Hauptkirche der Gurker Bischöfe, zugleich auch Kollegiatkirche, die heutige Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Straßburg eine Figurale Doppelgrabplatte für zwei Gurker Bischöfe (Kat.-Nr. 156): Das aus rotgesprenkeltem Adneter Marmor gefertigte Grabdenkmal der Gurker Bischöfe Johann Schallermann und Ulrich Sonn(en)berger befindet sich an der Nordwand des Presbyteriums (Evangelienseite). Es zeigt die lebensgroße Darstellung der beiden Bischöfe in Flachrelief nebeneinander, gleichsam hineingestellt in eine gotische Kielbogenarchitektur, einen zweiteiligen Kielbogenbaldachin mit Maßwerkfüllung. Die Bischöfe in vollem Pontifikalornat tragen die Mitra, die Häupter ruhen auf je einem Kissen; während Bischof Schallermann in der rechten Hand ein Buch und in der linken das Pedum hält, umfasst Bischof Sonn(en)berger das Pedum mit der rechten Hand, die linke ist verdeckt. Die reiche Ausschmückung von Ornat und Mitra zeigt sich auch bei der ornamenthaften Gestaltung der Mantelkrägen: Hier sind gotische Minuskelbuchstaben als Zierelemente eingesetzt. Die Gurker Bischöfe Johann V. Schallermann (1433–1453)365 und Ulrich III. Sonnenberger (1453–1469)366 haben zur Erinnerung an ihre Grablege in der Krypta im Presbyterium der ehemaligen Kollegiatkirche St. Nikolaus die einzige Doppelgrabplatte in Kärnten erhalten367. Gestiftet wurde diese schöne gotische Grabplastik möglicherweise noch zu Lebzeiten von Bischof Sonnenberger, die umlaufende Grabinschrift nennt die Jahreszahl 1470, die Beschriftung kann anläßlich der Fertigstellung des Grabdenkmals beigefügt worden sein und zeichnet sich durch die schöne erhabene Schrift mit einer ausgewogenen Raumeinteilung aus. Die Grabplatte selbst könnte schon vorher vorgefertigt worden sein, hier wird eine Datierung um 1465 angeboten. Die gemeinsame Grablege fand ihren künstlerischen Ausdruck in der Doppelgrabplatte, die zu den besten Zeugnissen spätgotischer Sepulkralplastik in Kärnten zählt368. Über die künstlerische Zuordnung hat zuletzt Wolfgang Czerny369 gearbeitet. Die beiden sind in einer reich gegliederten Kielbogenschein­architektur nebeneinander und zueinander gestellt. Das kostbare Pontifikalornat zeigt realienkundliche Perspektiven von Paramenten der Zeit um die Mitte des 15. Jahrhunderts, ebenso die reich mit Edelsteinen geschmückte Mitra. Bischof Schallermann hält ein Evangelienbuch und ein ebenfalls an der Curva reich geschmücktes Pedum, Bischof Sonnenberger hält beide in seiner rechten Hand. Obgleich die Reliefhaftigkeit eher flach gehalten ist, kommt dennoch das Plastische der Darstellung ausgezeichnet zum Ausdruck. Diese Grabplatte wurde ursprünglich dem Bildhauermeister Hans Eybenstock zugeschrieben, dessen Werkstätte in Salzburg in der jüngeren Literatur allerdings kritisch hinterfragt wurde370. Mit Recht wird diese Grabplatte der beiden Gurker Bischöfe mit dem Epitaph des Seckauer Bischofs Georg II. Überacker († 1477) verglichen und es ist angebracht, auch das Straßburger Grabdenkmal dem „Meister der Seckauer Bischofsplatte“ zuzuordnen371.

362 Beda Schroll, Die Reihe der Dompröpste von Gurk, in: Car. 79 (1889) 1–16, 33–40, bes. 33.
363 Schroll, Necrologium Gurk 21.
364 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 323.
365 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 211f.
366 Ebenda 233f.
367 Vgl. dazu auch die Doppelgrabplatte der Brüder Heinrich und Wilhelm von Paulsdorf in der Minoritenkirche zu Regensburg in DI 40 (Regensburg I: Minoritenkirche) XXII, Kat.-Nr. 121.
368 Vgl. dazu Neckheim, Grabmalplastik 1940, 28f. – Ders., Grabmalplastik 1941, 32f. – Walter Frodl, Kärntner Kunststätten, 5. Auflage Klagenfurt 1965, 71. – Dehio 2001, 972.
369 Czerny, Hans Valkenauer 42f.
370 Ebenda 40f. – Peter Krenn / Helfried Valentinitsch, Grabmalplastik, in: Gotik in der Steiermark. Katalog der Landesausstellung veranstaltet vom Kulturreferat d. Steiermärk. Landesregierung. Stift St. Lambrecht, 28. Mai bis 8. Okt. 1978, 2. verb. Auflage Graz 1978, 301, Nr. 264 u. Abb. 99.
371 Czerny, Hans Valkenauer 36f.: hier auch weiterführende Literatur.

Wenn man die Figurale Grabplatte des Balthasar I. von Thannhausen in Friesach (Kat.-Nr. 257) nicht einem Tumbengrabdenkmal zuordnen kann, weil die entsprechenden archivalischen Nachrichten fehlen und auch die fehlende Schräge der Schriftleiste dagegen spricht, verbleibt im Bezirk St. Veit an der Glan nur mehr ein Tumbendeckel, nämlich derjenige des Konrad II. von Kraig, gestiftet für die Klosterkirche in St. Veit, heute getrennt und an verschiedenen Orten gelagert bzw. aufgestellt (Kat.-Nr. 71). Bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts diente die Tumba als Altarmensa in der nördlichen Kapelle der Klosterkirche. Der Tumbendeckel ist heute beim Eingang in die Kirche an die begrenzende Nordmauer gestellt, von den Seitenreliefs ist heute nur ein Teilstück sichtbar, ein zweites soll sich im Altarbereich der Klosterkirche, mit dem Relief nach unten, im Boden befinden. Der Tumbendeckel trägt über die ganze Fläche das erhabene Wappen der Kraiger: unten der schräggestellte Schild, darin schrägrechts geteilt; darüber ein Kübelhelm mit einem geschlossenen, gespaltenen Flug als Helmzier, der Helm ist belegt mit einem Stoffwerk als frühes Beispiel der Helmdecke; vorne hängt vom Helm ein kreisrundes Medaillon in Form eines Siegels herab, darin findet sich ein rechtsblickender Vogel (?), an dessen begrenzendem Ring noch Reste einer Inschrift zu erkennen sind. Ein Seitenrelief ist heute im Pfarrhof gelagert: Vor der thronenden Muttergottes kniet der verstorbene Ritter, von seinem Patron empfohlen. Ein Knappe hält den schräglinksgeteilten Schild und den Helm, dessen obere Zier abgeschlagen wurde, um die Reliquien in die Altarmensa einzufügen. Die kniende Frau des Ritters folgt in der Personengruppe, vor sich den Schild mit einem Schräglinksbalken, davor liegt am Boden ein Kübelhelm mit einem Schwanenhals als Zier. Hinter der Frau vervollständigen die Gestalten des hl. Paulus und hl. Petrus das Relief. Es wäre aus kunsthistorischen und denkmalpf legerischen Überlegungen angebracht, die erhaltenen Reste des Tumbengrabmals des Konrad II. von Kraig, der auch Kärntner Landeshauptmann war372, wieder zusammenzufügen. Die Kirche St. Johann Baptist in Kraig war vermutlich eine Eigenkirche der Kraiger, jedenfalls übten sie das Patronatsrecht – auch über das Kollegiatstift – bis zu ihrem Aussterben 1564 aus. Konrad II. bzw. wohl eher noch sein Vater haben um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Kollegiatkapitel Kraig mit vier Chorherren und einem Propst gegründet373, als Ort seiner Grablege hat er aber die Klarissinnenkirche in St. Veit an der Glan gewählt, für die er 1383 gemeinsam mit seinen Brüdern Gotthard I. und Wilhelm II. eine Kaplanei gestiftet hat374.

In der Entwicklung der Grabplatten von der einfachen Platte bis zur kunstvollen Figurengrabplatte stellen im 13. und 14. Jahrhundert die Scheibenkreuzgrabplatten eine plastische Bereicherung dar, die sowohl durch die Kreuzdarstellung – gebildet aus den Kreuzschäften und umgeben von einer kreisrunden, scheibenförmigen Applikation, die an die Nimbusscheibe bei Heiligen erinnert – den geistlichen Bereich, wie durch die Beifügung von Wappenschilden auch den Adel angesprochen hat. Bestes Beispiel dafür ist in Kärnten die Grabplatte des Albrecht und Heidenreich von Hallegg in der ehemaligen Stiftskirche von Viktring375 aus der Mitte des 13. Jahrhunderts376: Auch hier sind die Kreuzschäfte nimbenhaft in einen Doppelkreis gestellt, der halbkreisförmige Hügel, auf dem der Kreuzschaft steht, ist stark ausgeprägt. In Friesach hat sich im westlichen Kreuzgangsbereich des Dominikanerklosters eine Scheibenkreuzgrabplatte aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts des Uolbrecht von Liebenberg (Liemberg) erhalten (Kat.-Nr. 22). Das Bildfeld wird von einer zentralen Kreuzdarstellung ausgefüllt, die Kreuzbalken sind oben wie im Nimbus mit einem vertieften Kreis umschlossen. Der Kreuzesschaft wächst im Sockelbereich aus einem einfachen kleinen Hügel, der innen besetzt ist mit einem heraldischen Lilienornament377. Die zweite Scheibenkreuzgrabplatte hat sich nur fragmentarisch erhalten und stammt von Wilhelm I. von Kraig (Kat.-Nr. 29). Ein Teil dieser Grabplatte ist innen an der Nordwand der Kirche aufgestellt: Es ist dies die obere, sehr stark abgetretene Hälfte des Steines, die im Bildfeld eine Kreuzdarstellung mit Nimbus zeigt. Zu dieser Grabplatte gehört vermutlich aber noch ein weiteres Bruchstück, welches heute noch als Bodenplatte in der Vorhalle der Kirche im Boden eingefügt ist. Es dürfte dies die rechte untere Hälfte der Grabplatte sein, die noch einen Teil des Kreuzstammes erkennen lässt, der in einen Rundbogen übergeht. Die linke untere Ecke des Steines hat sich offensichtlich nicht erhalten. Eine zweite Beschriftung ist in der Scheibe (im Nimbus) festgehalten, aber ebenfalls sehr stark abgetreten und nur unvollständig wiederzugeben. Für das Zusammenfügen der beiden Teile spricht nicht nur das gleiche Material, sondern auch die gleiche Form und Größe der Buchstaben, aber auch die Maße der beiden Fragmente378. Es ist festzuhalten, dass alle Scheibenkreuz­grabplatten in Kärnten nicht geistliche Personen betreffen, sondern nur Adelige in wichtiger Position. Es scheint, dass diese Form der Grabplastik – ein Kreuzschaft auf einem halbkreisförmigen Hügel und mit einer nimbenhaften Scheibe an den Schaftenden des Kreuzes – dem Adel vorbehalten war und beim Hallegger Stein in Viktring (s. oben) durch die Einbindung des Wappens in den Schaft noch verstärkt zum Ausdruck kommt. Im Bezirk St. Veit an der Glan sind auch sechs Priestergrabplatten zu vermerken, fünf davon haben sich original erhalten. Die Priestergrabplatte wird durch die Kreuzdarstellung ausgewiesen, oft auch mit Kelch, Bibel oder Messbuch, sowie Totenkopfabbildung und gekreuzten Knochen versehen. Das älteste original erhaltene Grabdenkmal dieser Art stammt aus dem Jahre 1462, befindet sich in einer Landkirche in St. Walburgen und ist für ein Grabdenkmal eines Geistlichen bemerkenswerterweise in deutscher Sprache beschriftet (Kat.-Nr. 144). Der Gurker Chorherr Georg Wucherer fand seine Grablege in der Landkirche St. Stephan am Krappfeld (Kappel a. Krappfeld), wo eine Priestergrabplatte aus dem Jahre 1476 an ihn erinnert (Kat.-Nr. 163). Auch hier wird die deutsche Sprache verwendet. Die Priestergrabplatte des Christan Tumerler in der Pfarrkirche St. Paul in Kappel am Krappfeld ist in den Anfang des 16. Jahrhunderts zu datieren; der lateinischen Inschrift ist die Textformel „all hernach“ in deutscher Sprache beigefügt (Kat.- Nr. 230). Eine weitere Priestergrabplatte, die alle Elemente dieses Grabmaltypus besonders deutlich zeigt, ist die des Kanonikers Blasius Gschucher in Kraig379 aus dem Jahre 1514 (Kat.-Nr. 251). Diese Grabplatte ist in Form eines Tumbendeckels gestaltet, mit seitlich abgeschrägten Leisten, auf denen sich eine umlaufende Inschrift befindet. Der stark abgetretene Stein zeigt im Bildfeld in Hochrelief eine raumfüllende Bibel, darauf ist ein Kelch gestellt; der Hintergrund entspricht spätgotischen Maßwerkornamenten; an der unteren Steinhälfte sind ein Totenkopf mit gekreuzten Knochen und eine Sanduhr beigefügt. Die Beschriftung in gotischer Minuskel ist in lateinischer Sprache abgefasst. Die Priestergrabplatte des Simon Strisiz in der Pfarrkirche zu St. Walburgen im Görtschitztal ist wohl als ein besonderes Denkmal der Reformationszeit zu werten (Kat.-Nr. 439). Nicht nur die zweimalige Verwendung des Wortes „Pastor“, sondern auch die Formulierung des Textes und die Zeitstellung mit 1562 lassen dies vermuten. Der hochrechteckige Stein zeigt im vertieften Bildfeld eine Reihe von Symbolen: Aus einem Totenkopf mit unterlegten, gekreuzten Knochen wächst gleichsam ein Kreuz empor, bei dem der Schaft oben und die Balkenenden mit kleinen Kugeln besetzt sind. Im Feld links des Schaftes weisen Kelch und Bibel (Buch) auf den Geistlichen hin, im rechten ist ein Wappenschild erhaben gebildet.

372 Hieronymus Megiser, Annales Carinthiae. Das ist Chronica Des Löblichen Ertzherzohthumbs Khärndten etc., I u. II. Theil, Leipzig 1612. (Nachdruck Klagenfurt 1981) 1000f., 1014. Er setzt seine Amtszeit mit 1339–1353 an. – Schroll, Dompröste 182. – Erwin Waschnig, Die Herren von Kraig, (ungedr.) phil. Diss. Wien 1968, 34f. – Webernig, Landeshauptmannschaft 69, 72, 18. – Leitner F., Herren von Kraig 239, 268, Abb. 1.
373 Vgl. dazu Mitterdorfer, Herren von Kraig, Anm.*. – Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 2/8/2 235. – Fräss-Ehrfeld Geschichte Kärntens Bd. 1 438. – Fössl, Propstei 27f.
374 KLA, AUR C 995 (1383 III 23).
375 Vgl. dazu Lind KA X 8–9, Taf. IV, Fig. 1. – Auch Walter Koch, Die Spätmittelalterlichen Grabinschriften, in: Skulptur und Grabmal des Spätmittelalters in Rom und Italien. Akten des Kongresses „Scultura e monumento sepolcrale del tardo medioevo a Roma e in Italia“, Rom, 4.-6. Juli 1985, hg. von Jörg Garms und Angiola Maria Romanini. (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom I/10) Wien 1990, 445–464, bes. 454, Abb. 3.
376 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 132, Abb. 10.
377 MC II Nr. 556 (Gurk, 1238 IV 22). – Alois Weisz, Kärnthens Adel bis zum Jahre 1300. Wien 1869, 92. – Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 110. – Jaksch, Geschichte Kärntens Bd. 2 346. – Hans Wagner – Herbert Klein, Salzburgs Domherren von 1300 bis 1514, in: MGSLK 92 (1952) 1.81, bes. 35f. – Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde Bd. 2 155.
378 Hans Lessiak, Die Entstehung der Ministerialität in Kärnten, in: Car. I 142 (1952) 226–248 u. 145 (1955) 275–303, bes. 283. – Leitner F., Herren von Kraig 220.
379 Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1960, 235.

Bemerkenswert sind in dieser Gruppe der „Grabplatten“ auch vier original erhaltene Kindergrabmale380, die alle in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts fallen. Sie sind schon von der Größe her als Sepulkralgrabmal für Kinder ausgewiesen, dazu kommt die ins Bildfeld gestellte Darstellung: Im vertieften Bildfeld ist das verstorbene Kind (Wickelkind) dargestellt, bekleidet mit einem Totenhemd oder auch einem Kleid in zeitgenössischer Tracht mit Halskrause, die gefalteten Hände umfassen einen Rosenkranz, der Kopf ruht auf einem Totenkissen. Das erste Beispiel betrifft Nikolaus Platzer, den Sohn des St. Veiter Bürgers und Eisengewerken in der Heft Hans Platzer und seiner ersten Ehefrau Kunigunde Pfanner, die ebenfalls aus einer Hüttenberger Gewerkenfamilie381 stammte. Die Grabplatte stellt eine besonders kunstvolle Arbeit des landschaftlichen Bildhauers Martin Pacobello382 dar (1613, Kat.-Nr. 637). Auch ein zweiter Sohn des Hans Platzer, diesmal aus der zweiten Ehe mit Sabina Eder383, nämlich der erst eineinhalbjährige Philipp Jakob Platzer erhielt in St. Veit seine Grablege und ein Grabdenkmal, wiederum gefertigt von Martin Pacobello384 (1621, Kat.-Nr. 661). Die Darstellung ist ganz ähnlich der seines acht Jahre zuvor verstorbenen Bruders Nikolaus Platzer. Eine dritte Kindergrabplatte ist heute im Pfarrhof zu St. Veit an der Glan aufbewahrt und könnte ebenfalls eine Arbeit aus der Werkstätte von Martin Pacobello sein. Ein sonst übliches Meisterzeichen fehlt allerdings. Diese Grabplatte betrifft Christian Schierer, der als Säugling verstorben und daher als Wickelkind dargestellt wurde (1623, Kat.-Nr. 663). Sein Vater Christoph Schierer war Münzwardein385 und wirkte zuerst in Klagenfurt, dann mit der Verlegung der Münze in St. Veit. Eine weitere, spätere Kindergrabplatte aus dem Jahre 1649 hat sich in der Pfarrkirche zu Lieding erhalten (Kat.-Nr. 756). Bei der Verstorbenen handelt es sich um die Tochter des Dr. Alexander Präntl386, um 1649/52 Hauptmann und Amtsverwalter auf dem bischöflichen Residenzschloss Straßburg, nämlich Katharina Susanna Präntl. Sie ist als Kleinkind dargestellt, auf einem Totenkissen gebettet und bekleidet mit dem typischen Wickelkleid der Zeit.

380 Helfried Valentinitsch, Frühneuzeitliche Familien- und Kindergrabmäler in der Steiermark, in: Blätter für Heimatkunde 66/H. 3/4 (Graz 1992) 123–138.
381 Pantz, Denksteine 108f.
382 Neckheim, Martin Pacobello 598f.
383 Pantz, Denksteine 108f.
384 Neckheim, Martin Pacobello 598f.
385 Günther Probszt, Der Münzbetrieb in Innerösterreich von 1564 bis 1620, in: NZ NF 15 (1922) 15–88, bes. 88. – Ders., Studien zum Kärntner Münz- und Geldwesen der neueren Zeit, in: Car. I. 142 (1952) 317–333, 145 (1955) 601–610, 148 (1958) 446–448, 150 (1960) 333–358, bes. 150 (1960) 349.
386 Karl Burkart, Das Anwaltshaus in Gurk, seine Besitzer, die Domstiftanwälte und Domstiftsekretäre, in: Car. I 177 (1987) 361–402, bes. 381. – Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 384.

Die größte Untergruppe innerhalb der „Grabplatten“ stellen die Wappengrabplatten dar. Im Bezirk St. Veit haben sich von diesem Grabmaltyp von 77 überlieferten Wappengrabplatten 75 (10% des Gesamtbestandes) original erhalten, zwei sind nur noch kopial überliefert. Auch die soziale Zuordnung ist aussagekräftig: Dem Kärntner Adel und den adeligen Gewerken sind davon 47 Grabplatten zuzuordnen, neun dem städtischen Patriziat, höheren bürgerlichen Ämterträgern (Stadtrichter, Bürgermeister, Ratsbürger, u.a.), weiters Bürgern und Handwerkern. Dem geistlichen Stand fällt hier ein Anteil von 16 Grabdenkmälern zu, prozentuell etwa 20%. Berücksichtigt man dabei die hohe Mobilität bei den Adeligen, die sowohl in landesfürstlichen Diensten, in kommunalen Bereichen und sehr stark auch im Bergbau und im Handel vertreten waren, darüber hinaus aber auch hohe und höchste kirchliche Ämter (Bischof, Dompropst, Propst) bekleidet haben, so erhöht sich naturgemäß der Anteil der Adeligen innerhalb dieser Gattung von Inschriftenträgern wesentlich. Ein gutes Beispiel zu Beginn des 16. Jahrhunderts sind etwa die Welzer von Eberstein: Wilhelm Welzer von Eberstein, von dem im Gurker Dom eine große Wappengrabplatte vorhanden ist (Kat.-Nr. 264), war von 1487 bis zu seinem Tode am 25. März 1518387 Gurker Dompropst. Er hat eine reiche Bautätigkeit entfaltet388. Sein jüngster Bruder Veit I. Welzer stand in landesfürstlichen Diensten und hat sich hier besonders verdient gemacht. Er war ab 1494/95 Landesverweser der Hauptmannschaft in Kärnten389 und behielt dieses Amt bis 1520. Am 10. November 1520 übertrug ihm Kaiser Karl V. die Funktion des Landeshauptmannes in Kärnten390, die er zumindest bis 1537391 ausgeübt hat. Seine Grablege fand in der ehemaligen Kollegiatkirche und jetzigen Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Straßburg statt, wo auch seine Wappengrabplatte bis 1964 aufgestellt war. Nun befindet sich dieses Grabdenkmal im Lapidarium auf Schloss Straßburg (1540, Kat.-Nr. 362).

Neben den genealogischen Aussagen sind vor allem auch heraldische Forschungen anhand dieser Wappengrabplastiken möglich und es sollte einmal für ganz Kärnten die Zusammenstellung dieser Wappen in ein „Wappenbuch“ einfließen. Neben dem heraldisch-genealogischen Aspekt lässt sich anhand der Wappengrabplatten auch sehr gut eine Entwicklung des Wappenwesens im Lande dokumentieren. Hier sind die Wappenstilformen, angefangen vom Schild, von der Helmzier über die Helmkrone oder dem Wulst bis hin zu den Helmdecken interessant, die Heroldsbilder, die Figuren und deren Stellung im Schild, die Helme und deren Formenwandlung, die Stellung mehrerer Helme auf einem Schild, die Allianz­wappen, die vermehrten Wappen und die Schildhalter bieten beste Ansätze für heraldische Studien und Vergleiche. Dazu kommt für genealogische Fragen die Festlegung der Anordnung von Wappen auf dem Grabdenkmal, die der Ahnenreihe entsprechen.

Die älteste original erhaltene, wenn auch stark verfälschte Wappengrabplatte stammt aus dem Jahre 1231: Es ist dies die Wappengrabplatte eines Christian „Urs et Rotenberg“ in der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach (Kat.-Nr. 10), die ursprünglich im Boden des Mittelschiffes in der Nähe des Orgelchores eingelassen war, heute aber an der Wand im nördlichen Seitenschiff aufgestellt ist. Die Grabplatte ist kopfverkehrt aufgestellt, einmal durch ihre Mitte und im unteren Drittel noch zweimal gebrochen, so dass wir es mit mehreren wieder zusammengefügten Plattenstücken zu tun haben. Während die Bruchlinie durch die Steinmitte nur die Schriftleiste in ihrer Lesbarkeit beeinträchtigt und das Gesamtbild der Grabplatte nicht wesentlich verändert, erfordern die beiden anderen Bruchstücke eine gesonderte Betrachtung. Das wohl irrtümlich auf den Kopf gestellte und nur in schwachen Konturen eingemeißelte Wappen im Bildfeld – ein schräggestellter Schild, belegt mit einer fünfblättrigen Rose, darüber ein Bügelhelm mit der Helmzier, wiederum einer Rose – entspricht nicht den heraldischen Kriterien einer Wappengrabplatte aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts392. Auch die inschriften­paläographische Untersuchung der Beschriftung erbringt letztlich bemerkenswerte Feststellungen und Ergebnisse, die in der Erkenntnis gipfeln, dass die ursprünglich spätromanische Majuskel aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts neuzeitlich überschrieben und stark verändert wurde. Bei der inschriftenpaläographischen Beurteilung ergeben sich zwei Zeitansätze: eine durchaus in die Zeit um 1231 zu datierende Beschriftung, die schon Walter Koch393 jener typischen Übergangsform von der spätromanischen zur frühgotischen Majuskel zugerechnet hat, und eine zweite, vom Inhalt her als bewusste Fälschung des 17. Jahrhunderts zu charakterisierende Nachbeschriftung. Es erhebt sich die Frage, wann und wie es zu dieser Veränderung der Grabplatte gekommen ist und wem diese Fälschung gedient haben kann. Man kann am Beispiel dieser mittelalterlichen Inschrift darlegen, wie diese gleichermaßen als genealogisches Dokument und Herkunftsnachweis im 17. Jahrhundert Wiederverwendung und „allerhöchste Beachtung“ gefunden hat. Die gestellte Frage wird durch die Kärntner Adelsfamilie Rosenberg394 beantwortet, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts diese Grabplatte gleichsam als genealogisches Dokument beansprucht hat. Um 1660 war Wolf Andreas Graf von Rosenberg salzburgischer Vizedom zu Friesach395 und dürfte bei einem Aufenthalt in der Stadtpfarrkirche die Grabplatte entdeckt haben, die damals noch im Kirchenboden des Mittelschiffes in der Nähe des Orgelchores gelegen war396. In diese Zeit fallen auch die Bemühungen der gräflichen Familie Rosenberg, eine genealogische Verbindung zur stadtrömischen Adelsfamilie der Orsini herzustellen. Eingaben an die kaiserliche Hofkanzlei führten schließlich dazu, dass Kaiser Leopold I. bei seinem Aufenthalt in Friesach am 26. August 1660397 höchstpersönlich diese Grabplatte in der Stadtpfarrkirche besichtigte und – im Hinblick auf eine offensichtlich kurz zuvor erfolgte Veränderung der Inschrift und die Beifügung des Rosenbergischen Wappens – eine eigene Kommission einsetzte, der die damals bekanntesten Genealogen am kaiserlichen Hof in Wien wie Johann Ludwig Schönleben, P. Gabriel Bucelin und Philipp Jakob Spener398 angehörten399. Zur Urteilsfindung wurden Werke von Franciscus Santavivus und Wolfgang Lazius400 herangezogen. Nach einer eingehenden Autopsie der Grabplatte erfolgte 1683 im Beisein und mit Zeugenschaft von Ludwig Graf von Lamberg, Johann Jakob Graf Katzianer von Katzenstein u.a. die notarielle Beglaubigung der Echtheit der Grabplatte401. Mit Diplom vom 6. Juli 1684402 bestätigte Kaiser Leopold I. den Kärntner Grafen Georg Nikolaus und Wolf Andrä von Rosenberg die Echtheit403 der Grabinschrift, testierte ihnen mit diesem Konfirmationsdiplom ihre Herkunft von den römischen Ursini (Orsini) und dem böhmischen Geschlecht gleichen Namens – natürlich gab es zu keiner der beiden Familien verwandtschaftliche Beziehungen – und erlaubte ihnen die Führung des Namens „von Ursini und Rosenberg“. Die später gefürsteten „Rosenberg“ führen heute noch den Doppelnamen „Orsini-Rosenberg“. Für wen diese Grabplatte aus dem Jahre 1231 wirklich als Grabdenkmal geschaffen wurde, ist nicht bekannt.

Ein recht frühes Beispiel einer Wappengrabplatte mit Kreuzdarstellung ist die Wappengrabplatte des Gottfried von Trixen im Dominikanerkloster St. Nikolaus in Friesach (Kat.-Nr. 18). Auf dem Schild steht ein reich ornamentiertes gotisches „Vortragekreuz“. Diese Grabplatte ist als ein recht frühes Beispiel einer Wappengrabplatte mit Kreuzdarstellung anzusehen. Die Herren von Trixen waren herzogliche Ministeriale404 unter den Kärntner Herzögen aus dem Hause der Spanheimer. Mit diesem Geschlecht eng verbunden ist die frühe Geschichte der Trixener Schlösser bei Völkermarkt405. Es folgt zeitlich die Wappengrabplatte des Friedrich von Eberstein im östlichen Trakt des Kreuzganges im Dominikanerkloster St. Nikolaus in Friesach (Kat.-Nr. 36)406. Der quergestellte Dreiecksschild trägt einen Kübelhelm mit einem wulstartigen Abschluss und einem stilisierten Federnbusch. Diese heraldischen Motive stellen ein für die Zeit innovatives Element dar. Auf dem Schild steht ein einfaches Kreuz, über dem Querbalken ist in den freien Feldern je ein Ornamentkreis mit eingestellter sechs­blättriger Rosette angebracht. Ins 14. Jahrhundert fällt noch die Wappengrabplatte des Johannes Payer von Straßburg und seiner Frau Kunigunde auf Schloss Straßburg an der Nordwand des Lapidariums, eine einfache Grabplatte aus Sandstein, die stellenweise schon stark verwittert ist (Kat.-Nr. 63).

387 Schroll, Dompröste 16. – Vgl. auch Friedrich W. Leitner, Frühneuzeitliche Inschriftenbelege zur Familie der Welzer von Eberstein, in: KLM 1989/10, 70–79, bes. 71f.
388 Ginhart-Grimschitz, Gurk 117. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1955, 563.
389 KLA, AUR (C 4292) 1494 IX 3.
390 KLA, AUR (A 1873) 1520 XI 10. – Stumberger, Welzer 112.
391 KLA, AUR (A 2083) 1537 VIII 24. – Stumberger, Welzer 115. – Webernig, Landeshauptmannschaft 101.
392 Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 43.
393 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 132, 138 (Anm. 51).
394 J. Siebmachers großes Wappenbuch Bd. 56 (IV/8): Der Kärntner Adel, bearb. von Oskar Goeschen, Nürnberg 1880, Nachdruck Bd. 29: Der Adel in Kärnten, Krain und Dalmatien, Neustadt a. d. Aisch 1980, 18f. – Heinrich Hermann, Die Rosenberge, in: Car. 44 (1854) 236, 239–240, 241–243, 247–248, 251–252, 254–256, 257–260, 261–263, 265–267.
395 KLA, Allg. Hs. 273.
396 Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 43.
397 Hermann H., Rosenberge Nr. 60, 239f. – Hermann H., Handbuch Bd. 2 165. – Karl Hauser, Kaiser Leopold I. auf der Durchreise zur Huldigungsfeier in Friesach, in: Car. 71 (1881) 76–82. – Zedrosser, Friesach 1953, 122.
398 Hermann H., Rosenberge 239 (Anm. 2). – Anna Coreth, Österreichische Geschichtsschreibung in der Barockzeit (1620–1740), Wien 1950, 37f., 115.
399 KLA, Archiv Rosenberg: Urk. Nr. 17 (Linz, 1684 VII 6).
400 KLA, Archiv Rosenberg: Urk. Nr. 17.
401 KLA, Archiv Rosenberg: Urk. Nr. 16 (1683 VII 15).
402 Ebenda.
403 Vgl. Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 48f.
404 Weisz, Kärnthens Adel 149. – Jaksch, Geschichte Kärntens Bd. 2 107. – Herman Pirchegger, Landesfürst und Adel in Steiermark während des Mittelalters. (Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark 12) Graz 1951, 153.
405 Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde Bd. 2 104, 111, 136.
406 Neckheim, Grabmalplastik 1940, 5. – Ders., Grabmalplastik 1941, 6.

Aus dem 15. Jahrhundert haben sich 21 Wappengrabplatten erhalten, eine davon kopial. Die Beschriftung erfolgte noch zumeist in lateinischer Sprache, wobei aber häufig sowohl lateinische als auch deutsche Texte vorkommen. Erst gegen Ende dieses Jahrhunderts nimmt die deutsche Sprache überhand. Hier sind zu erwähnen: Die Wappengrabplatte des Gurker Dompropstes Paul von Helfendorf (1394–1405)407, bei der trotz starker Abschleifung noch Reste des Wappenschildes zu erkennen sind (Kat.-Nr. 76) sowie die Wappengrabplatte des Heinrich von Silberberg im östlichen Trakt des Kreuzganges des Dominikanerklosters in Friesach, die ursprünglich wohl im Fußboden des Kreuzganges eingelassen war und daher stellenweise stärker abgetreten ist. Das Bildfeld zeigt zwei einander schräg gegenübergestellte Wappenschilde (1416, Kat.-Nr. 85).

Die erste Wappengrabplatte mit deutschsprachiger Textierung, wobei die Datumsangabe noch in Latein erfolgt, ist die 1437 entstandene Grabplatte des Andreas I. von Staudach in der Pfarrkirche in Grades (Kat.-Nr. 99): Hier ist auch die heraldische Bildgestaltung interessant, weil die späteren beiden Linien der Staudach vor allem durch die zwei verschiedenen Wappenbilder festzuhalten sind – einmal die Eidechse und zum anderen die Jakobsmuschel. Die hohe Geistlichkeit zu Gurk, wie beispielsweise 1459 Johannes Hinderkircher, verwendet die lateinische Sprache. Die Inschrift ist mit zahlreichen Abbreviaturen versehen, in der Steinmitte ist die Platte durch zwei zueinander gekehrte Wappenschilde ausgezeichnet (Kat.-Nr. 136). Dagegen trägt die im selben Jahr für Erasmus Wucherer von Drasendorf gearbeitete Wappengrabplatte eine deutsche umlaufende Inschrift (Kat.-Nr. 137). Ein besonders schönes Beispiel einer adeligen Wappengrabplatte ist die in der Kirche zu Kraig erhaltene des Jan von Kraig und seiner Frau Klara Kuchler (Kat.- Nr. 147): Im vertieften Feld sind die Reliefwappen von Kraig und Kuchler eingestellt, mit Helmdecken und Helmzier. Das Wappen der Kraiger zeigt den (von Rot und Silber) schrägrechts geteilten Schild, darauf ein gekrönter Bügelhelm, besetzt mit einem geschlossenen Flug. Das Wappen seiner Frau Klara Kuchler bringt (in Blau) einen linksaufsteigenden (goldenen) Hirsch, der Bügelhelm ist ebenfalls gekrönt, daraus der oberhalbe Hirsch wächst408. Ins gleiche Jahr datiert die Wappengrabplatte des Vinzenz von Straßburg, auf dessen Grabplatte auch die Todesnachricht für seine Frau Elsbeth, die schon 1426 gestorben war, seitenverkehrt zum Wappenbild eingefügt wurde409 (Kat.-Nr. 93). Die heraldische Bildung zeigt sich hier bereits weiterentwickelt, besonders was die Helmdecke betrifft. Wie überhaupt die Wappengrabplatten des 15. und dann vor allem des 16. Jahrhunderts sich durch eine zunehmend künstlerische Gestaltung von Wappenschild, Wappenbild, Helmzier und Helmdecken, manchmal auch der „Wappenhalter“ auszeichnen. Die Wappengrabplatten sind vornehmlich dem Adel und dem bürgerlichen Patriziat vorbehalten, betreffen naturgemäß aber auch Adelige, die in den geistlichen Stand eingetreten sind.

Eine bislang unbekannte Gruppe von Wappengrabplatten kam bei Grabungen im Bereich des ehemaligen Gurker Kreuzganges 1983 zutage; sie wurden offensichtlich bei der Abtragung des Gurker Kreuzganges nach 1637 als „Schüttmaterial“ in den Boden des Kreuzgangsbereiches gelegt, mit der bearbeiteten Seite nach unten, was wohl auch zum guten Erhaltungszustand beigetragen hat410. Dazu gehört die Wappengrabplatte des Sigismund Freiberger (1469, Kat.-Nr. 155). Das sehr schön gearbeitete Bildfeld wird durch ein pilasterartiges Architekturelement als Andeutung eines Kreuzschaftes in zwei Teile geteilt und ist belegt mit dem Reliefwappen der Freiberg. Ebenfalls aus dem Kreuzgang stammt die von der gleichen Werkstätte gearbeitete Wappengrabplatte aus weißem Marmor der Barbara Freiberg-Lazz im westseitigen Arkadengang des Propsthofes (1472, Kat.-Nr. 159). Diese Platte hat sich nur sehr schlecht erhalten, weil sie bei ihrer Zwischenlagerung am Boden des Kreuzganges mit dem Bildfeld nach oben gelagert war und außerdem direkt im Bereich der Dachtraufe gelegen hatte. Die linke untere Ecke ist zur Gänze weggebrochen, der Stein ist auf seiner Schriftleiste oben und rechts weitgehend zerstört, so dass eine Wiedergabe der hier eingemeißelten Inschrift nicht mehr möglich ist. Das vertiefte Bildfeld ist fast identisch mit der oben genannten Grabplatte, nur mit zwei Reliefwappen ausgestattet, nämlich links dem Wappen der Herren von Lazz, rechts ist das Wappen der Freiberger: hier als Allianzwappen mit einander zugekehrten Wappenbildern. Und auch die Wappengrabplatte ihres Mannes, Veit von Lazz, konnte aus dem ehemaligen Kreuzgang geborgen werden. Im vertieften Bildfeld ist ein schräggestellter Wappenschild (Lazz) eingefügt, mit einem geschlossenen Stechhelm, Helmdecken und der Helmzier (1476, Kat.-Nr. 162).

Einige Jahre früher entstand für Erhart Überacker eine Wappengrabplatte aus rotem Adneter Marmor, heute im südlichen Seitenschiff der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach (1470, Kat.-Nr. 157). Es ist die erste Wappengrabplatte mit horizontaler Gliederung: Oben ist das Schriftfeld in einer ungerahmten Fläche angeordnet, darunter im vertieften Feld das Reliefwappen der Überacker. Erhart Überacker erhielt 1430 die halbe Feste Rottenstein als Lehen411, in den Jahren von 1429 bis 1441 wird er als Pfleger zu Hüttenberg genannt. Von 1446/47 bis zu seinem Tode war er Salzburgischer Pfleger zu Althofen412. Sein Bruder war der Seckauer Bischof Georg II. von Überacker (1452–1477)413. Diese Wappenplastik gehört in Kärnten zu den besten Beispielen dieser Art und stammt mit großer Wahrscheinlichkeit wohl aus einer Salzburger Werkstätte. Sie wurde sowohl Hans Eybenstock414 als auch Hans Valkenauer zugewiesen. Wolfgang Czerny415 hat – im Vergleich mit dem Grabmal des Georg II. von Überacker, Bischof von Seckau – einen „Meister der Seckauer Platte“ auch für die Wappengrabplatte des Bruders Erhart Überacker vorgeschlagen416.

407 Schroll, Dompröste 14.
408 Neckheim, Grabmalplastik 1940, 36f. – Ders., Grabmalplastik 1941, 40, 42. – Ders., Der Beginn der spätgotischen Grabmalplastik in Kärnten. In: Car. I 153 (1963) 385–409, bes. 40, Abb. 10.
409 Neckheim, Grabmalplastik 1940, 7. – Ders., Grabmalplastik 1941, 7f. – Webernig, Landeshauptmannschaft 156 (Anm. 321).
410 Leitner F., Neufunde 493f.
411 Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 49. – Lang A./Metnitz, Salzburger Lehen in Kärnten 255.
412 Weisz, Kärnthens Adel 253. – Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 49. – Korak, Burggrafen V.
413 Roth, Seckau 516f.
414 Neckheim, Beginn 408, Abb. 12. – Vgl. dazu auch Leonhardt, Spätgotische Grabdenkmäler 30 (Abb. 17).
415 Czerny, Hans Valkenauer 46f. – Vgl. dazu auch Lind, KA X 46f., Taf. XXIII, Fig. 2. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 28, 40. – Ders., Grabmalplastik 1941, 44.
416 Czerny, Hans Valkenauer 46f., 36f., 48: er vergleicht die Wappengrabplatte mit der des Sigmund Spaur von 1472 in Wiener Neustadt. – Vgl. dazu auch DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 107.

Für das 16. Jahrhundert gibt es 32 Originalbelege an Wappengrabplatten, 22 für Adelige, Bürger und Handwerker, zehn für Geistliche (ein Bischof, drei Dompröpste, zwei Pröpste, zwei Äbtissinnen, ein Dekan und ein Kanoniker).

Unter den adeligen Wappengrabplatten ist die des Veit I. Welzer von Eberstein von besonderem Interesse (vor 1540, Kat.-Nr. 362), weil neben der horizontalen Gestaltung und der heraldischen Bildung auch die historisch-genealogischen Bezüge erwähnenswert sind. Über dem Schriftfeld sind drei Wappen in Flachrelief gestaltet: Links der Welzerische Treubund (gewinkelte Arme), in der Mitte die gestürzte Schrägrechtsspitze der Welzer und rechts das aufgeerbte Wappen der Ebersteiner mit dem viergeteilten Schild.

Die Wappengrabplatte des Marx von Staudach zu Weilern im südlichen Teil des Kreuzganges des Dominikanerklosters in Friesach (1544, Kat.-Nr. 368) gilt als „genealogisches Dokument“ für die Ahnenreihe der Staudach, weil dieser als Stammvater der später führenden Hauptlinie dieser Familie anzusehen ist. Der Wappenschild zeigt in 1 u. 4 eine Muschel, in 2 u. 3 einen Löwen, der ein Kleeblatt in den Vorderpranken hält. Weiters zwei Helme, rechts findet sich im Flug die Muschel, links der wachsende Löwe mit dem Kleeblatt (vermehrtes Wappen).

Die Wappengrabplatte des Mathias Schiehl und seiner Ehefrau Elisabeth, außen am linken Pfeiler beim Südportal der Pfarrkirche in St. Veit an der Glan (1559, Kat.-Nr. 431), ist in drei Felder geteilt, oben befinden sich zwei Inschrifttafeln nebeneinander. Das hochrechteckige Feld darunter wird von zwei Reliefwappen bestimmt. Dieser Matthias Schiehl war vor seinem Tod Landesvizedom in Kärnten, seine Amtsperiode kann aber nur knapp ein Jahr gedauert haben. Im Verzeichnis der Landesvizedome in den Wappenbüchern des Kärntner Landesarchivs und im Großen Wappensaal des Landhauses kommt er nicht vor417.

Christoph Freiherr von Thannhausen (Kat.-Nr. 450) war der älteste Sohn des Franz I. Freiherr von Thannhausen (vgl. Kat.-Nrr. 378†) und der Regina Freiin von Firmian. Er war nach dem Tode seines Vaters mit den salzburgischen Stammlehen 1551 ausgestattet worden418. Seit 1561 wirkte er als salzburgischer Erbtruchsess419 – dieses Amt blieb in der Folge in der Familie – und Rat Kaiser Ferdinands I., dann des Erzherzogs Karl von Österreich, weiters Kammerrat in den niederösterreichischen Ländern420. Von 1557 bis zu seinem Tode 1565 war er Kärntner Landeshauptmann421.

Zwei Fälle einer doppelten Ausführung einer Grabinschrift liegen im Bezirk St. Veit vor. Einmal handelt es sich um die des Ruprecht Jochner zu Pregrad, dessen Wappengrabplatte (1569, Kat.-Nr. 460) ursprünglich wohl in der Kirche zusammen mit einem Totenschild (vgl. Kat.-Nr. 461†), heute aber außen vor dem Westportal als Trittplatte in den Boden eingelassen ist. Die Grabplatte ist fast bis zur Unkenntlichkeit abgetreten, ebenso die Beschriftung. Die Textergänzung erfolgt nach einem Literatur­zitat422, aber auch nach einer fast augenscheinlich gleich gefertigten zweiten Wappengrabplatte für Ruprecht Jochner zu Pregrad im Lapidarium auf Schloss Straßburg (ursprünglich wohl in oder an der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Straßburg) mit gleicher Inschrift (Kat.-Nr. 465). Auch in der Kirche zu Kraig haben sich aus der gleichen Zeit und für die gleiche Person zwei – hier allerdings unterschiedliche – Grabdenkmäler erhalten: Eine Wappengrabplatte für Elisabeth Gräfin Nagarol-Hardegg aus dem Jahre 1575 (Kat.-Nr. 486), mit zwei Reliefwappen, links Nagarol, rechts Hardegg, mit Helmdecken und Helmzier. Die zweite Grabplatte trägt die wortgleiche Inschrift in gleicher Kapitalis, allerdings ohne Wappen (Kat.-Nr. 487).

Wahrscheinlich nicht aus Kärnten stammt die Wappengrabplatte der Elisabeth von Stubenberg- Khevenhüller an der Nordwand der Filialkirche St. Johann Nepomuk auf Hochosterwitz (1599, Kat.-Nr. 592). Ursprünglicher Standort des Grabdenkmals soll die Kirche Pottendorf im Burgenland (Esterhazy) gewesen sein, sie dürfte erst nach 1908 nach Hochosterwitz gekommen sein423. Elisabeth Khevenhüller war die Tochter des Georg II. von Khevenhüller und der Anna Thurzo von Bethlenfalva, wurde 1569 geboren, hat Rudolf von Stubenberg geheiratet und war am 21. November 1599 verstorben.

Vom Gurker Bischof Urban Sagstetter (1556–1573) hat sich an der Südwand des Presbyteriums in der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus zu Straßburg eine Wappengrabplatte aus dem Jahre 1573 erhalten (Kat.-Nr. 476). Der polychromierte Wappenschild wird bekrönt von Mitra, Inful und Pedum. Die Grabinschrift zeichnet sich durch zahlreiche Abbreviaturen, Ligaturen und eingestellte Buchstaben aus. Bischof Urban Sagstetter wurde 1556 von Kaiser Ferdinand I. in sein Amt berufen, er trägt daher auch den Beinamen „der Österreicher“424. Dieses Epitheton beruht auf seiner österreichischen Vergangenheit und seiner Nähe zu Kaiser Ferdinand I. und dem Hof zu Wien. Seine Lebensgeschichte ist auf der Grabplatte durch eine ausführliche Inschrift verewigt und historisch nachvollziehbar.

417 Webernig, Landeshauptmannschaft 171. – Wutte, Wappen 127f.
418 Raab, Thannhausen 20f.
419 Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thanhausen 31.
420 Megiser, Annales Carinthiae Teil 2, fol. 1497f. – Beckh-Widmanstetter L., Grabdenkmäler Thanhausen 31.
421 Evelyne Webernig, Der Landeshauptmann von Kärnten. Ein historisch-politischer Überblick, Klagenfurt 1987, 21.
422 NN ., Notizen Nr. 95 (Altenmarkt bei Weitensfeld), in: MCK NF 18 (1892) 177.
423 Nach Paul Grueber, Die Kirche St. Johann von Nepomuk zu Hochosterwitz in Kärnten, in: WSÖBD 14 (1908) 769–770, Taf. 101–102, bes. 770.
424 Schroll, Series episcoporum 31. – Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 310. – Vgl. dazu auch Heinrich Hermann, Historische Skizze der Bischöfe von Gurk, in: Car. 12 (1822) 151–156, 160–166, 176–182, 186–188, 192–196, 200–206, bes. 12 (1822) 193f. – Heinrich Hermann, Urban der Österreicher, Fürstbischof von Gurk, Administrator des Bistums Wien, in: Theolog. Zs. 9 (1836) 165–186, 3–49, 146–171. – Hermann Wieszner, Bischof Urban Sagstetter der Österreicher. Beilage zur Volkszeitung. Klagenfurt 1956, Nr. 51, 6. – Karl Kranner, Bischof Urban Sagstetter von Gurk und das Religionsproblem in Innerösterreich, (ungedr.) theol. Diss Innsbruck 1958.

Die Wappengrabplatte des Gurker Dompropstes Wilhelm Welzer von Eberstein befindet sich heute innen im Dom an der Nordwand des linken Seitenschiffes (1518, Kat.-Nr. 264). Die Grabplatte war bis um 1929 im Fußboden eingelassen und ist daher stellenweise stärker abgetreten, wodurch das Schriftfeld mit einer bemerkenswerten Grabinschrift ebenso stärker verschliffen ist wie auch die zwei Reliefwappen Welzer und Eberstein. Die beiden Wappenschilde werden gleichsam als Helmzier von einer Mitra mit eingestelltem Pedum überhöht und in der Mitte des Steines mit einem dem Gesprenge spätgotischer Flügelaltäre nachempfundenen Astwerkbaldachin geschmückt. Dieser geht hier in eine Fiale über, die oben mit einem Kreuz bekrönt ist. Sein Nachfolger als Gurker Dompropst war Sigismund von Feistritz (1518–1525), von dem sich im Dom eine hervorragende Wappengrabplatte erhalten hat (Kat.-Nr. 323). Es handelt sich um das schönste Beispiel eines Renaissance-Grabdenkmals im Gurker Dom. Im Bildfeld ist eine reich verzierte, renaissancezeitliche Pilasterarchitektur mit trapezfömigem Giebelabschluß, die seitlichen Flächen tragen je einen Wappenschild (links Feistritz, rechts leer); davor finden sich zwei die ganze Breite des Steines ausfüllende Wappenschilde mit den persönlichen Wappen der Feistritz. Darüber ist eine Mitra mit Inful eingefügt, unterlegt von einem Pedum. In der Giebelzone sind zwei Füllhörner dargestellt, beim rechten Füllhorn hält ein kleiner Putto seine Hände darauf. Unter den beiden Wappen ist am Boden der Architektur ein Totenkopf in der Mitte eingefügt, seitlich an den Pilastersockeln flankiert von zwei Schrifttäfelchen: Links mit einer Jahreszahl, rechts mit den Initialen des Steinmetzmeisters mit möglicherweise einem Meisterzeichen. Auf der Innenseite der Schale, auf der der Putto sitzt, ist ein Monogramm eingefügt. Die Wappengrabplatte wurde auf der Rückseite in Zweitverwendung für den Propst Johann IV. Georg von Miller (1648–1674) bearbeitet, wobei die ursprüngliche Seite mit dem Renaissancerelief am Rand stark abgeschlagen wurde. Die Platte wurde in den Fußboden des Mittelschiffes eingelassen, dadurch ist die Seite mit dem Wappen und der Inschrift des Propstes Miller stark abgetreten. Die ursprüngliche Vorderseite hat sich hingegen außerordentlich gut erhalten, so dass angenommen werden kann, dass der Stein auch vor seiner Zweitverwendung nicht im Fußboden lag, sondern an einer Wand gestanden haben dürfte. Bei der Hebung der Grabplatte im Jahre 1929 wurde die Vorderseite wieder sichtbar und im Seitenschiff so aufgestellt, dass nun beide Seiten zu sehen sind. Sigismund von Feistritz wurde am 26. März 1518 zum Gurker Dompropst gewählt425 und hat dieses Amt bis 1525 ausgeübt: Er ist am 30 Jänner 1525426 gestorben und nicht 1524, wie uns seine Grabinschrift mitteilt. Der dritte Gurker Dompropst mit einer Wappengrabplatte (Kat.-Nr. 458) ist Adrian von Hornberg (1549–1559)427. Albert von Hornberg hat diese Wappengrabplatte 1568 errichten lassen und scheint ein Bruder bzw. enger Verwandter des Dompropstes gewesen zu sein428. Die Wappengrabplatte war ursprünglich polychromiert, Spuren davon sind noch sichtbar, vor allem beim Wappen.

Fünf Wappengrabplatten für Geistliche sind noch zu erwähnen: Einmal die Grabplatte der Sophia Reifnitzer (Kat.-Nr. 285), die von 1508 bis 1516 Priorin des Zisterzienserinnenklosters im Sack zu Friesach, danach zumindest bis 20. Mai 1521 auch Äbtissin war429. Auch Agnes von Lind war Äbtissin und zwar in St. Georgen am Längsee (Kat.-Nr. 567): Sie hatte ihre Profess in St. Georgen abgelegt und wurde am 7. Juli 1516 zur Äbtissin gewählt430. Um 1531/32 resignierte sie und lebte fortan bis zu ihrem Tod im Jahre 1591 als Nonne im Kloster. Dann ist noch die Grabplatte für den Gurker Domherr bzw. Dechant431 Christoph Zwitter (Kat.-Nr. 325) zu erwähnen. Schließlich haben sich in der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach drei Wappengrabplatten erhalten, eine für den Kanoniker Augustinus Schwartzenperger (Kat.-Nr. 392), für den Propst des Kollegiatkapitels St. Bartholomäus Dr. Georg Vischl (Kat.-Nr. 415, vgl. dazu auch das Epitaph für diesen Propst aus dem Jahre 1553/1565, Kat.-Nr. 413) und letztlich die Wappengrabplatte des Propstes in der Kollegiatkirche St. Bartholomäus432, Cyprian Lyresius (Kat.-Nr. 572). Er war auch Propst von Virgilienberg433 und Erzdiakon von Unterkärnten434.

425 Heinrich Hermann, Historische Skizze der Dompröpste von Gurk, in: Car. 15 (1825) 70–71, 74–76, bes. 74f. – Schroll, Dompröpste 16. – Vgl. auch Jakob Obersteiner, Kardinal Matthäus Lang und die Gurker Dompropstwahl vom Jahre 1518, in: Car. I 151 (1961) 655–667, bes. 656f.
426 Schroll, Necrologium Gurk 7.
427 Ders., Dompröpste 33. – Vgl. auch Obersteiner, Tagebuch 1949, 364. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 212. – Ders., Bischöfe Bd. 1 304.
428 Schroll, Necrologium Gurk 17 (Anm. 6).
429 Pagitz-Roscher, Kloster 787. – Wadl, Entwicklung 11, 24, 33f. – Zedrosser, Friesach 1953, 144.
430 KLA, Kopialbuch fol. 63 (1516 VII 7) – Wetter, Geschichte 262.
431 KA Klagenfurt, Urkundensammlung (1513), Pergamentblatt. – Schroll, Dompröpste 39. – Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1956, 210.
432 Wilhelm Wadl, Die kirchlichen Institutionen Friesachs zwischen Reformation und Gegenreformation, in: Katholische Reform und Gegenreformation in Innerösterreich 1564–1628, hg. von France M. Dolinar, Maximilian Liebmann, Helmut Rumpler und Luigi Tavano, Klagenfurt-Ljubljana-Wien 1994, 345–356, bes. 348. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 32, 142.
433 Sacherer, St. Virgil 69–71.
434 Tropper P., Missionsgebiet 353. – Jernej, Kollegiatstift 1997, 143.

Schließlich folgt hier noch eine kurze Zusammenstellung der Wappengrabplatten aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Hier sind 18 original erhaltene Grabplatten vorhanden, 14 für Adelige, Stadtrichter, Hauptmann, Bürgermeister, Ratsbürger und Handelsherr, Pfleger, Eisengewerke, Gewerke. Vier Wappengrabplatten beziehen sich auf geistliche Würdenträger, davon sind zwei Äbtissinnen, einer Propst und einer Kanoniker.

Eine besondere Gruppe an Grabdenkmalen stellen die Epitaphien dar. Es handelt sich um reine Memorialdenkmäler ohne unmittelbare Verbindung zur Grabstätte. Sie sind senkrecht stehend konzipiert und an der Wand angebracht und setzen die Existenz eines zweiten, die Grabstätte markierenden Denkmals voraus. Diese doppelte Markierung einer Grablege einer Person ist aber nur noch selten vollständig erhalten. Zwei Grabdenkmale für eine Person haben sich etwa in der Kirche zu Kraig erhalten, wo für Elisabeth Gräfin Nagarol-Hardegg eine schmucklose Grabplatte (Kat.-Nr. 487) vorhanden ist, die die wortgleiche Inschrift in gleicher Kapitalis trägt wie eine zweite Grabplatte, nämlich eine schön gestaltetet Wappengrabplatte (Kat.-Nr. 486). Ein besseres Beispiel für die oben dargelegte doppelte Auszeichnung einer Grablege hat sich in der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach erhalten. Hier erinnert eine Wappengrabplatte (Kat.-Nr. 415) an Dr. Georg Vischl, Propst des Kollegiatkapitels St. Bartholomäus. Diese wurde vom Propst 1554, also noch zu Lebzeiten, in Auftrag gegeben und hat vermutlich ursprünglich auch die eigentliche Grabstelle in der Kirche bedeckt. Als Gedächtnisdenkmal aber hat er für sich selbst ebenfalls noch zu Lebzeiten ein prächtiges Epitaph 1553 errichten lassen, die Sterbedaten wurden nach seinem Tode 1565/66 von zweiter Hand beigefügt. Das Epitaph (Kat.-Nr. 413) befindet sich heute im südlichen Seitenschiff und weist einen dreigeschossigen Aufbau auf, der durch querliegende Streifen unterteilt wird. Der unterste Teil besteht aus einem dekorativ gerahmten Schriftfeld, seitlich begleitet durch Kartuschen als Zierelemente. Dieses wird links von der halben Frontalfigur des Propstes flankiert, wobei der mit dem faltenreichen Priestergewand (Rochett) bekleidete Verstorbene teilweise in das Schriftfeld hineinreicht. In den Händen hält er eine barettartige Kopfbedeckung. Davor befindet sich – schon im Schriftfeld – das persönliche Reliefwappen ohne Helmzier. Im Mittelteil ist die Grablegung Christi dargestellt, präsentiert durch eine große Anzahl von Personen. Das oberste Relief zeigt die Auferstehung, der auferstandene Christus hält die Siegesfahne. Für die Reliefdarstellung dürfte es zeitgenössische graphische Vorbilder gegeben haben435. Der Meister dieses Epitaphs ist nicht bekannt, dürfte aber aus dem süddeutschen bzw. salzburgischen Raum stammen. Georg Vischl war Doktor beider Rechte, Propst der Kollegiatkirchen St. Bartholomäus436 und St. Virgilius (Virgilienberg)437, von 1547 bis 1558 Erzdiakon von Kärnten438 und Rat des Salzburger Erzbischofs Ernst Herzog von Bayern, der von 1540 bis 1554 dem Erzbistum vorstand: Auch diese Angabe dokumentiert die Fertigung des Epitaphs um 1553, denn ab 1554 hätte er Erzbischof Michael von Kuenburg (1554–1560) bzw. auch noch Erzbischof Johann Jakob von Khuen-Belasy (1560–1586) anführen müssen. Er stammte „vom Berg Remschnigg“ bei Arnfels, nahe der Kärntner Grenze; die Burg Arnfels befand sich auch im Besitz des Erzstiftes Salzburg. Georg Vischl war nach „Viktringer Urkunden“439 schon 1542 Propst des Kollegiatkapitels St. Bartholomäus, bei Renate Jernej440 wird er für die Jahre von 1545 bis 1556 in dieser Funktion angegeben, sicher hat er diese aber wohl bis zu seinem Tod 1565 ausgeübt.

Insgesamt haben sich im Bearbeitungszeitraum 15 Epitaphien erhalten, alle original überliefert. Kopiale Nachrichten fehlen. Nur vier sind Geistlichen zuzuordnen. Das erste Beispiel dieser Art ist das Epitaph des Gurker Dompropstes Christoph Galler (Kat.-Nr. 381), im Dom innen am Westende des nördlichen Seitenschiffes an der Südwand441. Die rektanguläre Platte war zumindest im Reliefteil polychromiert und zeigt links in einer renaissancezeitlichen Nischenarchitektur den knienden Propst und Stifter, die Hände zum Gebet gefaltet, im Ornat mit Mitra und Inful, über der linken Schulter das Pedum. In den Eckfeldern des Rundbogens bzw. an den Basen der Halbsäulen findet sich je eine Wappendarstellung; alle vier Reliefwappen geben nach Art einer Ahnenprobe die vier engsten Familienwappen wieder: Galler, Zobelsperger, Welzer und Hallegg. Das Grabdenkmal dient gleichsam als Untersatz für einen von Propst Galler gestifteten Flügelaltar (vgl. Kat.-Nr. 385), der wohl etwa um die gleiche Zeit entstanden sein dürfte. Dazu gibt es noch eine Figurale Grabplatte für diesen Gurker Dompropst (Kat.-Nr. 383), die ursprünglich am Ort seiner Grablege lag. Das zeitlich nächste Grabdenkmal dieser Art im Bezirk St. Veit an der Glan ist das Epitaph des Georg Vischl. Das dritte betrifft ebenfalls einen Propst des Kollegiatstiftes St. Bartholomäus in Friesach. Es handelt sich dabei um Magister Johann Agricola (Kat.-Nr. 504), der von 1571 bis 1578 Erzdiakon (Archidiakon) von Unterkärnten442, Propst von Virgilienberg (1570–1578)443 und von 1567 bis 1578 Dechant des Kollegiatstiftes St. Bartholomäus444 war. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er ein Bruder, zumindest aber ein naher Verwandter des Dr. Georg Agricola war, der zuvor von 1567 bis 1570 Propst der Kollegiatkirche St. Bartholomäus445 und Propst von Virgilienberg446 gewesen war. Georg Agricola, der als Kleriker aus der Diözese Bamberg bezeichnet wird, hat 1565 zugunsten seines Bruders Johann Agricola auf das Kanonikat zu St. Bartholomäus verzichtet447. Georg Agricola wurde 1570 Bischof von Lavant448, 1572 Bischof von Seckau449. Johann Agricolas Epitaph aus rotem Marmor befindet sich heute im südlichen Seitenschiff auf der Ostseite des zweiten Pfeilers. Oben ist in einer renaissancezeitlichen Säulenarchitektur mit Rundbogen Christus am Kreuze dargestellt, zu Füßen des Gekreuzigten kniet links der geistliche Stifter als Priester im Chorgewand mit dem Rosenkranz in den Händen. Im Hintergrund wird eine Landschaft mit Kalvarienberg abgebildet, begleitet links vom persönlichen Reliefwappen der Agricola.

Zu den Epitaphien geistlicher Personen gehört hier auch das Epitaph der Affra von Staudach, Äbtissin im Benediktinerinnenkloster St. Georgen am Längsee (Kat.-Nr. 568). Im vertieften Bildfeld ist in eine renaissancezeitliche Rundbogenarchitektur ein Altaraufbau eingefügt, auf dessen Stufen davor die Äbtissin im Ordensgewand kniet, am Arm der rechten Hand hängt ein Rosenkranz, die linke umfasst das Pedum; in ihren Händen hält sie ein aufgeschlagenes Gebetbuch. Auf der Altarmensa steht ein Kruzifix, seitlich wird der Gekreuzigte von zwei Heiligenfiguren flankiert.

435 Neckheim, Grabmalplastik 1940, 213.
436 Sacherer, St. Virgil 61–63.
437 Jernej, Kollegiatstift 2001, 69, 107, 120.
438 Sacherer, St. Virgil 61–63: hier richtige Angabe des Todesdatums und seiner Amtszeiten, was bei der jüngeren Arbeit von R. Jernej leider nicht der Fall ist. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 141: hier wird irrtümlich vermerkt, daß auf dem Grabdenkmal als Todesjahr 1556 angegeben sei.
439 Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 40.
440 Jernej, Kollegiatstift 2001, 141.
441 Alfred Schnerich, Gurker Miszellanea, in: Car. I 117 (1927) 10–15, 119 (1929) 19–26, 121 (1931) 18–26, bes. 119 (1929) 20f.
442 Neckheim, Grabmalplastik 1940, 203. – Tropper P., Missionsgebiet 353. – Jernej, Kollegiatstift 2001, 69 (hier von 1570–1578).
443 Sacherer, St. Virgil 63f.
444 Jernej, Kollegiatstift 2001, 145f.
445 Ebenda 143.
446 Tangl, Bischöfe von Lavant 228f. – Hubert Hauser, Kurz gefaßte Profan- und Kirchen-Geschichte der Stadt Friesach in Kärnten 810–1884 nebst einem Führer für Fremde und Einheimische, Friesach 1884, 23: Dr. Georg Agricola, Propst zu St. Bartholomäus und Mag. Johann Agricola, Propst von Virgilienberg und Dechant von St. Bartholomäus, werden gemeinsam als Zeugen genannt.
447 Jernej, Kollegiatstift 2001, 32.
448 Tangl, Bischöfe von Lavant 228. – Hauser Hu., Profan- und Kirchen-Geschichte 23: er behielt demnach auf Lebenszeit die Propstei in Friesach. – Tropper P., Missionsgebiet 208, 353.
449 Roth, Seckau 524.

Die elf verbleibenden Epitaphien für den Zeitraum von 1566 bis 1629 betreffen Adelige in gehobener Funktion oder mit entsprechendem sozialem Hintergrund. Letztlich sind Epitaphien auf Grund der viel aufwendigeren Gestaltung und des verwendeten Materials „gehobeneren“ Schichten vorbehalten und zugleich auch Ausdruck der vertikalen und horizontalen Mobilität des Adels selbst. Es verwundert daher nicht, dass die einzige Steinätzung450 im Bearbeitungsgebiet in Form eines wenn auch relativ kleinen Epitaphs gearbeitet wurde. Es ist dies das Epitaph des Onophräus Rainer zum Erb aus weißem Solnhofer Plattenkalk, innen in der Pfarrkirche zu Grades am südseitigen Pfeiler der Orgelempore (Kat.-Nr. 451). Oben knien im vertieften Bildfeld in Relief der Verstorbene und seine Ehefrau als Stifterin des Epitaphs vor dem Kruzifix, vor den beiden Personen sind die jeweiligen Reliefwappen mit Helmzier und Helmdecken beigestellt. Onophräus Rainer zum Erb kam als Gurker Pfleger der Herrschaft Grades unter Fürstbischof Urban Sagstetter (1556–1573)451 nach Kärnten und hat die Schwester des nachfolgenden Gurker Bischofs Christoph Andreas von Spaur (1573–1603)452, Veronika von Spaur und Valor geheiratet453. Er ist 1566 in Grades gestorben und erhielt zum Gedächtnis von seiner Frau dieses bemerkenswerte Epitaph gestiftet.

Die Epitaphien sind durchwegs aus Stein gefertigt, in seltenen Fällen auch aus Holz, wenn für die Stiftung offensichtlich im ländlichen Raum nicht genügend Mittel zur Verfügung standen. Ein hölzernes Epitaph erhielt Christoph Steurer, Besitzer eines Gutes zu Dürnfeld im Krappfeld (Kat.-Nr. 512). Das Epitaph, das in der typischen Form des 16. Jahrhunderts gestaltet und auf Holz gemalt ist, befindet sich heute an der Nordwand der Orgelempore in der Filialkirche St. Pankratius.

Zum Typ des großen Wanddenkmals gehört das Epitaph des Hans Deutenhofen für seine Frau Maria Kirchpuecher in der Klosterkirche in St. Veit an der Glan (Kat.-Nr. 518). Das Grabdenkmal ist als Ädikula gestaltet und weist einen mehrgliedrigen renaissancezeitlichen Aufbau auf: Auf zwei geschwungenen und ornamentierten Konsolen ruht eine mit Diamantquadern seitlich gefasste Schrifttafel. In die Rundbogenarchitektur darüber sind vier Wappen eingestellt. Über der Renaissance-Architektur mit seitlichen Säulenanordnungen mit Rundbogenabschluss ist ein weiteres Schriftfeld mit Rollwerkrahmung aufgesetzt. Als Abschluss dient ein Dreiecksgiebel. In der gleichen Kirche und an derselben Wand steht ein weiteres Epitaph, das wohl sichtlich vom selben Meister bzw. derselben Werkstätte geschaffen ist wie das vorbesprochene Epitaph. Es betrifft Hieronymus Söll von Teissegg und seine beiden Ehefrauen Anna Mägerl und Elisabeth Schmel(t)zer (Kat.-Nr. 528). Ebenfalls zu diesem Typus gehört das Epitaph des Johann Jakob Freiherrn von Thannhausen (Kat.-Nr. 553). Der vierstöckige ädikulaartige Aufbau gliedert das schöne renaissancezeitliche Grabdenkmal: Auf zwei geschwungenen und ornamentierten Konsolen ruht eine mit Rollwerkrahmung gefasste Schrifttafel. Das annähernd rechteckige Bildfeld darüber wird seitlich von Lisenen mit ineinander übergreifenden Kreisornamenten, die innen mit polychromierten Blattmotiven besetzt sind, begleitet. In die Rundbogenarchitektur ist in die Mitte Christus am Kreuz gestellt, zu Füßen des Gekreuzigten kniet in der Manier des 16. Jahrhunderts links der gerüstete Ritter Johann Jakob von Thannhausen, vor sich den heraldisch-bekrönten Helm, rechts ist seine Ehefrau und zugleich Stifterin dieses Epitaphs mit ihren beiden Töchtern abgebildet. Im Hintergrund erscheinen im Wolkenband Engelsköpfe. Der Mittelteil des Epitaphs wird von einer Marmortafel überhöht, die seitlich abgerundet ist, das darunter liegende Gesims einbindend. Ein halbrunder Aufsatz beschließt den Epitaphaufbau mit der Darstellung des Himmelvaters mit der Weltkugel, flankiert von zwei Engeln vor Wolkenhintergrund. Johann Jakob Freiherr von Thannhausen hat 1557 die damals 22-jährige Anna Neumann von Wasserleonburg454 geheiratet und hatte mit ihr zwei Töchter. Seine Witwe hat das Epitaph erst Jahre nach seinem Tode, vermutlich nach 1587, errichten lassen.

Ein Epitaph in Nachbildung eines Totenschildes hat sich in der Kirche zu Kraig aus dem Jahre 1584 erhalten und benennt als Verstorbene eine Magdalena Wucherer zu Drasendorf, verheiratete von Kurzleben (Kat.-Nr. 536). Die hochovale Grabplatte wird von einem Ornamentkranz aus geflochtenen Lorbeerblättern mit eingefügtem Fruchtdekor umgeben, der oben und unten sowie auf beiden Seiten durch einen Ring zusammengefasst wird. Auf der rollwerkartigen Bekrönung der Platte ist links ein Totenkopf, in der Mitte ein Kleeblattkreuz und rechts eine Sanduhr angebracht. Das Bildfeld wird oben von einem Schriftfeld mit Rollwerkrahmung ausgefüllt. Über dem Schriftfeld beschließt ein Putto die Reliefdekoration zu dem das Bildfeld einfassenden Kranz.

Ein auf Leinwand gemaltes Epitaph hat sich – heute in zwei Teile zerlegt – auf der Burg Hochosterwitz erhalten (Kat.-Nr. 622). Das Epitaph wurde für Amalia von Thannhausen, geborene von Dachsberg, von ihren drei Töchtern Regina, Elisabeth und Catharina von Thannhausen gestiftet455. Ihr Ehemann war Paul Freiherr von Thannhausen, der am 8. Juli 1593 in Klagenfurt verstorben ist. Von den drei Töchtern war die vorerwähnte Regina mit zwei Khevenhüllern, nämlich mit Sigmund III. Freiherr von Khevenhüller (1558–1594) in erster Ehe und mit Bartelmä Freiherr von Khevenhüller (1539–1613) in zweiter Ehe verheiratet. Elisabeth von Thannhausen war in erster Ehe mit Konrad von Liechtenstein, in zweiter mit Adam von Hallegg vermählt und Catharina von Thannhausen mit Volkhard zu Egg und Hungerspach. Der Stammbaum zu den Nachkommen der Amalia von Dachsberg und des Paul Freiherr von Thannhausen war in Form eines gemalten Tafelbildes auf Leinen dem Epitaph als Mittelbild eingefügt, ist heute aber davon getrennt im Burgmuseum Hochosterwitz ausgestellt (Kat.-Nr. 623). Es wäre im Interesse des Gesamtkunstwerkes und auch der genealogisch-heraldischen Inhalte angebracht, beide Teile wieder zusammenzufügen und als Ganzes auszustellen.

450 Alois Kieslinger, Kärntner Steinätzungen (Buchreihe des Landesmuseums für Kärnten 19) Klagenfurt 1965, 48f., Abb. 16.
451 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 310f.
452 Ebenda 332f.
453 Friedrich W. Leitner, Zur Verwandtschaft des Gurker Fürstbischofs Christoph Andreas Spaur (1573–1603) in Kärnten, in: Rudolfinum, Jb. d. Landesmuseums f. Kärnten 2000, Klagenfurt 2001, 139–142, Abb. 1.
454 Vgl. dazu Ambros Eichhorn, Merkwürdige kärntnerische Dame (Anna Neumann, † als Gräfin Schwarzenberg 1623), in: Car. (1816) Nr. 18. – Hermann H., Kholnitz 73f. – Josef v. Bergmann, Anna Neumann von Wasserleonburg und ihre Gatten, in: Car. 51 (1861) 57–58, 66–67. – Konstantin Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750–1850 im Kaiserstaate und seinen Kronländern gelebt haben, 60 Bde., Wien 1856–1891, Bd. 22 288f. – Raab, Thannhausen 24 (Anm. 9). – Leopold v. Beckh-Widmanstetter L., Studien an den Grabsteinen alter Geschlechter der Steiermark und Kärntens, Berlin 1877–78, 96–128. – Heinrich Blank, Der Villacher Bürger Wilhelm Neumann als Kaufmann und Gewerke in Idria, in: Car. I 130 (1940) 353f. – Oswin Moro, Die „weiße Leber“, in: Car. I 131 (1941) 209f. – H. Kirchmayr, Anna Neumann von Wasserleonburg, in: Glaube und Heimat (Wien 1955) 54f. – Robert Baravalle, Burgen und Schlösser der Steiermark. Eine enzyklopädische Sammlung der steirischen Wehrbauten und Liegenschaften, die mit den verschiedensten Privilegien ausgestattet waren. Mit 100 Darstellungen nach Vischer aus dem „Schlösserbuch“ v. 1681, 2. überarb. Ausgabe Graz 1961, 493. – Wolfram Haller, Wilhelm Neumann, der größte Handelsherr der bambergischen Stadt Villach, und sein Erbe, in: Car. I 153 (1963) 442f. – Henckel, Burgen Bd. 1 95. – Ingeborg Rauber-Zimmer, Anna Neumann von Wasserleonburg und Murau und ihre sechs Ehen, in: Brücke 5/H.10 (1979) 149–154.
455 Leitner F., Gabrielus Bucelinus 692f.

Das Epitaph des Hans III. Raidhaupt zum Rosenperg (Kat.-Nr. 636), ursprünglich in oder bei der Stadtpfarrkirche in Straßburg, befindet sich heute im Lapidarium auf Schloss Straßburg und nimmt in seiner Art eine Sonderstellung in der Kärntner Grabmalplastik ein. Die auf den ersten Blick eher derb wirkende Zeichnung der Darstellung gibt bei näherem Betrachten Nuancen feingliedriger und detailgetreuer Arbeit wieder, wobei offensichtlich der vorhandene Steinblock die Aufteilung und Gliederung bestimmt hat. In die Bildmitte ist der Gekreuzigte gestellt, seitlich wird der in eine Kapellenarchitektur gestellte Christus flankiert links von den gerüsteten sechs männlichen und rechts den neun weiblichen Angehörigen in Beterreihen, in der Manier des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Zu erwähnen sind noch das Epitaph aus weißem Marmor des Leonhard (und Balthasar) Christallnigg im Schlosshof von Eberstein (Kat.-Nr. 645) und schließlich das Epitaph mit polychromiertem Holzaufbau und eingefügten Bildtafeln auf Leinwand der Judith von Kulmer zum Rosenpichl (Kat.-Nr. 685). Dieses Epitaph stammt aus dem Schloss Hohenstein und befindet sich zumindest seit 1877 in den Sammlungen des Landesmuseums Kärnten (damals Histor. Museum des Geschichts-Vereines)456. Der architektonische Aufbau des Epitaphs folgt dem Zeitstil zwischen Spätrenaissance und Frühbarock, mit einigen wenigen manieristischen Details. Der altarartige Aufbau besteht aus Holz und umschließt die beiden bildlichen Darstellungen. Die Sockelzone wird seitlich von je einer dorischen, kannelierten Säule begrenzt, deren unterer Teil mit schuppenartig übereinander gelegten, halbrunden Bögen verziert ist. Der untere Teil der Säulen beginnt mit einer eigenartigen verzierten Zone aus dunkel gebeiztem Holz über dem glatten hellen Säulenstumpf, während die gesamte Rückwandfläche des Epitaphs einen hellbeigen, marmorierten Anstrich aufweist. Der obere Abschluss des gesamten Architekturaufbaues schließt mit zwei verkragten Querleisten. Der bekrönende Aufsatz dieses Epitaphs ist leider nicht mehr erhalten. Er hat wohl vermutlich die Gedenkinschrift des Stifters für seine verstorbene Frau enthalten. Das Mittelbild aus Leinen wird beherrscht von einer renaissancezeitlichen Rundbogenarchitektur, die bezeichnenderweise den gleichen Stil zeigt, in der der Rahmenaufbau des Grabdenkmals gestaltet ist. Dargestellt sind Pfeiler auf einer Sockelzone mit gekragten Kapitellen, perspektivisch wie durch ein Fenster gesehen, auf dem hellen Hintergrund mit dem Kreuzestod Christi, den Maria Magdalena am Kreuzesstamm beweint. Bereichert wird die Architektur von den Darstellungen der an den Rand gedrängten vier Evangelisten vor den Pfeilersockeln bzw. der Kapitelle mit ihren Symbolen: links unten sitzt Lukas, gekleidet mit einem Barett und im Habitus der Protestantenzeit nach Albrecht Dürer, in der Hand eine Schrifttafel, auf der der Stifter des Epitaphs zugleich sichtlich auch als Maler ausgewiesen wird. Rechts unten ist Johannes mit dem Adler gemalt, wobei der Adler das Tintenfass in seinem Schnabel hält, oben links thront Matthäus und rechts Markus. Auf den Konsolen des Mittelteiles stehen zwei Frauengestalten, links symbolisierend den Glauben, rechts die Hoffnung. Die bildlichen Darstellungen treten hier aber ganz in den Hintergrund zugunsten einer Vielzahl von gemalten Inschriften mit zumeist alttestamentarischen Bibeltexten. Die predellaartige Sockelzone trägt das perspektivisch in den Raum gedrehte Familienbild auf Leinwand, mit dem aus dem Grab auferstandenen Christus in der Mitte, rechts von ihm der Stifter in voller Rüstung mit seinen sechs Söhnen (zwei davon ebenfalls in Rüstung), links davon seine verstorbene Frau mit den vier Töchtern, von denen die jüngste auch schon verstorben war. Interessant ist die bildliche Anordnung der Familie in zwei sich in den Raum hinein verjüngenden Gruppen, auf mit Posamentierschnüren verzierten schwarzen Samtpölstern kniend, wobei die Jüngsten und Kleinsten im Hintergrund aufscheinen.

Dazu kommt ein monumentales Grabdenkmal, das lange als teilweise verloren galt und erst kürzlich wieder in seiner ursprünglichen Form zusammengesetzt werden konnte. Es handelt sich um ein ursprünglich über 3 m hohes Denkmal in der Stadtpfarrkirche zu Friesach. In der Mitte steht ein lebensgroßes Ritterstandbild in einer Nischenarchitektur. Das Grabdenkmal ist Georg Schafmann von Hemerles gewidmet (Kat.-Nr. 469), der 1572 gestorben ist. Er war salzburgischer Hofmeister, dann durch 28 Jahre salzburgischer Rat, seit 1544 auch Vizedom in Friesach457. In Verbindung mit der Ahnentafel am Grabdenkmal und der genealogischen Literatur458 ergibt sich, dass er mit Agnes, der Tochter des Hans Münch von Münchhausen und der Regina Hofer von Urfahr verheiratet war. Die Mutter war wiederum eine Tochter des Wolf Hofer zu Urfahr und einer Lang von Wellenburg. Damit schließt sich der Kreis auch womöglich im beruflichen Umfeld, da Georg Schafmann in Diensten des Salzburger Erzbischofs Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg (1519–1540) gestanden sein wird. Jeremias Franck, der Künstler dieses Grabdenkmals, war Bildhauer in Graz459.

Ein zweites ebenfalls sehr repräsentatives Grabdenkmal wurde von Martin Pacobello in Gurk für den Gurker Dompropst und Weihbischof Karl von Grimming (Kat.-Nr. 634) angefertigt. Grimming wurde 1570 zum Gurker Dompropst erwählt und von Bischof Urban Sagstetter (1556–1573) in seinem Amt konfirmiert460. Papst Clemens VIII. ernannte ihn am 23. November 1592 zum „Bischof von Germanica“ und Suffragan (Weihbischof) von Gurk461. Grimming war Landstand in Kärnten und in dieser Funktion am politischen Geschehen seiner Zeit mitbestimmend462. Als wichtige zeitgenössische Quelle gilt sein Tagebuch aus den Jahren von 1570 bis 1605463. Sein Grabdenkmal befindet sich innen am ersten Pfeiler des südseitigen Mittelschiffes im Gurker Dom. Im Mittelfeld steht aus weißem Marmor vor schwarzem Hintergrund die lebensgroße Frontalfigur des infulierten Dompropstes und Weihbischofs im prächtigen Ornat, mit Mitra, Inful und dem Pedum in der linken Hand. Das Gesicht ist ausdrucksvoll, die Mitra reichlich mit Edelsteinen besetzt, die Hände tragen bestickte Handschuhe, die Finger werden von Ringen geschmückt. Die Pontifikalgewänder sind reich ornamentiert. Die Standfigur des Verstorbenen, in den Proportionen nicht besonders gut gelungen und von einem „übertriebenen Naturalismus“464 gekennzeichnet, ist in eine flache Nische mit kleeblattförmigem Abschluss gestellt, der Hintergrund ist schwarz bemalt. Die architektonische Umrahmung zeigt einen mehrfach gegliederten, durch verschiedene Marmorarten dekorierten Aufbau. Eine reiche und bestimmende Bautätigkeit dokumentiert seine Arbeit als Gurker Dompropst. Die am Grabdenkmal wiedergegebene heraldische Ahnenreihe ist für dessen genealogische Zuordnung höchst interessant465. Karl von Grimming ist 1611 in Gurk gestorben und erhielt – wie erwähnt – zwei Grabdenkmäler: Eine einfache Wappengrabplatte aus dem Jahre 1611 und ein seiner Bedeutung und Würde entsprechendes Grabdenkmal. Dieses wurde wohl kurz nach seinem Tode von seinem Amtsnachfolger Propst Mathias von Staudach (1611–1617) bei dem Klagenfurter Bürger und Bildhauer Martin Pacobello466 in Auftrag gegeben. Die Architektur des Grabdenkmals ist durchaus gut gelungen, bescheidener ist die Darstellung des Propstes, was auf andere Hände in der Werkstatt des bekannten Bildhauers Martin Pacobello hindeuten könnte. Ein frühes Beispiel hat sich aber auch in Ritztechnik erhalten.

456 Anton v. Gallenstein, Führer im historischen Museum des kärntnerischen Geschichts-Vereines, Klagenfurt 1877, 57. – Das Landesmuseum für Kärnten und seine Sammlungen, 2. erw. Aufl., Klagenfurt 1987, 114f.
457 Beckh-Widmanstetter L., Grabsteine Friesach 1882, 51.
458 Ebenda. – Johann v. Hönisch, Komthure, Ritter- und Priesterbrüder der Deutschen Ordens-Kommende zu Friesach, in: Car. 63 (1873) 155–161, bes. 149f.
459 Thieme/Becker, Lexikon Bd. 12 350.
460 Schroll, Dompröste 34. – Schnerich, Dom zu Gurk 63. – Löw, Domführer 59f. – Hartwagner, Dom zu Gurk, 178 (Bilderläuterungen).
461 Schroll, Dompröste 34. – Obersteiner, Tagebuch 1949, 372.
462 Alfred Ogris, Kärntner Landtag, Landhaus und Vierbergelauf im 16. Jahrhundert, in: Car. I 177 (1987) 253–271, bes. 253f.
463 KA Klagenfurt, Lade 112, Fasz. 4. – Obersteiner, Tagebuch 1948, 136–149; 1949, 363–373; 1952, 337–345. – Ogris, Kärntner Landtag 254f.
464 Ginhart/Grimschitz, Gurk 127. – Schroll, Dompröste 34.
465 Neckheim, Martin Pacobello 607.
466 Beckh-Widmanstetter L., Studien Grabsteine 122. – Josef Wastler, Nachrichten über Gegenstände der bildenden Kunst in Steiermark. XXVI. Die Bildhauer Philibert und Martin Pocabello, in: Mitt. d. hist. Ver. f. Steiermark 39 (1891) 253–257. – August v. Jaksch, Die Klagenfurter Stadterweiterung und die Erbauung des Landhauses im 16. Jahrhundert, in: Car. I 97 (1907) 41–90, bes. 89. – Neckheim, Grabmalplastik 1940, 217f. – Neckheim, Martin Pacobello 594f.

In Fortführung der Grabdenkmäler sind zwei Gruftplatten zu nennen (Kat.-Nrr. 160, 754), weiters zwei Grabdenkmale, die nicht mehr eindeutig zu bestimmen sind und daher mit diesem Sammelbegriff bezeichnet werden. Sie sind nur mehr kopial bekannt (Kat.-Nrr. 378†, 535†).

Von den genannten Epitaphien verzeichnen zwei (Kat.-Nrr. 622, 685) starke Affinitäten zur reformatorischen Kunst und auch Sprache dieser Zeit. Alttestamentarische Bibelstellen weisen auf die protestantischen Vorgaben hin, lateinische Texte besonders bei Geistlichen lassen an das gelehrte Renaissanceschulwesen denken. Hierher gehört u. a. die Grabplatte des Christoph Pickel (Kat.-Nr. 361), das Epitaph des Christoph Galler (Kat.-Nr. 381), die Wappengrabplatte des Augustinus Schwartzenperger (Kat.-Nr. 392), das Epitaph des Georg Vischl (Kat.-Nr. 413), die Wappengrabplatte des Adrian von Hornberg (Kat.-Nr. 458), das Epitaph des Johann Agricola (Kat.-Nr. 504), die Figurale Grabplatte des Christian Spiritus (Kat.-Nr. 466), die Wappengrabplatte des Cyprianus Lyresius (Kat.-Nr. 572).

Eine besondere Gruppe von Grabdenkmälern sind die Totenschilde wie vor allem diejenigen von Mitgliedern geistlicher Ritter-Orden. Nicht erhalten hat sich ein Totenschild, welcher offensichtlich für Balthasar I. Thannhausen in der Dominikuskapelle (ehemals Thannhausenkapelle) der Dominikaner­kirche St. Nikolaus in Friesach vorhanden war (Kat.-Nr. 258†). Es war bei der Grablege üblich, neben dem Grabdenkmal auch einen hölzernen und bemalten Totenschild beizugeben. Die kopiale Überlieferung verdanken wir Leopold Freiherr von Stadl467, wobei zu sagen ist, dass hier die Angaben mit großer Vorsicht wiederzugeben sind. Der Tradition, Verstorbene durch Totenschilde zu ehren, sind auch die Thannhausen gefolgt, wie es der Totenschild des Konrad I. von Thannhausen, des Vaters des Balthasar I., in der Pfarrkirche von Mariapfarr im Lungau, der dort über der Wappengrabplatte des verstorbenen Ritters angebracht war, belegt. Der Totenschild des Ruprecht Jochner zu Pregrad aus dem Jahre 1569 in der Pfarrkirche St. Aemilian in Altenmarkt (Kat.-Nr. 461†) hat sich nicht erhalten, wohl aber – wenn auch außerhalb des Bearbeitungsgebiets – der Totenschild des Christoph Khevenhüller von 1557 im Museum der Stadt Villach, der Totenschild des letzten Herrn von Kholnitz, Leonhard Freiherr von Kholnitz, der 1587 gestorben ist und in der Pfarrkirche St. Martin im Granitztal begraben liegt. Ein früher Totenschild stammt von Ulrich Peuscher von Leonstein aus dem Jahre 1530 und ist in der Pfarrkirche und ehemaligen Stiftskirche zu Maria Wörth erhalten geblieben. In Friesach selbst ist in der Deutschordenskirche der Totenschild des Hans Georg von Basseyo zu Praunsperg aus dem Jahre 1625 (Kat.-Nr. 668) noch vorhanden. Der hochovale Schild ist rollwerkartig gerahmt und wird oben von einem geflügelten Putto bekrönt. Zwischen dem dekorativen Außenrahmen und der Wappentafel in der Mitte ist eine umlaufende Beschriftung eingefügt.

467 Stadl, Ehrenspiegel IV fol. 632, 640. – Leitner F., Gabrielus Bucelinus 671f.

6.2. Gedenk- und Stifterinschriften

Neben der Sepulkralplastik liefern auch die Gedenk- und Stifterinschriften wertvolle Hinweise. Hierher gehört einmal der Gedenkstein des Gurker Bischofs Walther von Vatz (1200–1213) in der Stadtmauer von Straßburg, neben dem ehemaligen westseitigen Stadttor (Kat.-Nr. 8). Das Nischenbrustbild des Bischofs wurde schon von K. Ginhart468 in die Nähe römischer Porträtmedaillons gestellt. Es stammt vermutlich wohl vom bischöflichen Residenzschloss Straßburg469. Der Gedenkinschriftstein eines Erchengerus (Kat.-Nr. 24) an der Außenfassade des Gurker Domes wurde erstmals von Camillo Sitte470 publiziert. Walter Koch471 hat ihn erstmals richtig ediert und zeitlich zugeordnet. Von Koch stammt auch der Hinweis auf einen Zeugen namens Erchengerus in einer Urkunde vom 25. Juli 1292472.

Auch die schönen Wappensteine des Konrad III. von Aufenstein, Kärntner Landeshauptmann (1294–1335) und herzoglicher Marschall in Kärnten473 und seiner Ehefrau Dietmut von Pettau474 auf Schloß Karlsberg (Kat.-Nr. 31) und in der Klosterkirche in St. Veit an der Glan (Kat.-Nrr. 33, 34) sind hier zu erwähnen. Propst Gottfried Spikler (ca. 1441–1459)475 hat im Zuge des Umbaues der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Straßburg unter den Bischöfen Johann V. Schallermann (1433–1453) und Ulrich III. Sonnenberger (1453–1469) im Jahre 1454 eine Kapelle gestiftet. Die ihr gewidmete Gedenkinschrift (Kat.-Nr. 131) ist damit gleichermaßen auch als Bauinschrift zu sehen. Ein Wappenstein am Haus Nr. 12 in Friesach berichtet uns vom Bauherrn Lorenz Twenger (Kat.-Nr. 149), wobei anstelle des Wappens ein Hauszeichen in den Schild eingefügt ist. Eine mit schwarzer Farbe geschriebene Nachricht in der Pfarrkirche Hochfeistritz, die heute nicht mehr vorhanden ist, berichtet uns von einem Maler Pangraz Kreuzer, der auch Bürger zu Völkermarkt war (Kat.-Nr. 152†). Ein Wappenstein (Kat.-Nr. 218) erinnert an die Bautätigkeit des Dr. Kolomann Brunmeister, Propst der Kollegiatkirche Virgilienberg zu Friesach (vgl. dazu Kat.-Nr. 300). Er hat 1506 als Pfarrer zu St. Paul am Krappfeld – diese Pfarre war dem Kollegiatkapitel in Friesach inkorporiert – den Pfarrhof neu errichten lassen476. Ein weiterer Wappenstein befindet sich heute über dem Südportal des Schlosses Tanzenberg und stammt ursprünglich vom Schloss Gmünd: Darauf hat sich der Bauherr und Mäzen Leonhard von Keutschach, Erzbischof von Salzburg, verewigt (Kat.-Nr. 239). Dazu gehört auch ein kleiner Wappenstein am Meiereihof des Gutes Taggenbrunn, ebenfalls vom vorgenannten Salzburger Erzbischof (Kat.-Nr. 213).

Eher unscheinbar wirkt eine inhaltlich und sprachlich interessante Gedenkinschrift des Gurker Dompropstes Wilhelm Welzer von Eberstein im Dom innen an der Ostseite des zweiten nördlichen Seitenschiffpfeilers (Kat.-Nr. 247). Diese Inschrift füllt die ganze Pfeilerbreite aus und hat sich in erweiterter Form auch auf einem Pergamentblatt477 erhalten. Darüber hinaus ist sie teilweise identisch mit der Grabinschrift (Kat.-Nr. 264) des Propstes478.

Vom Gurker Bischof Antonius Salamanca-Hoyos (1526–1551, vgl. Kat.-Nr. 370)479 hat sich auf Schloss Pöckstein in Zwischenwässern ein Wappenstein erhalten, der inhaltlich mit dessen „Rückkehr“ in das Gurker Bistum um 1533 im Wesentlichen zusammenhängt (Kat.-Nr. 339).

Ein Tafelbild in der Manier eines Epitaphs erinnert im Deutschordenshaus in Friesach als Gedächtnisdenkmal an Gabriel Kreuzer, der 1535480 Ritter des Deutschen Ordens (in Friesach?) wurde, dann ab 1531/32 Hauskomtur in Wiener Neustadt481, 1535 auch von Wien, seit 1542 Statthalter der Ballei Österreich482 war (Kat.-Nr. 372).

Ein Wappenstein berichtet vom Baufortschritt auf Schloss Frauenstein unter Christoph IX. Welzer von Eberstein und seiner Frau Anna Thurzo von Bethlenfalva (Kat.-Nr. 414), ein weiterer bezieht sich auf den Ausbau des Schlosses Lavant in Friesach unter Martin Herkules Rettinger von Wispach, der von 1555/1556 bis zu seinem Tode 1570 Bischof von Lavant483 war (Kat.-Nr. 435). Auch der renaissancezeitliche Ausbau des Schlosses Weyer in St. Veit an der Glan ist durch einen Gedenkstein bzw. Wappenstein über dem Portal des Schlosses ausgewiesen (Kat.-Nr. 539). Eine Gedenkinschrift auf weißem Marmor im Innenhof des Schlosses Eberstein bringt in Distichon bzw. deutschem Reimvers in lateinischer und deutscher Sprache den Spruch (Kat.-Nr. 584): ORPHANVS HVIC ARCI NOMEN DEDIT, O DEVS ALME / VT PATER ILLI ES; SIC HANC TVEARE DOMVM bzw. Vom Waisen hat sein Nam(en) diß Schloß, O Gott von wunderthatten Groß, / Wie du der Waisen Vatter Bist : / So bhuet diß Hauß Zu Jeder Frist : Ein heute nicht mehr vorhandener Wappenstein bezog sich auf die Bauherren des Schlosses Dornhof bei St. Veit an der Glan (Kat.-Nr. 652†). Über den Um- und Ausbau des Ordenshauses des Deutschen Ordens in Friesach berichten zwei Gedenkinschriften auf Wappensteinen (Kat.-Nrr. 638, 667). An Judith von Staudach, verheiratete Kulmer, erinnert an der Ostwand der Schlosskapelle auf Schloss Hohenstein eine Gedenkinschrift, möglicherweise ein Fragment eines nicht mehr vorhandenen Grabdenkmals (Kat.-Nr. 684).

Von den zahlreichen Gedenkinschriften auf der Burg Hochosterwitz sei hier als Beispiel nur der Wappenstein des so genannten Landschaftstores mit dem Kärntner Landeswappen herausgegriffen, der in renaissancezeitlicher Gestaltung und Beschriftung das Bauschaffen des Burgherren Georg II. Khevenhüller (1534–1587) dokumentiert (Kat.-Nr. 467). Dazu gehören u.a. auch die Kat.-Nrr. 480, 482, 484, 492, 511, 519, 521, 522, 530 und die auf Schloss Niederosterwitz (Kat.-Nr. 595).

Unter dem Begriff „Gedenkinschrift“ im weitesten Sinne sind auch Beschriftungen bei Gemälden und Bildnissen (Kat.-Nrr. 260, 298, 299, 379, 395, 396, 397, 398, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 462, 565, 583, 601†, 605†, 624, 650, 658†, 679, 700†) zu verstehen, aber auch Tapisserien, die mit genealogischen und heraldischen Angaben zum Gedächtnis einer Familie beitragen (Kat.-Nrr. 470, 471, 472).

468 Ginhart/Grimschitz, Gurk 51. – Auch Alfred Schnerich, Neue Beiträge zur mittelalterlichen Baugeschichte im Sprengel der Salzburger Metropole, in: MZK NF 16 (1890) 128–130, 177–183, bes. 178. – Bruno Grimschitz, Die Entstehungszeit der Freskenfolge in der Vorhalle des Domes zu Gurk, in: Car. I 107 (1917) 5–6, 150–155, bes. 151.
469 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 70.
470 Camillo Sitte, Über die Erhaltung des Gurker Domes und dessen Malereien, in: MZK NF 18 (1892) 53–56, 75–80, bes. 80.
471 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 121 (Anm. 14).
472 MC VI Nr. 227.
473 Webernig, Landeshauptmannschaft 13f. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 1 362f.
474 Webernig, Landeshauptmannschaft 13f. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 1 362f.
475 KA Straßburg: in den dort vorhandenen Urk. von 1445 (Nr. 122, 1445 XII 8) bis 1459 (Nr. 146, 1459 VII 12) als Propst nachweisbar. – MC XI Nr. 187 (1441 VI 27). – Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 227 (Anm. 98), 228.
476 Friedrich W. Leitner, Mitteilungen zu Inschriftendenkmälern in Kärnten I: Der erste Wirt von Hirt. – Von der Tücke der Inschriften, in: Car. I 193 (2003) 679–680.
477 KA Klagenfurt, Lade 72 des Spiritualarchives, Pergamentblatt, beidseitig handschriftlich beschrieben und auf der Rückseite mit kolorierten Wappenzeichnungen geschmückt (61 x 40,3 cm).
478 Schroll, Dompröste 16. – Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 70f.
479 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 297f.
480 Axel Herrmann, Der Deutsche Orden unter Walter von Cronberg. Zur Politik und Struktur des Teutschen Adels Spitale im Refomationszeitalter (1525–1543). (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 35) Bonn-Bad Godesberg 1974, 264: 1535 Aufnahme, danach Hkt. v. Wiener Neustadt, 1540 II 23 Koadjutor v. Österreich (Verschreibung), 1542 II 4 Statthalter (Ernennung), 1568 XII 1 † in Wien, unter Ferdinand I. seit 1541 Statthalter in der niederösterreichischen Regierung, unter Maximilian II. Hofrat. – Deutsch-Ordens Zentralarchiv (= DOZA) Wien, Abt. Ballei Österreich, 380/16.
481 Erika Schön, Die Geschichte des Deutschritterordens in Wiener Neustadt, (ungedr.) phil. Diss. Wien 1963, 33f. – DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 195.
482 Franz Karl Wiszgrill, Schauplatz des landsässigen Nieder=Oesterreichischen Adels vom Herren= und Ritterstande von dem XI. Jahrhundert an bis auf jetzige Zeiten, 5 Bde., Wien 1794–1824, Bd. 2 168. – J. Siebmachers grosses und allgemeines Wappenbuch Bd. 4, 4. Abt., Der Niederösterreichische Landständische Adel, 1. Teil: A-R, bearb. von Johann Kirnbauer von Erzstätt, Nürnberg 1909, Nachdruck Bd. 26,1: Die Wappen des Adels in Niederösterreich, Teil 1 A-R, Neustadt a. d. Aisch 1983, 59. – DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 195.
483 Tangl, Bischöfe von Lavant 223f.

6.3. Inschriften an Gebäuden

Eine interessante Gruppe von Inschriften findet sich an verschiedenen Gebäuden und Bauten: Kirchen, Burgen, Schlösser, Patrizier- und Bürgerhäuser, aber auch Montanbauten (Urtlgraben), Bauernhäuser und Wegkreuze wurden manchmal mit Inschriften ausgezeichnet, um auf eine „Stiftung“ hinzuweisen oder eine Bauinformation wiederzugeben. Zumeist handelt es sich dabei um Stiftungen von Personen, so dass wir hier auch von Stifterinschriften sprechen können. Die Grenze zwischen „Stifterinschrift“ und „Bauinschrift“ ist nur schwer zu ziehen und es werden daher beide Inschriftenträger in einem Kapitel zusammengefasst.

Die mittelalterlichen Bauinschriften sind ausschließlich auf Kirchenbauten zu finden, so etwa jene viel beachtete Beschriftung eines Quadersteines auf der Südseite des Gurker Domes aus der Zeit nach der Mitte des 12. Jahrhunderts484, die wohl einen von auswärts gekommenen Meister Guido (Wido) nennt (Kat.-Nr. 4). Die Bau- und Stifterinschriften werden in der äußeren Gestalt dem jeweiligen Bauwerk angeglichen und bestehen zumeist aus Stein- oder Marmorplatten, die dann nachträglich in das Bauwerk an einem eigens dafür freigelassenen Platz eingefügt wurden. Besonders signifikant sind hier die vielen Bau- und Gedenkinschriften, die den neuzeitlichen Ausbau der Burg Hochosterwitz dokumentieren. Sie dienten nicht nur zur Dekoration der Tore und der Burganlage, sondern sind vor allem Ausdruck der reformatorischen Gesinnung des adeligen Bauherren. Georg II. Khevenhüller (1534–1587), Kärntner Landeshauptmann von 1565 bis 1587, ein Neffe des Landeshauptmannes Christoph Khevenhüller (1503–1557), der 1541 die Burg Hochosterwitz für seine Familie erblich erworben hat, ließ diese in den Jahren von 1570/71 bis 1583 im Sinne des manieristischen Kunstwollens der Zeit befestigen und mit reichem Torschmuck ausstatten. An den 14 Torbauten haben sich zahlreiche Bau- und Stifterinschriften erhalten, durch beigefügte Bibelsprüche schon stark dem Geist der Reformation verpflichtet. Kunsthistorisch war ein Tor schöner als das andere gestaltet und diese wurden später mit eigenen Namen gekennzeichnet. Die älteste Bauinschrift trägt das Landschaftstor aus dem Jahre 1570 (Kat.-Nr. 467), es folgt eine Gedenkinschrift in weißem Marmor an der nordwestlichen Außenmauer der Burganlage nach dem Kulmertor von 1575 (Kat.-Nr. 482), eine Gedenkinschrift in weißem Marmor über der rechteckigen Portalfassung des so genannten Mauertores von 1575 (Kat.-Nr. 484), eine Stifterinschrift in weißem Marmor über dem Portal des so genannten Waffentores aus dem Jahre 1576 (Kat.-Nr. 490), eine Stifterinschrift in weißem Marmor über der rechteckigen Portalfassung des so genannten Kulmertores von 1576 (Kat.-Nr. 491), eine Gedenkinschrift in weißem Marmor an der nordwestlichen Außenmauer der Burganlage nach dem Kulmertor von 1576 (Kat.-Nr. 492). Zeitlich folgt das „Steinerne Testament“ des Bauherrn der Burg Hochosterwitz, welches in dieser Form einmalig ist: Georg II. Freiherr von Khevenhüller485 war Freiherr auf Landskron und Wernberg, Erbherr auf Hochosterwitz, erblicher oberster Stallmeister in Kärnten, Rat von Erzherzog Karl von Österreich, geheimer Sekretär und Kämmerer, Obersthofmeister, Landeshauptmann von Kärnten von 1565 bis 1587486 und Hauptmann der Grafschaft Pisino. Zusammen mit seinen Vettern Bartelmä und Hans Khevenhüller erhielt er 1566 von Kaiser Maximilian II. den erblichen Freiherrenstand verliehen487, auch der Titel eines „Obristerb­stallmeisters“ von Kärnten wurde ihm erblich zuerkannt488. Er galt als „eine der markantesten Persönlichkeiten des Kärntner Adels im 16. Jahrhundert“ 489: mit 23 Jahren war er bereits Landesverweser490, mit 31 Jahren Landeshauptmann. Er ist am 9. September 1587 in Klagenfurt gestorben und erhielt in der Stadtpfarrkirche St. Jakob in Villach seine Grablege491. Das „Testament“ von 1576 ist als Stifterinschrift auf weißem Marmor im westseitigen Arkadengang des Burghofes, zwischen den ersten beiden östlichen Pfeilern, in der Wand eingefügt und nimmt auf den Bau, die Baugeschichte und die Familie ebenso Bezug wie auf die Besitzungen und Ämter der Khevenhüller (Kat.-Nr. 493). Die Inschriften an den Toranlagen setzen sich 1577 fort, zunächst am Schlussstein des Wächtertores, der von einem Christuskopf, darüber ein geflügelter Engelskopf, geschmückt wird (Kat.-Nr. 499); es folgt der Schlussstein des Engelstores, benannt nach dem Engel mit Kreuz auf dem Schlussstein, der unter der Konsole eine Jahreszahl und an den Torflügeln Engelsköpfe zeigt (Kat.-Nr. 500); nicht gesichert ist die Stifterinschrift aus dem Jahre 1578 über dem Torbogen des so genannten Manntores. Durch das Fehlen der im Text angesprochenen Reliefdarstellung erscheint die Zuordnung der Inschrift zu diesem Tor nicht einwandfrei sicher (Kat.-Nr. 505). Die Stifterinschrift über dem Portal des so genannten Kirchentores stammt aus dem Jahre 1578, der Text der Psalmstelle entspricht dem gängigen Vulgatawortlaut und wurde von J. B. Bauer492 textkritisch bearbeitet (Kat.-Nr. 506). Über dem Eingang zu den ehemaligen Nonnenzimmern der Burg hat sich eine weitere Gedenkinschrift von 1579 erhalten, die als Textstelle dem Oratio pro pace des Missale Romanum entspricht493 und nach J. B. Bauer494 auf Sir 50,25 und 2 Esra 4,20 zurückgeht (Kat.-Nr. 511). Eine weitere Gedenkinschrift an der nordwestlichen Außenmauer der Burganlage, neben dem Eingang zu den Räumlichkeiten des 14. Burgtores, fällt in die Zeit um 1580 (Kat.-Nr. 519) und entspricht der Bibelstelle Röm 13,2–5. In die gleiche Zeit passt die Beschriftung des Reliefsteins über der rechteckigen Portalfassung des so genannten Reisertores, der in ursprünglicher Verwendung wohl als Basis eines Pilasters gedient hat und im kreisrunden Bildfeld unten eine geflügelte Sanduhr zeigt, bekrönt von einer Waage (Kat.-Nr. 520). Auch die Gedenkinschrift über der rechteckigen Portalfassung des so genannten Brückentores gibt neuerlich eine Bibelstelle (Psalmvers, Ps 56 (58),2f.) in der geläufigen Vulgataform495 wieder. Auch das Fähnrichtor, benannt nach den fahnenschwingenden Landsknechten, die an der Außenseite aufgemalt sind, trägt eine Stifterinschrift (1575/80) auf dem Schlussstein, der das Jesuskind mit Fahne und das Lamm zeigt, darüber das Jesus-Monogramm. Über dem Portal findet sich auch eine Reliefplatte: im vertieften Feld ist ein Wappenstein mit dem Wappen der Khevenhüller eingefügt, als Schildhalter fungieren zwei Engel (Kat.-Nr. 485). Das Khevenhüllertor trägt auf dem Schlussstein ebenfalls eine Stifterinschrift von 1580/82, mit dem Wappen der Khevenhüller, unter der Schrifttafel ist in Siegelform eine Löwenmaske angehängt. Über der rechteckigen Torumrahmung aus grünem Schiefer ist in der Nische der Portalbekrönung die gerüstete halbe Relieffigur des Bauherrn eingestellt (Kat.-Nr. 513). Als letztes Tor in zeitlicher Hinsicht scheint das Nautor errichtet worden zu sein, ausgestattet mit einer Gedenkinschrift aus dem Jahre 1583 (Kat.-Nr. 530).

484 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 121f. Abb. 2. – Vgl. auch Albert Ilg, Kunsttopographische Reisenotizen aus Kärnten, in: MZK NF 5 (1879) XXXVI, hier steht NA(VARE), bei Ankershofen, in: AGT 13 (Klagenfurt 1876) 27 NA(atione ?). – Schnerich vertritt die Meinung, daß nach WIDO eine Kluft sei und kein I, vgl. MZK XVI (1890) 180, Anm. 1 (1. Spalte). – Schnerich, Dom zu Gurk 52, ergänzte NA[vare ?] und übersetzte: „Hier begann der verbannte Wido den gegenwärtigen Bau zu [betreiben]“. Diesem folgt wohl Erwin Steindl, Lateinische Inschriften von Kärnten, Klagenfurt 1976, 155 mit der Is. HIC EXVL WIDO I (A)PSENS C(O)EPIT OPVS NA(VARE), mit der Übersetzung: „Hier, fern der Heimat, begann Guido I. sein Werk zu vollbringen“.
485 Bernhard Czerwenka, Die Khevenhüller. Geschichte des Geschlechtes mit besonderer Berücksichtigung des XVII. Jahrhunderts, Wien 1867, 48f. – Alfred Schnerich, Das Denkmal Georg von Khevenhüllers in Hochosterwitz, in: Jb. d. kh. Inst. d. kh. ZK f. Denkmalpflege 10 (1916) Sp. 129–136. – Georg Khevenhüller- Metsch, Die Burg Hochosterwitz in Kärnten und ihre Geschichte, Klagenfurt 1961, 26f., 60. – Georg Khevenhüller-Metsch / Karl Ginhart, Die Burg Hochosterwitz in Kärnten, Klagenfurt 1939, 20f.
486 Dinklage, Kärnten um 1620 229–230, Stammtafel I, IV. – Webernig, Landeshauptmann 21f.
487 Probszt, Studien zum Kärntner Münz- und Geldwesen 139.
488 Khevenhüller-Metsch, Burg Hochosterwitz 1961, 173.
489 Leonie v. Wilckens, Die Familien-Gobelins des Georg Khevenhüller, in: 900 Jahre Villach. Neue Beiträge zur Stadtgeschichte, Villach 1960, 115–122, bes. 115. – Webernig, Der Landeshauptmann 21.
490 Wutte, Wappen 125.
491 Das Epitaph stammt von Ulrich Vogelsang. Vgl. dazu Hornung, Inschriften 56f., Nr. 58, 125f., Nr. 142.
492 Johann B. Bauer, Von den Tücken der Inschriften oder De titulis obscuris et ambiguis, in: Ianus. Informationen zum Altsprachlichen Unterricht 17 (1996) 30–37, bes. 35.
493 Albert Blaise, Le Vocabulaire Latin des principaux thèmes liturgiques, Turnhout 1966, 178 Nr. 65.
494 Bauer J., Tücken der Inschriften 36.
495 Ebenda 35.

Das auf Hochosterwitz vorhandene „Kulmertor“ erinnert an den landesfürstlichen Burggrafen und Pfleger auf Hochosterwitz Georg Kulmer zum Rosenpichl (1542–1567, vgl. Kat.-Nr. 489)496, der auch für die Baugeschichte des Schlosses Hohenstein im Glantal wesentlich verantwortlich war. Eine Stifterinschrift auf einem Wappenstein (Kat.-Nr. 743) außen über der Toranlage des Schlosses unter einem renaissancezeitlichen Doppelfenster berichtet davon: Das Schloss Hohenstein wurde 1537 von Hermann Kulmer zum Rosenpichl, Besitzer von Rosenpichl, auf einem Felskogel erbaut497. Er erhielt am 15. September 1538 von Ferdinand I. die Erlaubnis, sich in der Nähe von Gut Rosenpichl einen Edelmannssitz zu errichten, nämlich das Schloss Hohenstein. Sein Enkelsohn Balthasar, Sohn von Georg Kulmer zum Rosenpichl und Margarethe von Pain, hat dann, wie die Bauinschrift aussagt, Verbesserungen und weitere Ausbauten vorgenommen. 1647 hat schließlich Christoph Andreas Kulmer zum Rosenpichl den frühneuzeitlichen Umbau des Schlosses abgeschlossen.

Ein Wappenstein aus dem Jahre 1519 beschreibt die Baugeschichte des Schlosses Frauenstein (Kat.-Nr. 270). Christoph V. Welzer von Eberstein hat um 1499 Agnes Färber von Frauenstein geheiratet498. Der Umbau der Feste Frauenstein, bis dahin wohl eine Art befestigte Wasserburg, in ein Renaissanceschloss begann 1519 und dauerte zumindest bis 1521499.

Eine erst vor wenigen Jahren freigelegte Bauinschrift hat sich in der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt in Pulst aus dem Jahre 1506 erhalten: hier wird erstmals auch ein bis dahin unbekannter Baumeister genannt (vgl. Kat.-Nr. 219)500. Ein weiterer Baumeister wird in der Filialkirche in Straganz aus dem Jahre 1598 erwähnt (Kat.-Nr. 591). Auch die Stiftung der ehemaligen Pfarrkirche St. Michael in Treffling, heute Filialkirche, ist durch die Nennung des Pfarrherren und der Zechleute gut dokumentiert (vgl. Kat.-Nr. 649). Die heutige Kirche stammt aus der Zeit um 1435, demnach kann sich die Stifterinschrift wohl nur auf Um- und Zubauten des frühen 17. Jahrhunderts beziehen, sehr wahrscheinlich auf die um diese Zeit entstandene Sängerchorbrüstung501. Auch die Bauinschrift auf dem geraden Türsturz des Westportales der Pfarrkirche und Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau in Hochfeistritz (Kat.-Nr. 656) bezieht sich nur auf Umbauten an der Westseite der Kirche502, wogegen hier die Bauinschrift von 1446 tatsächlich auf den spätmittelalterlichen Kirchenbau Bezug nimmt (Kat.-Nr. 110).

Künstlerisch aufwendiger gestaltet sind Bau- und Stifterinschriften auf Wappensteinen, so etwa die Stifterinschrift auf einem Wappenstein aus weißem Marmor über dem südseitigen Eingang in das Kastengebäude auf Schloss Straßburg aus dem Jahre 1583. Der Gurker Fürstbischof Christoph Andreas Freiherr von Spaur (1573–1603)503 hat im Jahre 1583 auf Schloss Straßburg den Bau des großen Kastengebäudes504 beim italienischen Baumeister aus Gandria am Luganersee, Giovanni Antonio Verda, in Auftrag gegeben. Diese palastartig gehaltene Architektur beinhaltet im Untergeschoß in einer Säulenhalle die ehemaligen Stallungen, darüber befand sich der Schüttboden, den Abschluss bildete ein hoher Saal mit einer eigenen „großen Fensterordnung“505, der durch einen Loggia-Verbindungsgang vom Hauptgebäude des Schlosses zugänglich gemacht wurde (Kat.-Nr. 532). Eine weitere Nachricht zu einem Bauvorhaben hat sich im Deutschordensspital in Friesach erhalten. Hier hat Gottfried von Schrattenbach, Freiherr auf Heggenberg und Osterwitz etc., Kämmerer der Erzherzoge Ferdinand und Leopold von Österreich etc., Ritter des Deutschen Ordens und Komtur zu Friesach, den heutigen Zentralbau 1614 bzw. 1625 auf eigene Kosten errichten lassen (Kat.-Nrr. 638, 667). Zwei Wappensteine belegen diese Bautätigkeit. Gottfried von Schrattenbach war Kämmerer der Erzherzoge Ferdinand und Leopold, schließlich seit etwa 1606 Ritter des Deutschen Ordens und Komtur zu Friesach. 1611 wurde er in den Kärntner Verordnetenausschuss aufgenommen, nicht als Komtur des Deutschen Ritterordens zu Friesach und als Prälat, sondern als Kärntner Landsmann506. Später wurde er Administrator der österreichischen Ballei507, Erblandfürschneider im Herzogtum Krain und Rat des Erzherzogs Leopold.

Mehrere Stifterinschriften betreffen auch den Gurker Dom. Die erste bezieht sich auf den 1468 unter Propst Lorenz III. von Freiberg (1459–1487) begonnenen Neubau eines Propsthofes508 (vgl. Kat.-Nr. 170), nördlich von der bestehenden Anlage. Dieser Neubau war bei den Türkeneinfällen der Jahre 1476 und 1478 schwer beschädigt, wenn nicht überhaupt weitgehend zerstört worden509. Die Bauarbeiten wurden durch den Tod des Bischofs und Dompropstes Lorenz Freiberg 1487 unterbrochen, dann aber unter dem neuen Dompropst Wilhelm Welzer von Eberstein510 zügig fortgesetzt und 1490 vollendet. Nördlich der Stiftsanlagen war ein imposantes Bauwerk entstanden, ein annähernd quadratischer Bau mit einer Seitenlänge von rund 50 Metern511. Es entstanden vier dreigeschossige Flügel mit einem rechteckigen Innenhof. An der Ostseite wurde von Propst Welzer die Dreifaltigkeitskapelle errichtet, im Westtrakt ein Archivbereich geschaffen. Neben der Bauinschrift erinnert das Wappen Welzers am Gewölbe der südseitigen Hofeinfahrt an diese Bautätigkeit. Im Osttrakt des Propsteigebäudes ließ Wilhelm Welzer die Dreifaltigkeitskapelle errichten und verewigte sich auch hier am Gewölbe mit seinem Wappen und dem seiner Vorfahren512 (Welzer, Eberstein, Herberstein). Auch das spätgotische Portal dieser Propsteikapelle zeigt auf der rechten Seite das Wappen Welzers. Das Propsteigebäude und die übrige Stiftsanlage wurden mit Mauern und runden Ecktürmen befestigt513. Propst Christoph Galler (1525–1549) war der letzte Bauherr der ausgehenden spätgotischen Zeit: Ein Brand hatte, kurz nach seiner Konfirmierung (6. April), am 3. Mai 1525 den Dom und das neuerrichtete Propsteigebäude besonders arg zerstört. Er hat sofort mit den Aufbauarbeiten begonnen. Neben der Instandsetzung des Domes war auch die Einwölbung der Seitenschiffe sein Werk (vgl. Kat.-Nr. 321), außerdem hat er auch das Propsteigebäude wieder herstellen lassen. Die Sonnenuhr mit der beigefügten Datierung „1528“ gibt auch hier Auskunft über den Baufortschritt (Kat.-Nr. 328).

496 Paul Grueber, Die Burg Hochosterwitz, Klagenfurt 1925, 42.
497 Kunst-Topographie des Herzogthums Kärnten. (Österreichische Kunsttopographie 1: Herzogthum Kärnten) hg. von d. k. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung von Kunst- und historischen Denkmalen, Wien 1889, 122 (mit teilweise fraglicher Textwiedergabe, so 1437 statt 1537 u.a.). – Henckel, Burgen Bd. 2 84 (mit Textwiedergabe). – Karl Lind, Beiträge zur Denkmalkunde Kärntens, Wien 1886, 275 (hier steht 1642). – Kohla/Metnitz/Moro G., Burgenkunde Bd. 2 130.
498 Sie war in 1. Ehe mit Andreas Hohenwarter zu Gerlachstein, oberster Truchseß in Kärnten verheiratet, um 1492 dann in 2. Ehe mit Balthasar Lueger, Burggraf von Lienz und zum Lueg, Erbmarschall zu Görz, und in 3. Ehe mit Andreas IV. Welzer. – Stumberger, Welzer 139f.
499 Henckel, Burgen Bd. 2 43. – Dehio Kärnten 2001, 145.
500 Dehio Kärnten 2001, 653.
501 Karl Ginhart, Kunstdenkmäler St. Veit 71.
502 Matthäus Gröszer, Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Hohenfeistritz im Decanate Krappfeld, in: Car. 73 (1883) 225–237, bes. 226.
503 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 332f., 344.
504 Johann Quitt, Beiträge zur Bau- und Kunstgeschichte des Schlosses Straßburg, in: Car. I 95 (1905) 78–93, bes. 81f. – Jaksch, Klagenfurter Stadterweiterung 70. – Ders., Schloß Straßburg in Kärnten, Straßburg 1924, 10. – Johann Anton Verda war zu dieser Zeit landschaftlicher Baumeister zu Klagenfurt.
505 Richard Milesi, Manierismus in Kärnten. Zur Kunst des späten 16. Jahrhunderts. (Buchreihe des Landesmuseums f. Kärnten 33) Klagenfurt 1973, 19f. – Friedrich W. Leitner, Kulturgeschichtliche Notizen aus und über Kärnten, in: KLM H. 9/10 (1999) 23–31, bes. 24f., Abb. 3.
506 Zedrosser, Friesach 1953, 127. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 2 645.
507 Hönisch, Komthure 157.
508 Schnerich, Dom zu Gurk 108f.
509 Jakob Unrest, Österreichische Chronik, hg. von Karl Grossmann. (Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum, N. S. 11) Weimar 1957, 65f., 97f. – Willhelm Neumann, Die Türkeneinfälle nach Kärnten. Wahrheit und Dichtung in der Kärntner Geschichtsschreibung von Jakob Unrest bis zur Gegenwart, in: Südost-Forschungen 14 (1955) 84–109. – Stumberger, Welzer 105f.
510 Löw, Domführer 122f. – Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 71.
511 Ginhart/Grimschitz, Gurk 94.
512 Schnerich, Dom zu Gurk 111. – Stumberger, Welzer 106 (Anm. 451).
513 Ginhart/Grimschitz, Dom zu Gurk 94f.

Ein Wappenstein aus weißem Marmor im Mittelteil der Altarmensa (vor dem Antependium) beim Hochaltar geht auf Dompropst Georg III. von Vizdom zurück. Während der Amtszeit dieses Dompropstes ist eine reiche Bautätigkeit zu beobachten. 1617/18 erfolgte der Ausbau der Gartenmauern mit den Ziertürmen und dem Gartenhäuschen/Salettl (vgl. Kat.-Nr. 643)514. 1621 begann er mit einer durchgreifenden Erneuerung der Propsteikapelle515. Im Jahre 1626 beauftragte er den Bildhauer Michael Hönel516, einen neuen, über die gesamte Hauptapside reichenden Hochaltar zu fertigen. Dieses bedeutende barocke Altarwerk (vgl. Kat.-Nr. 687) wurde 1631 fertig gestellt (Kat.-Nr. 691). Unter Propst Vizdom wurde das auch Stifts- bzw. Kapitelgebäude neu errichtet517 bzw. umgebaut; im Jahre 1637 (vgl. Kat.-Nr. 708) konnte mit dem Bau begonnen werden, der Schlussstein wurde unter Propst Johann IV. Georg von Miller (1648–1674) im Jahre 1650 gelegt (vgl. Kat.-Nr. 764), die Vollendung der Umbauten im Stifts- und Propsthof erfolgte 1664518.

Der Gurker Bischof Antonius Salamanca-Hoyos (1526–1551)519 hat das fürstbischöfliche Gurker Residenzschloss in Straßburg ebenfalls um- und ausgebaut. Ein Wappenstein bezieht sich auf Umbauten 1545 im Schloss: so wurden Baumaßnahmen im Bereich der Kelleranlagen durchgeführt, weiters wurden die Befestigungsanlagen verstärkt, so vor allem am Ostflügel, wo sich auch der Wappenstein als Bauinschrift heute noch befindet (Kat.-Nr. 370). Der Gurker Fürstbischof Franz I. Graf von Lodron (1643–1652)520 hat schließlich die Kapelle Maria Loretto in Straßburg 1650 in Erfüllung eines Gelübdes errichten lassen (Kat.-Nr. 765).

Bauinschriften finden sich auf der Chorschlusswand (Kat.-Nr. 591), auf einem Dachreiter (Kat.-Nr. 384), auf Ecksteinen (Kat.-Nrr. 708, 760), auf Kirchengewölben (Kat.-Nr. 220), auf Konsolen (Kat.-Nr. 167), auf Kragsteinen (Kat.-Nr. 280), auf Mauern von Gebäuden (Kat.-Nr. 430), auf Portalen (Kat.-Nrr. 369, 421), auf einem Quaderstein (Kat.-Nr. 4), auf Schlusssteinen (Kat.-Nrr. 283, 692), auf einem Steinblock (Kat.-Nr. 335), auf Steinplatten (Kat.-Nrr. 173, 337, 459†), auf einem Strebepfeiler (Kat.-Nr. 110), auf einem Südportal (Kat.-Nr. 278) und auf Wappensteinen (siehe oben, Kat.-Nrr. 270, 370, 373, 761). Im 15. und im frühen 16. Jh. werden häufiger Steintafeln verwendet, die in die Außenmauer eingefügt wurden. Werksteine im Speziellen sind zumeist zu Beginn oder am Ende eines Bauabschnittes angeordnet. Bauinschriften sind in der Regel an Stellen plaziert, wo sie für Besucher besonders gut sichtbar waren. Die Bauinschriften sind, wie schon oben angesprochen, im weitesten Sinn auch Stifterinschriften und die Stifter waren durchwegs Adelige oder höhere Geistliche. Damit erklärt sich auch die vorwiegende Verwendung der lateinischen Sprache. Bei den Stiftungen werden auch gerne die Bauherren bzw. die Auftraggeber (Adelsherr, Beamter, Bischof, Propst, Pfarrer) genannt. Bauinschriften mit Nennung des Meisters sind oft zusätzlich mit einem Steinmetz- oder Meisterzeichen versehen. Oft stehen neben der Jahreszahl auch Initialen von Meistern oder Stifterpersonen, die ohne eingehende archivalische Nachforschung oft nicht zu entschlüsseln sind. Schließlich lässt sich für das 16. Jahrhundert auch feststellen, dass mit zunehmendem Einfluss der Reformation kirchliche Bauten und Stiftungen gegenüber den adeligen Bauvorhaben (siehe Hochosterwitz) stark zurückgehen.

514 Löw, Domführer 129.
515 Ginhart/Grimschitz, Gurk 126.
516 Franz Gustav Hann, Beiträge zur neueren Kunstgeschichte des Gurker Domes nach archivalischen Aufzeichnungen im Archive des Domcapitels zu Gurk, in: Car. I 86 (1896) 155–172, bes. 162f. – Löw, Domführer 129.
517 Schnerich, Dom zu Gurk 108.
518 Ginhart/Grimschitz, Gurk 126f.
519 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 297f.
520 Ebenda 384.

Neben den Bauinschriften steht die zahlenmäßig viel größere Gruppe der einfachen Bauzahlen. Epigraphisch gehören die vielen Angaben von Bauzahlen (= Jahreszahlen) zu den unergiebigsten Quellen. Hinsichtlich des Baugeschehens im Bezirk und der kunsthistorischen Zuordnung von Bauten aber ergeben sie in der Summe ein anschauliches Bild von Bautätigkeit, Zeitstellung, wirtschaftlichem Hintergrund und Stifterwollen. Die erste relevante Bauzahl datiert in das Jahr 1426 (Kat.-Nr. 92). Schwerpunkte von Umbauten bei Kirchen zeigen sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts, dann wieder gegen Ende des 15. Jahrhunderts bzw. Anfang des 16. Jahrhunderts, was auch in diesem Bezirk einerseits mit historischen Ereignissen in Verbindung zu bringen ist, wie den fünf Türkeneinfällen zwischen 1473 und 1483 und der Besetzung der salzburgischen Gebiete (hier vor allem Friesach und Althofen) durch ungarische Söldner im Zuge des Streites zwischen dem Salzburger Erzbischof Bernhard von Rohr und Kaiser Friedrich III. Bedeutende Wehrkirchen entstanden etwa im Görtschitztal (Hochfeistritz u.a.), Erweiterungsbauten im Sinne einer spätgotischen Kirchenanlage entstanden in allen Tallandschaften, sind aber besonders gut belegt in Brückl (Kat.-Nrr. 92, 245†. 272, 286†, 287, 292, 347), St. Sebastian (Kat.-Nrr. 202, 203†), Gretschitz (Kat.-Nrr. 259†, 282†), St. Walburgen u.a. Gerade die Kirche von St. Walburgen ist ein gutes Dokument für die Bautätigkeit im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, denn hier sind Bauzahlen nicht nur im Kirchenbau angebracht worden (Kat.-Nrr. 241†, 245†), sondern besonders am Turm, wodurch der Baufortschritt der einzelnen Turmgeschosse sehr gut belegt ist (Kat.-Nrr. 262, 268, 291, 294, 345, 346). Die Bauzeit hat hier von 1517 bis 1534 gedauert. Ähnliche Baudaten weist auch die Kirche der Ordenskommende des Johanniterordens in Pulst auf, wo am Turm ebenfalls der Baufortschritt durch Bauzahlen – von 1534 bis 1537 – dokumentiert worden ist (Kat.-Nrr. 343, 351, 352, 356). Derartige Bauzahlen können die unterschiedlichsten Bauvorhaben ausweisen und finden sich auf der Apsis einer Kirche (Kat.-Nr. 354), auf der Außenwand (Kat.-Nr. 410†), auf der Chorschlusswand (Kat.-Nr. 578) bzw. auf einer Chorwand (Kat.-Nr. 288), auf dem Dachgesims (Kat.-Nr. 426), auf der Fassade von Kirchen (Kat.-Nrr. 550, 554, 556), auf dem Gesims von Bauten (Kat.-Nrr. 351, 352), auf dem Gewölbe (Kat.-Nr. 389), auf einer Holztüre (Kat.-Nr. 657), auf einem Karner (Kat.-Nr. 336†), auf einer Kellermauer (Kat.-Nr. 659†), auf Kielbogenportalen (Kat.-Nrr. 290, 297), auf Kirchtürmen (Kat.-Nrr. 242†, 268, 291, 294, 316, 345, 346, 355, 356), auf einer Konsole (Kat.-Nr. 202), auf einem Kranzgesims (Kat.-Nr. 265†), auf einem Mauerstein (Kat.-Nr. 375), auf dem Musikchor (Kat.-Nr. 653†), auf dem Netzrippenfeld (Kat.-Nr. 579), auf dem Orgelchor (Kat.-Nrr. 287, 313, 347, 474†), auf Portalen (Kat.-Nr. 281†, 282†, 539, 548), auf einem Quaderstein (Kat.-Nr. 356), auf einer Ringmauer (Kat.-Nr. 301†), auf einem Rundbogen (Kat.-Nr. 538†), auf einem Rustikaportal (Kat.-Nr. 434), in Sakristeien (Kat.-Nrr. 350†, 701), auf einem Sakristeiturm (Kat.-Nr. 541), auf dem Sängerchor (Kat.-Nr. 750†), auf Schlusssteinen (Kat.-Nrr. 92, 103, 105, 134†, 169, 270, 292), auf Strebepfeilern (Kat.-Nrr. 108, 175, 279, 344†), auf einem Trambalken (Kat.-Nr. 666), auf dem Traufgesims (Kat.-Nr. 341), auf Triumphbogen (Kat.-Nrr. 174, 259†, 411), auf Türen (Kat.-Nrr. 526†, 531), auf Türstürzen (Kat.-Nrr. 355, 424†, 559), auf Türmen (Kat.-Nrr. 343, 355, 356, 557, 716), auf einer Turmuhr (Kat.-Nr. 203†), auf Wänden von Gebäuden (Kat.-Nrr. 245†, 256, 566), auf Wappensteinen (Kat.-Nrr. 242, 271), auf der Westfassade (Kat.-Nr. 183†), auf dem Westportal von Kirchen (Kat.-Nrr. 9, 261, 262, 320, 410†, 548, 559, 656, 697†), sowie auf der Westwand von Kirchen (Kat.-Nrr. 15, 62, 495, 562, 701). Im Bezirk St. Veit an der Glan haben sich insgesamt 84 Bauinschriften (11% der Gesamtinschriften) überliefert, davon sind 63 original (8%) erhalten geblieben, 21 nur mehr kopial (± 3%).

Bauinschriften und Bauzahlen finden sich vornehmlich auf besonderen Architekturteilen eines Bauwerkes: auf Türen (Kat.-Nrr. 526†, 531, 633†), Tür- und Torbögen (Kat.-Nrr. 355, 424†, 559), auf Ecksteinen, Pfeilern (Kat.-Nrr. 108, 175, 279, 344†), Gewölben (Kat.-Nrr. 220, 389†), in letzteren Fällen fast immer als gemalte Inschriften.

Die Jahreszahl als Baudatum hat nur eine historische Dimension, denn individuelle Namensangaben werden, so vorhanden, zu Initialen vereinfacht und sind epigraphisch unbedeutend. Den Bauinschriften oft beigefügte Sprüche sind zumeist Zitate, die direkt zeitgenössischen Bibelausgaben entnommen sind, manchmal ergänzt durch Texte aus protestantischer Kirchenliteratur.

Eine Sondergruppe von Inschriftenträgern – ortsfest an Gebäudeteilen angebracht – auf profanen und kirchlichen Bauten sind Wandmalereien, die auch im Bezirk St. Veit in großer Zahl noch vorhanden sind bzw. wieder freigelegt wurden. Diese Wandmalereien sind kunsthistorisch sehr gut beschrieben und bearbeitet521, epigraphisch zumindest auch für die Frühzeit522. Eine tabellarische Übersicht soll hier die wesentlichen Daten in Kurzform veranschaulichen:

Zahlreiche Wandmalereien sind in früheren Jahrhunderten übertüncht und in den beiden letzten Jahrhunderten wieder freigelegt worden. Dabei wurden nicht selten auch unsachge- mäße Restaurierungen oder auch nur Ergänzungen der Inschriften vorgenommen, wodurch der Schriftbefund oft zu hinterfragen ist. Immerhin haben sich im Bezirk 72 (9,4%) Wandmale- reien erhalten bzw. wurden wieder freigelegt, zwei davon nur mehr kopial. Da es sich bei den Wandgemälden fast ausschließlich um kirchlich-religiöse Darstellungen handelt, wurde diese Gruppe von Inschriftenträgern auch im Kapitel „Kirchliche Ausstattung und Geräte“ nochmals erwähnt.

521 Vgl. dazu Ginhart, Kunstdenkmäler Gurk und Friesach 9–104, Kunstdenkmäler St. Veit 9–96. – Frodl, Romanische Wandmalerei. – Ders., Die gotische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1944, 17f. – Demus, Romanische Wandmalerei 207.
522 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 122f.

Diesem Kapitel sind auch die zur Architekturausstattung zählenden Glasmalereien zuzuordnen, beginnend bei der ältesten beschrifteten Glasscheibe aus der Filialkirche St. Maria Magdalena in Weitensfeld aus der Zeit um 1170 (Kat.-Nr. 3), über die Glasmalereien in Gurk, Lieding, Grades und Altenmarkt, bis zu den neuzeitlichen Wappenscheiben Kärntner Adeliger (Hohenstein, Frauenstein, Eberstein).

6.4. Kirchliche Ausstattung und Geräte

Der Umfang der Inschriftenträger zur kirchlichen Ausstattung ist beachtlich, zumal hier neben dem Mobiliar auch die Gewölbe- und Wandmalerei angeführt werden muss, deren szenische Darstellungen und Inschriften fast ausschließlich religiöse, biblische Inhalte wiedergeben. Es beginnt mit der Wandmalerei im Bergfried auf dem Petersberg in Friesach, im Bereich der ehemaligen Burgkapelle des älteren Bergfrieds von EB Konrad I. (1106–1147). In der bereits nach 1200 zugemauerten Apsis bzw. Fensteröffnung der Konradskapelle konnten 1926 wertvolle Freskenreste freigelegt werden523, die sich nur mehr teilweise erhalten haben. In der Apsiskonche fand sich die Darstellung der Maiestas, Christus in der Mandorla, begleitet von einem Cherubim; darunter war in einer Säulenarkade eine sehr gut erhaltene Malerei mit der überlebensgroßen Standfigur des hl. Romanus eingefügt. Diese Darstellung wurde 1964 aus konservatorischen Gründen abgenommen und ist – nach mehreren Zwischenstationen – seit 1987 im Friesacher Stadtmuseum im Bergfried am Petersberg ausgestellt. Der im kostbaren Ornat abgebildete Heilige ist im Feld zwischen Nimbus und Arkadenbogen mit einer nur mehr sehr schlecht erhaltenen Inschrift bezeichnet. Die frontale Figur des Heiligen wird von einem diagonal eingestellten Schriftband zweigeteilt, welches von seiner Rechten gehalten wird; in der linken Hand hält er das Pedum. Heute ist das abgenommene Bildnis des hl. Romanus im Stadtmuseum im wieder aufgebauten Bergfried ausgestellt (Kat.-Nr. 2). Walter Koch524 hat die Beschriftung des Romanus- Freskos (Mitte 12. Jh.) einer inschriftenpaläographischen Untersuchung unterzogen und dabei die noch von der Kapitalis beherrschte Majuskelschrift beschrieben525. Der heilig gesprochene Bischof Romanus von Rouen526 vertritt hier offensichtlich als Namenspatron den Gurker Bischof Roman I. (1131–1167)527, einen der bedeutendsten Gurker Bischöfe des Mittelalters. Von Kaiser Friedrich Barbarossa mit dem Fürstentitel ausgezeichnet, war er der erste Bauherr des Gurker Domes und der Burganlage auf der Straßburg528. Zeitlich folgt die Ausmalung des Chores der Deutschordenskirche St. Blasius in Friesach, die in das späte 12. Jh. zu datieren ist (Kat.-Nr. 6). Die Wandmalerei findet sich im westlichen Chorjoch, an der Süd- und Nordwand, sowie im Gewände der beiden romanischen Rundbogenfenster (jüngere Schichte, vgl. Kat.-Nr. 11). Die Malerei auf der Nordwand hat sich wesentlich besser erhalten und zeigt in zwei Bildstreifen, getrennt durch einen Palmettenfries, oben die fünf „Törichten Jungfrauen“, darunter das Speisewunder mit Christus, die wundersame Vermehrung der Brote und Fische (Mt 15,32ff. u. Mk 8,1ff.), gleichsam als „Praefiguration des Abendmahles529“. Auf der gegenüberliegenden Südwand haben sich die Fresken nur sehr schlecht und fragmentarisch erhalten. Die hier gemalten fünf „Klugen Jungfrauen“ sind nur mehr brustbildhaft zu sehen, die erste Jungfrau links vom Rundbogenfenster ist überhaupt nicht mehr vorhanden. Das Schriftband darüber erläutert auch hier den Bildinhalt. Die Darstellungen beziehen sich auf das Gleichnis von zehn Jungfrauen, die auf ihren Bräutigam warten: die fünf törichten Jungfrauen haben kein Öl in den Lampen, kommen daher zu spät und finden die Tür verschlossen; die Klugen hingegen sind wachsam, haben das Öl bei sich und werden eingelassen. Das Gleichnis bezieht sich auch auf das Jüngste Gericht, wobei die klugen Jungfrauen die Seligen, die törichten Jungfrauen aber die Verdammten sind. In der Parabel eines Sittenbildes vertreten sie ab dem 15. Jahrhundert auch die Tugend bzw. das Laster. Eine Darstellung der Anbetung der Könige auf der Südwand hat sich nur ganz schlecht erhalten und ist nicht beschriftet.

Auch im Bezug auf Wandmalereien gehört der Gurker Dom zu den bedeutendsten Standorten: von der romanischen Ausmalung zieht sich hier der Bogen über mittelalterliche und neuzeitliche Wand- und Gewölbemalerei durch die Baugeschichte des Domes im kunsthistorischen und historischen Kontext von der Stifterperson der hl. Hemma von Gurk (Kat.-Nr. 62) bis hin zur Ausmalung des ehemaligen Gurker Archivraums im Propsteigebäude im Jahre 1593 (Kat.-Nr. 573) und der manieristischen Malerei eines Anton Blumenthal in den Apsiden des Domes im Jahre 1598 (Kat.-Nr. 589).

Ikonographisch, inschriftenpaläographisch und künstlerisch bedeutsam sind die Fresken in der Westempore (Bischofskapelle) mit dem zentralen Thema des Thrones Salomonis (Kat.-Nr. 14). Die Zeitstellung dieser Malerei war lange umstritten und wird nun – nachdem sie kurz nach Fertigstellung durch einen Brand teilweise zerstört worden war – in die Zeit um 1260/1264 datiert530. Die Fresken im Karner zu Pisweg (Kat.-Nr. 17) werden in der kunsthistorischen Literatur in die künstlerische Nähe zur Ausmalung der Westempore im Gurker Dom verwiesen. Nach Ginhart- Grimschitz sind diese Fresken in Pisweg „die Brücke zwischen den Fresken der Westempore und den Wandgemälden der Vorhalle“ 531. Zur epigraphisch-inschriftenpaläographischen Stellung der romanischen Schriftformen hat W. Koch erste Aussagen getätigt und auch in gewisser Weise einen schriftgeschichtlichen Kontext zu den Gurker Inschriften hergestellt532. In der Vorhalle der Gurker Domkirche (Kat.-Nr. 45) haben sich Darstellungen der Bildszenen aus dem Alten Testament (Schöpfungsgeschichte, Bild 1–19) und Szenen aus dem Neuen Testament (Verkündigung bis Transfiguration, Bild 20–45) erhalten. Diese Darstellungen gehen über die „Biblia pauperum“ hinaus und bringen inhaltlich die biblische Schöpfungsgeschichte in der Tradition des mittelalterlichen „Speculum humanae salvationis“. Die Schließung der Gurker Vorhalle nach Westen mit dem Ausbau einer Dreifaltigkeitskapelle533 erfolgte im 2. Viertel des 14. Jahrhunderts. Bruno Grimschitz hat dafür historische Eckdaten geliefert534: Damit war eine Datierung mit „um 1340“ gerechtfertigt.

523 Ginhart, Neuentdeckte Wand- und Deckenmalereien 40f.
524 Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 122f.
525 Ebenda 126. – Koch, Paläographie 10 (Anm. 38), 32.
526 Otto Wimmer, Kennzeichen und Attribute der Heiligen, 3. neu bearb. Auflage Innsbruck-Wien-München 1975, 173: gest. am 23. 10. 640. – Otto Wimmer / Hartmann Melzer, Lexikon der Namen und Heiligen, 4. neubearb. u. wesentl. erw. Auflage Innsbruck-Wien-München 1982, 718.
527 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 44.
528 MC I Nr. 149: 1147.
529 Elisabeth Reichmann-Endres, Deutschordenskirche Friesach, München-Zürich 1979, 12. – Dies., Die Deutschordenskirche, in: Chronik und Vision. Deutsch-Ordens-Spital Friesach, hg. von Georg Lexer und Erich Wappis, Friesach 1998, 274–279.
530 Ginhart/Grimschitz, Gurk 60.
531 Ebenda 100.
532 Koch, Paläographie 19, 23, bes. Übersicht 34–35. – Koch, Inschriftenpaläographie Kärntens 137f.
533 Löw, Domführer 120.
534 Grimschitz, Entstehungszeit Vorhalle 154f. – Vgl. auch Jakob Obersteiner, Die persönliche Zusammensetzung des adeligen Gurker Domkapitels und Domstiftes in der Zeit des späten Mittelalters, in: Car. I 156 (1966) 593–634, 159 (1969) 519–523 (Nachträge und Berichtigungen), bes. 156 (1966) 599f.

In der Pfarrkirche St. Vitus u. Hl. Dreifaltigkeit in St. Veit a. d. Glan wurden bei Restaurierungsarbeiten 1986 bis 1988 Wandmalereien freigelegt (Kat.-Nr. 100, um 1430/1440), die neben der guten Erhaltung auch wegen der zahlreichen Spruchbänder und Beschriftungen, die vom Schrifttypus der gotischen Minuskel bei gemalten Inschriften etwa in die Mitte des 15. Jahrhunderts zu datieren sind, beeindrucken535. In die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts fällt eine Wandmalerei an der Pfarrkirche und Wallfahrtskirche in Hochfeistritz außen an der Nordwand des Chores neben dem nördlichen Strebepfeiler mit der Darstellung des hl. Christophorus (Kat.- Nr. 188). Die Malerei hat sich nur sehr schlecht erhalten, recht gut hingegen die beigefügte Is., die vom Maler sehr dekorativ ausgeführt wurde, wie etwa die mit roter Farbe noch zusätzlich hervorgehobenen Versalien zeigen.

Zur thematischen und szenischen Darstellung des Totentanzfreskos am Karner in Metnitz (Kat.-Nr. 388†), leider nur mehr fragmentarisch erhalten, gibt es entsprechende Literaturverweise, die sich aber nicht mit den nicht mehr exakt nachvollziehbaren Texten selbst beschäftigen. Die Fresken wurden durch äußere Witterungseinflüsse im Laufe der Jahrhunderte immer mehr in Mitleidenschaft gezogen und waren bei der Abnahme durch das Bundesdenkmalamt 1968 schon derart schlecht erhalten, dass eine Renovierung oder Ergänzung nicht mehr möglich war. Aus frühen Arbeiten wissen wir, wie diese Totentanzfresken ursprünglich ausgesehen haben: Aus dem Jahre 1875 gibt es eine Beschreibung von Friedrich Lippman536, 1885 wurde eine verkleinerte (1:7) Aquarellkopie angefertigt537, 1889 entstand die Abzeichnung von Paul Grueber538. Die aktuellste Arbeit stammt von Erwin Koller539 und enthält auch die weiterführende Literatur.

Die Malerei in der Burgkapelle auf Schloss Eberstein (Kat.-Nr. 438) aus dem Jahre 1562 stellt ein wichtiges Zeugnis der protestantischen Kunst in Kärnten dar540 und belegt auch, dass die Stifterfamilie der Welzer zu Eberstein um 1562 bereits evangelisch geworden war. Als Stifter kommt wohl nur Leonhard I. Welzer von Eberstein in Frage, der seit 1562 kaiserlicher Rat541 war. Der Maler Wentzel Aichler aus Spittal/Drau ist durch mehrere Arbeiten belegt, so in Gurk (vgl. Kat.-Nr. 433), in St. Kanzian und in der Liechtensteiner Kapelle in Murau. Diese Wandmalerei mit der Darstellung der protestantischen Thematik von „Gesetz und Gnade“ konnte bei den Restaurierungsarbeiten in der Burgkapelle 1993 und 1994 freigelegt werden. Über dem Gedächtnisteil der Stifterfamilie folgt die wesentlich besser erhaltene Malerei mit dem katechetischen Konzept der Thematik von „Gesetz und Gnade“. In die Bildachse ist der Baum des Todes und des Lebens gestellt, links bezogen auf die alttestamentarische Ikonographie mit den symbolischen verdorrten Ästen, rechts mit dem Geschehen aus dem Neuen Testament und dem symbolisch grünen Laubbewuchs des Baumes. Der Baum trennt im Sinne Martin Luthers diese beiden biblischen Bereiche. Am Fuß desselben sind Adam und Moses dargestellt, begleitet von Figuren, mit dem Blick auf den Gekreuzigten. Vor Moses steht die Gesetzestafel, links davon sieht man die Errichtung der Ehernen Schlange über einem Kreuz. Über der Ehernen Schlange wird in einer eigenen Bildszene die Opferung Isaaks als protestantische Präfiguration des Opfertodes Christi gezeigt.

Zur sichtbaren Ausstattung der Kirchen gehören natürlich auch die überlieferten historischen Glasgemälde, über die schon im vorhergehenden Kapitel kurz berichtet wurde. Bekannt ist die älteste beschriftete Glasscheibe Österreichs aus der Filialkirche St. Maria Magdalena in Weitensfeld aus der Zeit um 1170 (Kat.-Nr. 3), künstlerisch und ikonographisch interessant sind aber auch die Glasmalereien in Gurk (Kat.-Nrr. 15, 47), Lieding (Kat.-Nr. 48), Grades (Kat.-Nr. 55), Altenmarkt (Kat.-Nr. 139) und als spätes Beispiel die Wappenscheibe des Salzburger Erzbischofs Johann Jakob von Khuen-Belasy (1560–1586) in der Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus in Friesach (Kat.- Nr. 449).

Das landständische Kärnten des 16. Jahrhunderts war geprägt vom Reichtum aus Bergbau und Handel und fand im bedeutenden Kunstschaffen der adeligen Landstände seinen Niederschlag. Neben den zwei prächtigsten profanen Bauwerken, der Burgfestung Hochosterwitz der mit reichen Gewerkentöchtern verheirateten Freiherren von Khevenhüller einerseits und dem großartigen Renaissanceschloss Tanzenberg der vom Salzburger Erzbischof Leonhard I. von Keutschach geförderten Herren von Keutschach, wurden auch zahlreiche kirchliche Stiftungen getätigt. Signifikant für Kärnten sind die vielen Flügelaltäre, die in der Zeit der Spätgotik, in Kärnten bis in die Zeit um 1530 reichend, entstanden sind. Ein herausragendes Beispiel Kärntner Altarkunst findet sich in der Filial- und Wallfahrtskirche St. Wolfgang ob Grades aus der Zeit um 1505 bzw. um 1519–1522 (Kat.-Nr. 217). Dieser Flügelaltar im Chor der Kirche hat ein dem hl. Wolfgang gewidmetes Altarretabel mit Marienszenen in Relief an der Sonntagsseite, sowie gemalten Szenen aus der Wolfgangslegende und andere Szenen an der Werktagsseite542.

Ein Flügelaltar in einfacher Kastenform mit beweglichen Flügeln und Standflügeln ist in der Filial- und ehemaligen Bürgerspitalkirche St. Cäcilia in Althofen aus der Zeit um 1510 erhalten (Kat.-Nr. 236). Die Identifikation der hl. Sofia und der hl. Kunigunde wurde in der kunsthistorischen Literatur hinterfragt, ist aber durch die entsprechende Beschriftung wohl gesichert. Otto Demus543 sprach zwar in diesem Zusammenhang von „verderbten“ Inschriften, die möglicherweise nicht authentisch seien, das Schriftbild entspricht aber durchaus dem Typus der spätgotischen Minuskel der Zeit des ersten Viertels des 16. Jahrhunderts: Es sind auch keine Anzeichen einer Übermalung oder späteren Restaurierung mit einer sichtbaren Veränderung der Buchstaben vorhanden. Ein schönes Beispiel der Villacher Schule ist der ursprünglich in der Wallfahrtskirche von Heiligengestade am Ossiacher See vorhandene, heute in der Deutschordenskirche St. Blasius in Friesach untergebrachte Flügelaltar, der nach 1510 entstanden ist (Kat.-Nr. 238). Es ist ein Marienaltar, im Schrein stehen in der Mitte Maria mit dem Kind, links die hl. Katharina, rechts die hl. Margarethe. Darüber sind symmetrisch die Ranken der dreiteiligen Laube angebracht. Bei geöffneten Flügeln sind links oben die Geburt, rechts oben die Anbetung der Könige, links unten das Pfingstfest und rechts unten der Tod Mariä dargestellt. Bei letzterem Bild ist über der Figurengruppe in einem Medaillon im Strahlenkranz Jesus Christus mit der Gottesmutter dargestellt, die Bordüre ist mit einer umlaufenden Beschriftung in gotischer Minuskel dekoriert und beschrieben. Die Außenflügel zeigen links oben die Verkündigung, der Engel hält einen Stab (ursprünglich eine Lilie) in der Linken, der mit einem weißen Spruchband umwunden ist, rechts oben die Beschneidung, links unten die Verkündigungsallegorie des Hortus conclusus. Der Flügelaltar wurde vom Ossiacher Abt Wolfgang Gaispacher (1510–1523)544 für die Kirche Heiligste Dreifaltigkeit in Heiligengestade am Ossiacher See in Auftrag gegeben. Er wird der älteren Villacher Werkstätte zugeschrieben. O. Demus545 vermutet als Hauptmaler den bedeutendsten Maler des späten 15. Jahrhunderts in Kärnten, nämlich Thomas Artula von Villach, den Meister der Fresken von Thörl und Gerlamoos. Ein weiterer Flügelaltar ist in der Filialkirche St. Martin in Karnberg (Kat.-Nr. 319) vorhanden, wohl aus der Zeit zwischen 1520 und 1525. Aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts stammt der in der Filialkirche St. Margareta in Passering überlieferte Flügelaltar (Kat.-Nr. 307). Schließlich ist noch der polychromierte Renaissance-Schnitzaltar der Familie Galler in Gurk zu erwähnen (Kat.-Nr. 385).

535 Barbara Kienzl, Kärnten. St. Veit an der Glan (Stadtpfarrkirche, Freskenfreilegung), in: ÖZKD 45 (1991) 98–100. – Andreas Besold, Bemerkungen zu neuentdeckten Wandmalereien in Kärnten, in: Car. I 187 (1997) 327–341, bes. 333.
536 Friedrich Lippmann, Der Todtentanz von Metnitz, in: MZK NF 1 (1875) 56–58.
537 Theodor Frimmel, Beiträge zu einer Ikonographie des Todes, in: MZK NF 10 (1884) XXXIX–XLVI, CXXXV–CXL, CCIV–CCIX, NF 11 (1885) VII–IX, LXXV–XCI, NF 12 (1886) XXI–XXIII, CXI– CXV, NF 13 (1887) CXXXVIII–CXLII, NF 14 (1888) 237–242, NF 16 (1890) 111–118, 186–190, bes. 11 (1885) LXXXVII, 16 (1890) 112f.
538 Paul Grueber, Symbolik des Todes am Karner zu Metnitz, in: ABZ H. 11 (1891) 1–3.
539 Erwin Koller, Zum Metnitzer Totentanz, in. Car. I 170 (1980) 139–168.
540 Eduard Mahlknecht, Gesetz- und Gnade- Darstellungen in Kärnten unter besonderer Berücksichtigung des neu aufgedeckten Wandgemäldes in der Burgkapelle zu Eberstein, in: ÖZKD 49 (1995) 160–172, bes. 162.
541 Obersteiner, Gurker Bistumsgeschichte 1960, 262. – Leitner F., Frühneuzeitliche Inschriftenbelege 77.
542 Höfler, Tafelmalerei der Dürerzeit 145.
543 Demus, Spätgotische Altäre 312. – Vg. auch Höfler, Tafelmalerei der Dürerzeit 162–163, Nr. 37, Abb. 189–192, 199.
544 Demus, Spätgotische Altäre 210, 229 (Anm. 2).
545 Ebenda 245 (Anm. 31). – Vgl. zum Maler Thomas von Villach auch Otto Demus, Der Meister von Gerlamoos, in: Jb. kh. Sammlungen NF 11 (1937) 49–86, NF 12 (1938) 77–116. – Frodl, Romanische Wandmalerei 91f. – Alfred Stange, Deutsche Malerei der Gotik. Bd. 11: Österreich und der ostdeutsche Siedlungsraum von Danzig bis Siebenbürgen in der Zeit von 1400 bis 1500, München-Berlin 1961, 89f. – Gisela Hopfmüller, Neue Studien zu Thomas von Villach, (ungedr.) phil. Diss. Graz 1979, 2f. – Janez Höfler, Die gotische Malerei Villachs. Villacher Maler und Malwerkstätten des 15. Jahrhunderts. 1. Darstellung. (Neues aus Alt-Villach. 18. Jb. d. Stadtmuseums) Villach 1981, 2. Katalog und Bildteil. (Neues aus Alt-Villach. 19. Jb. d. Stadtmuseums) Villach 1982, 1. Teil 103f.

Mit dem Niedergang des Bergbaues und der Ausweisung der durchwegs protestantischen Adeligen aus Kärnten im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts verlor das Land auch seine großzügigen Kunstmäzene und es kam in der Folge nur in den zentralen Gebieten zur Barockisierung der Kirchen. Dies ist wohl der Hauptgrund, warum Kärnten zahlenmäßig am meisten Flügelaltäre aus dem 16. Jahrhundert in Österreich erhalten konnte und in der Barockaltarkunst keine besonderen Werke zu verzeichnen hat, sieht man vom Gurker Hochaltar ab (Kat.-Nr. 687).

An die Gemälde der Flügelaltäre schließen sich die als Altarbilder zu verstehenden Tafelbilder an, so jenes aus der Filialkirche St. Johannes auf der Flattnitz, datierbar um 1430 (Kat.-Nr. 96). Dieses Tafelbild auf Holz zeigt die Kreuzigung Christi, wobei zur Rechten des Gekreuzigten die Gottesmutter und Johannes stehen, hinter ihnen der die Herzseite Christi durchstechende Kriegsknecht Longinus ist mit einem Schriftband bezeichnet. Auf der rechten Seite steht der Zenturio vor einer Menschengruppe, ebenfalls durch ein Schriftband hervorgehoben. Auf der Rückseite ist in der Art einer „vera icon“ das Antlitz Christi gemalt. Die Darstellung steht ikonographisch der Kreuzigung-Christi-Tafel in Altmühldorf in Salzburg (1425–1430) nahe546. Trotz der salzburgischen Provenienz ist die Flattnitzer Tafel derber und volkstümlicher547. Aus der ehemaligen Bürgerspitalkirche in St. Veit stammt der heute im Landesmuseum Kärnten aufgestellte Vitus- Altar mit seinen acht erhaltenen Bildtafeln aus der Zeit um 1470548 (Kat.-Nr. 158). Die heutige Bildfolge der acht Tafeln zeigt – nach der Legenda aurea549 – Szenen aus dem Leben des hl. Vitus.

Ein Tafelbild aus Holz aus dem Besitz des Dominikanerkonvents Friesach befindet sich zur Zeit als Leihgabe im Stadtmuseum am Petersberg (Kat.-Nr. 263). Die oben mit einem Bogen abgeschlossene Tafel zeigt die Muttergottes mit dem Kind als zentrale Mittelfigur, flankiert links vom hl. Thomas von Aquin (datiert 1518), rechts vom Erzengel Michael mit der Seelenwaage; zu Füßen der Heiligen ist eine kniende Stifterperson beigefügt550. Der Legende nach soll sich Thomas von Aquin in Friesach aufgehalten haben, darauf weist auch eine Gedenkinschrift im Boden des Langhauses der Dominikanerkirche St. Nikolaus in Friesach hin, die dort vor der Altarmensa eingefügt ist (vgl. Kat.-Nr. 269)551.

Das Altarbild am linken Seitenaltar der Filialkirche St. Peter am Petersberg in Friesach trägt die Jahreszahl 1525 (Kat.-Nr. 312). Die Tafelmalerei besteht aus einem großen Mittelbild und vier kleinen Tafelbildern, die wohl von einem spätgotischen bzw. frührenaissancezeitlichen Flügelaltar stammen. Das Mittelbild zeigt die Heilige Sippe, die Verwandtschaft der Maria: In der Bildmitte links sitzt die Muttergottes mit dem Jesusknaben, hinter ihr steht Joseph, vor ihr eine Gruppe mit der Mutter Anna und ihren drei Ehemännern, Joachim, Cleophas und Salomas. Die Gruppe links vor der Muttergottes zeigt die sitzende Maria Cleophas mit ihrem Mann Alphäus und den Kindern Joseph Justus, Jakobus d. J., Judas Thaddäus und Simon Zelotes, den späteren Aposteln. Die Figurengruppe auf der rechten Bildhälfte wird angeführt von Maria Salome mit Johannes am Schoß, dem späteren Evangelisten, vor ihr zu Füßen sitzend Jakobus d. Ä., der spätere Apostel, hinter ihr steht ihr Mann Zebedäus. Der Architekturrahmen wird im Hintergrund durch einen Ausblick in eine Landschaft geöffnet, in der Mitte begleiten zwei musizierende Engel mit Laute und Harfe die heilige Familie, die in der Bildmitte in einem Medaillon im Strahlenkranz von Gottvater und der Taube des Hl. Geistes überhöht wird. Im linken Seitenbild wird das Opfer Annas und ihres greisen Mannes Joachim wegen Kinderlosigkeit vom Hohepriester zurückgewiesen, im rechten ist die Geburt Mariens dargestellt, mit Anna im Wochenbett, Maria im Wickelbettchen und einer Dienerin. Im Aufsatz des Altares sind zwei Bildhälften zusammengefügt, auf der linken befindet sich der reiche Herdenbesitzer Joachim aus Jerusalem in der Einsamkeit einer Landschaft, in die er sich wegen der Kinderlosigkeit zu seinen Hirten zurückgezogen hat, um zu Gott zu beten; hier verkündet ihm ein Engel die Geburt der Tochter Maria. Die rechte Bildhälfte zeigt seine Begegnung mit Anna nach seiner Rückkehr an der Goldenen Pforte in Jerusalem. Die heiligen Personen tragen alle einen dekorativ gestalteten Nimbus, der jeweils im Sinne der genealogischen Zuordnung mit der entsprechenden Namensinschrift bezeichnet ist. Die Darstellung der Heiligen Sippe findet um 1400 Eingang in die Malerei und wird im späten 15. und im 16. Jahrhundert auch gerne auf Altartafeln gemalt552. Zur kunsthistorischen Beschreibung und Zuordnung vgl. zuletzt J. Höfler553.

Ein Gedächtnisdenkmal in Form eines Tafelbildes auf Holz und in der Manier eines Epitaphs hat sich 1546 der Deutschordensritter zu Friesach Gabriel Kreuzer anfertigen lassen (Kat.-Nr. 372). Er wurde 1535 Ritter des Deutschen Ordens554, war dann ab 1531/32 Hauskomtur in Wiener Neustadt555, 1535 auch von Wien556, seit 1542 war er Statthalter der Ballei Österreich557. Das Gemälde zeigt links unten den knienden, gerüsteten Ordensritter, zu seinen Füßen in der linken Bildmitte sein Wappen. Aus einem Wolkenband erhebt sich in der Bildmitte auf einer Weltkugel der Pantokrator, links von Maria Magdalena, rechts von Johannes flankiert; über die beiden Heiligen sind zwei musizierende Engel gestellt. Das Tafelbild hängt heute im Gang zur Klausur des Deutschordenskonvents in Friesach.

546 Kurt Rathe, Aus der Frühzeit der Kärntner Tafelmalerei, in: Jb. kh. Sammlungen 9 (1935) 49–72, bes. 59 (Anm. 33).
547 Kärntner Kunst Kat.-Nr. 6. – Janez Höfler, Die Tafelmalerei der Gotik in Kärnten 1420–1500, Klagenfurt 1987, 37.
548 Franz Gustav Hann, Die Tafelgemälde aus der Vituslegende im Geschichtsverein, in: Car. I 84 (1894) 1–7, 33–38. – Otto Benesch, Der Meister von St. Korbinian, in: Zs. f. bil. Kunst 62 (1928/1929) 152–160, bes. 160. – Ginhart, Kunstdenkmäler V/1 537. – Otto Benesch, Der Meister des Krainburger Altars (II. Teil), in: Wr. Jb. KG VIII (1932) 59f. – Otto Demus, Neue Forschungen zur Geschichte der ältesten Kärntner Tafelmalerei (1420–1475), in: Car. I 126 (1936) 14–28, bes. 27. – Demus, Meister von Gerlamoos 1938, 113. – Stina Beutinger, Der heilige Veit und seine bildliche Darstellung bis zum ausgehenden Mittelalter, Frankfurt a. M. 1939, 45f. – Stange, Deutsche Malerei Bd. 11, 97. – Otto Demus, Zur mittelalterlichen Kunst Kärntens, in: Kärntner Kunst des Mittelalters aus dem Diözesanmuseum Klagenfurt, Wien 1970, 10–28, bes. 19. – Wolfram Helke, Die stilistische Entwicklung der Kärntner Tafelmalerei im 15. Jahrhundert, (ungedr.) phil. Diss. Wien 1973, 61f., Kat.-Nr. 12. – Ders., Der Vitusaltar im Landesmuseum Klagenfurt, in: ÖZKD XXVIII (1974) 32–43. – Anton Fritz, Kärntens Flügelaltäre, Klagenfurt 1975, 160f.
549 Voragine, Legenda aurea 403f.
550 Höfler, Tafelmalerei der Dürerzeit 205–206, Nr. 63, Abb. 270.
551 Paul Grueber, Hauszeichen aus Kärnten, in: MZK NF 23 (1897) 110–111 u. Taf., NF 26 (1900) 18–19 u. Taf., bes. 26 (1900) 19, Fig. 8.
552 Mane Mitgau, Die heilige Sippe in Legende und Darstellung. In: Genealogie. Zs. f. Familienkunde 12 (1963–66) 550f. – Werner Esser, Die Heilige Sippe. Studien zu einem spätmittelalterlichen Bildthema in Deutschland und den Niederlanden, Bonn 1986, 246.
553 Höfler, Tafelmalerei der Dürerzeit 199–201, Nr. 59, Abb. 256–259. – Vgl. Kunsttopographie Kärnten 60. – Karl Lind, Reisenotizen über Denkmale in Steiermark und Kärnten, in: MZK NF 5 (1879) CLII–CLIV, 6 (1880) XXXVII–XXXIX, LXXIII–LXXVI, CVIII–CIX, CLI–CLIV, 7 (1881) XLIII–XLV, LIII–LIX, LXXXV–XCIII, CXV–CXVIII, 8 (1882) XXXIV–XXXVIII, LX–LXIII, XCIX–CI, CXXX–CXXXIV, bes. 6 (1880) LXXV. – Lind, Beiträge 11: die hier angeführte Is. O heilige Anna hillf 1526 ist nicht auffindbar.
554 Herrmann H., Deutscher Orden 264: 1535 Aufnahme, danach Hkt. v. Wiener Neustadt, 1540 FEB 23 Koadjutor v. Österreich (Verschreibung), 1542 FEB 4 Statthalter (Ernennung), 1568 Dez. 1 † in Wien, unter Ferdinand I. seit 1541 Statthalter in der niederösterreichischen Regierung, unter Maximilian II. Hofrat. – DOZA Wien, Abt. Ballei Österreich; 380/16.
555 Schön, Geschichte 33f. – DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 195.
556 DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 195.
557 Wiszgrill, Schauplatz Bd. 2, 168. – DI 48 (Stadt Wiener Neustadt) Kat.-Nr. 195.

Gewissermaßen auch in diese Form der Kirchenausstattung fallen die in Kärnten noch zahlreich vorhandenen Fastentücher. Im Bearbeitungsgebiet sind heute noch drei Fastentücher original erhalten (Kat.-Nrr. 133, 635, 763), wobei das große Gurker Fastentuch zu den besten Beispielen dieser Kunstwerke in Österreich zählt. Es ist das älteste erhaltene und größte Fastentuch in Kärnten (Kat.-Nr. 133). A. Schnerich bezeichnete das Gurker Fastentuch als „Inkunabel der Leinwandmalerei“ 558. Als Vorlage ist bei diesem Gemäldezyklus die Biblia pauperum anzusehen, wobei die Bildfolgen des Alten Testaments sehr stark den biblischen Traditionen folgen. Nur bei einigen wenigen Bildfolgen sind literarische Quellen anzunehmen, vor allem wenn legendenhafte und profane Stoffe abgebildet werden. Bei den Szenen des Neuen Testamentes bildeten vielfach Holzschnitte die entsprechenden Vorlagen. Das Fastentuch ist vom Gurker Propst und Erzdiakon Johannes III. Hinderkircher (1445–1459, vgl. Kat.-Nr. 136) „angeschafft“ bzw. „angekauft“, d.h. wohl auch in Auftrag gegeben worden, und wurde vom Meister Konrad von Friesach559, der Bürger zu Friesach war, gemalt und im Jahre 1458 fertig gestellt.

Unter den Sammelbegriff „Kirchliche Ausstattung“ fallen auch die Altäre (Kat.-Nrr. 479, 673, 710, 740†, 759), ein Altarbild (Kat.-Nr. 688), Apostelkreuze (Kat.-Nr. 220), Betstühle (Kat.-Nr. 419†), Chor- und Kirchengestühle (Kat.-Nrr. 418, 477, 669, 689, 690), Hauptaltäre (Kat.-Nrr. 705, 737, 759, 762), Hochaltäre (Kat.-Nrr. 687, 728), Kanzeln (Kat.-Nrr. 360, 478), Kirchenbänke (Kat.-Nr. 331), ein Opferstock (Kat.-Nr. 306), eine Orgel (Kat.-Nr. 670), ein Paramentenschrank (Kat.-Nr. 672), mehrere Predellen (Kat.-Nrr. 317, 551, 654, 722, 745), Seitenaltäre (Kat.- Nrr. 730, 753, 755), Tabernakel (Kat.-Nrr. 682, 718), Taufbecken (Kat.-Nrr. 161, 348, 744†), Taufsteine (Kat.-Nrr. 153†, 243, 273, 329†) und Weihwasserbecken (Kat.-Nrr. 599, 733, 736, 746, 748).

Bei den Inschriften an den Flügelaltären und Tafelbildern handelt es sich durchwegs um Nimbenumschriften oder darüber oder darunter gestellte Namensinschriften zu den geschnitzten Schreinfiguren. Bei einer Holzplastik von einem verloren gegangenen Altarschrein mit der Darstellung der hl. Katharina in der Deutschordenskirche St. Blasius in Friesach (Kat.-Nr. 304) ist der Mantelsaum durch zierhafte Formen von Beschriftungen mit frühhumanistischen Kapitalbuchstaben dekoriert. Am häufigsten aber sind Spruchbandbeschriftungen.

Die Anzahl der überlieferten liturgischen Geräte ist verhältnismäßig gering. Dabei werden eher jene Gegenstände fassbar, die heute in Museen (Diözesanmuseum etc.) aufbewahrt werden. Es besteht die Vermutung, dass in vielen Kirchen noch beschriftete Kelche, Monstranzen u.a. aufbewahrt werden, aber trotz vertraulicher Einbindung in die Aufnahmearbeit von den einzelnen Pfarrherren nicht vorgelegt werden. Jede Veröffentlichung macht die Gefahr größer, dass wertvolle liturgische Geräte gestohlen werden könnten und der beste Schutz scheint der sichere Tresor im Pfarramt zu sein. Da zumeist die auf Kelchen, Patenen, Kreuzen, Weihrauchgefäßen etc. angebrachten Beschriftungen keine vorrangige inschriftenpaläographische Quelle darstellen, wurde hier bei der Nachfrage mit der gebotenen Zurückhaltung agiert.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Portatile (Kat.-Nr. 23) aus der Pfarrkirche St. Jakob d. Ä. und St. Anna zu Deinsberg, welches in das 13. Jahrhundert datiert wird. Das Portatile560 ist heute im Diözesanmuseum in Klagenfurt ausgestellt. Die Steinplatte ist aus einem grünen basischen oder magmatischen Gestein und trägt eine eingeritzte, umlaufende Beschriftung, die sich links in einer zweiten Zeile fortsetzt. Die Holzrahmung ist mit Blatt- und Rankenornamenten rot-grün dekoriert. Ein Reliquiar aus vergoldetem Silber ist noch vor Ort und zwar in der Heiligblutkirche in Friesach (Kat.-Nr. 51) aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Dieses gotische Heiligenblutgefäß mit rankengeschmücktem Dreipassfuß geht offensichtlich auf ein Blutwunder zurück, welches sich im Jahre 1238 zugetragen haben soll und zur Stiftung des Reliquiars geführt haben dürfte: Als der Dominikanerpriester Wolbert eine Messe las, soll sich der Wein im Kelch in Blut verwandelt haben561.

An vasa sacra sind noch zu nennen: mehrere Kelche, davon nur einer original erhalten (Kat.- Nrr. 194†, 277†, 571, 693†) und mit nomina sacra versehen, drei Kruzifixe562 (Kat.-Nrr. 275, 696, 699), ein nicht mehr erhaltenes Messgewand (Kat.-Nr. 580†), eine Patene (Kat.-Nr. 694), ein Pektorale (Kat.-Nr. 201), zwei Stehkreuze (Kat.-Nrr. 193, 199) und ein Weihrauchschiffchen (Kat.-Nr. 735).

Letztlich gehören auch die Glocken einer Kirche zur Ausstattung derselben und sollen daher in einem eigenen Kapitel ausführlicher behandelt werden.

558 Schnerich, Dom zu Gurk 101.
559 Karl Garzarolli v. Thunlackh, Der Monogrammist FSP des Mauthener Christophorus von 1514 und seine späteren Werke in Obersteiermark, in: Alte und neue Kunst 1 (1952) 81–88. – Alfred Schnerich, Die beiden biblischen Gemälde-Cyklen des Domes zu Gurk, in: MZK NF 19 (1893) 35–44, 89–94, 143–150, 211–218, NF 20 (1894) 8–16, bes. 20 (1894) 14–16. – Ders., Die Aufdeckungsarbeiten im Dom zu Gurk, in: Zs. f. bild. Kunst. Beiheft „Kunstchronik und Kunstmarkt“ NF 34 (1922/23) 499. – August v. Jaksch, Der Maler Konrad von Friesach, in: Car. I 115 (1925) 53. – Schnerich, Dom zu Gurk 70, 101f. – Ders., Gurker Miscellanea 1927, 14f. – Löw, Domführer 48. – Rathe, Frühzeit 61f. – Zedrosser, Friesach 1953, 173f. – Helke, Kärntner Tafelmalerei 65f., Kat.-Nr. 4. – Otto Demus, Ein Freskenzyklus Konrads von Friesach, in: ÖZKD 32 (1978) 63–71. – Höfler, Tafelmalerei der Gotik 39f.
560 Franz Gustav Hann, Wertvolle Kunstgegenstände und archäologische Objekte im Pfarrhof zu Guttaring (Sammlung des k.k. Konservators M. Größer). 1. Altdeutsches Gemälde. 2. Ein gothischer Flügelaltar aus Flitschl bei Tarvis, in: Car. I 86 (1896) 12–16, bes. 15.
561 MC IV/1 Nr. 2159 (1238). – Hohenauer, Friesach 129. – Pagitz-Roscher, Kloster 719. – Zedrosser, Friesach 1953, 142.
562 Vgl. dazu Leitner F., Propstei in Kraig 247f.

6.5. Glocken

Als eine eher konservative Gruppe von Inschriftenträgern ist die der Glocken zu bezeichnen. Die nicht datierten Glocken sind wohl auf Grund ihrer Beschriftungsform einzuordnen. Dabei ist aber immer zu berücksichtigen, dass selbstverständlich die Frage der Tradition von Schrift und Formel eine dominierende Rolle spielt. Die zeitliche Zuordnung darf also nicht nur auf Grund der Glockenform allein erfolgen, sondern auch auf Grund des vorgegebenen Schriftcharakters, wobei ein gewisser zeitlicher Spielraum durch das Weiterverwenden von Schriftvorlagen und Gussformen in Betracht zu ziehen ist.

In beiden Weltkriegen wurden leider Glocken zur Beschaffung von Kriegsmetall abgenommen und eingeschmolzen, oft auch ohne Rücksicht auf die historische Wertigkeit und kunsthistorische Beschaffenheit. Von den im Ersten Weltkrieg abgelieferten Glocken gibt es nur ein handschriftliches Verzeichnis des Konservators Paul Grueber563, der über Anregung des Landesarchivars Dr. August Ritter von Jaksch für den Geschichtsverein für Kärnten eine Aufnahme der im Sammellager für die Bezirke Klagenfurt, St. Veit, Völkermarkt und Wolfsberg in St. Ruprecht, damals bei Klagenfurt, deponierten Glocken durchgeführt hat. Grueber hat von der Glockenablieferung zu spät erfahren und so finden wir in seinem Verzeichnis keine einzige aus dem Bezirk St. Veit a. d. Glan, wohl aber interessanterweise viele aus dem Bezirk Villach.

Im Landesmuseum Kärnten, Abteilung für Landesgeschichte, befindet sich ein Faszikel mit vorgedruckten Erhebungsblättern in deutscher und lateinischer Sprache, mit handschriftlichen Eintragungen von Kärntner Glocken aus dem Jahr 1917: Ausweis über die am Tage der Ausfertigung vorhandenen Kirchenglocken „Tabula campanorum die conscriptionis extantium“. Die Vorderseite des Erhebungsbogens enthält rechts oben die Angaben des Kronlandes, des Bezirkes und des Gerichtsbezirkes, links die der Diözese, des Dekanates und des Pfarramtes. Angefügt ist hier eine Belehrung zur Ausfüllung der Rubriken. Die beiden Innenseiten enthalten oben die folgenden Rubriken: 1. Laufende Nr. (num.), 2. Kirche, Kapelle (Ecclesia, Capella), 3. Ort (Vicus), Glockenmaße (Campanae mensurae), 4. Größter Durchmesser (Diametrus maximus) in cm, 5. Größte Höhe (Altitudo maxima) in cm, 6. Gewicht (Pondus) in kg, 7. Jahreszahl (Annus); Inschriften (Inscriptiones), 8. Wortlaut der sonstigen Inschriften (Aliae inscriptiones – verba ac literae), 9. Glockenschmuck (Campanae ornamenta), 10. Tonhöhe (Soni altitudo). Diese Listen wurden an die einzelnen Pfarren verschickt und vom jeweils zuständigen Pfarrer nach Maßgabe der Möglichkeiten auch ausgefüllt und sichtlich der Denkmalbehörde übermittelt. Von Seiten der Denkmalbehörde wurde auf der Innenseite mit drei Stempeln über die weitere Verwendung entschieden: a) abzuliefern, b) vorläufig belassen, c) wegen Kunst- oder Geschichtswert befreit. Darunter wurden jeweils handschriftlich die Glocken diesen drei Kriterien zugeordnet, so dass sich daraus ablesen lässt, welche Glocke angeliefert wurde, welche vorläufig zurückgestellt und welche von der Ablieferung befreit war. Leider hat sich diese Erfassungskartei der Kärntner Glocken nicht vollständig erhalten. Sie muss im Landesdenkmalamt verblieben sein und scheint auch im Zweiten Weltkrieg für die Ablieferung herangezogen worden zu sein, da auf Deckblättern der Stempel „25. April 1940“ und handschriftlich der Name des damaligen Denkmalpflegers Walter Frodl vermerkt ist. Das erste Glockenlager in Kärnten befand sich am „Rudolfsbahnhof “ in Klagenfurt, der große innerösterreichische „Glockenfriedhof “ lag dann in Brixlegg, von dem aber nicht alle Glocken weitergeliefert und vernichtet wurden. Einige besonders wertvolle Glocken kamen nach dem 2. Weltkrieg an nahe gelegene Museen, so auch an das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (vgl. Kat.-Nr. 582).

In Kirchen, in denen oft nur eine alte Glocke verblieben ist, wurde nach 1945 bei der Vervollständigung der Geläute zur Anfertigung der neuen Hartstahlgussglocken diese letzte historische Glocke der jeweiligen Glockengießerwerkstätte als Anzahlung übergeben. So entstanden eigene Glockenmuseen bei Pfundner in Wien und auch bei Graßmayr in Innsbruck.

In der Zwischenkriegszeit hat sich Pater Augustin Jungwirth O.S.B. des Kärntner Glockenbestandes angenommen und ihn in einer maschinschriftlichen „Glockenkunde von Kärnten“ bearbeitet564. Zuvor hatte schon Hans Sabidussi 1927 einen Aufsatz über „Kärntens Glockengießer“ verfasst565. 1961 haben Andreas Weissenbäck und der Wiener Glockengießermeister Josef Pfundner ein ganz Österreich umfassendes Werk herausgegeben, „Tönendes Erz. Die abendländische Glocke als Toninstrument und die historischen Glocken in Österreich“566. Diese erste große Erfassung historischer Glocken Österreichs konnte naturgemäß nicht alle überlieferten „historischen“ Glocken erfassen und fand von Josef Pfundner eine Ergänzung durch zwei Nachträge567.

Kärnten ist mit seinen über 1000 katholischen Kirchenbauten ein reiches Kulturland, mit Kirchenbauten, die bis in entlegene Täler und hochgelegene Siedlungen errichtet wurden. Die ländlichen Strukturen, meist fernab von städtischen und kirchlichen Zentren, haben viel dazu beigetragen, dass mehr Glocken als Kultur- und Kunstdenkmäler erhalten blieben, als in anderen österreichischen Bundesländern.

563 KLA, Hs. GV 1/17. – Paul Grueber, Glocken aus Kärnten zur Beschaffung von Kriegsmetall, Klagenfurt 1916.
564 Photokopie 1988 nach dem Exemplar in der Bibliothek des Landesmuseums Kärnten (1930).
565 Hans Sabidussi, Kärntens Glockengießer, in: Car. I 121 (1931) 26–56.
566 Graz-Köln 1961.
567 Josef Pfundner, Nachtrag zum Bestand der historischen Glocken Österreichs, in: ÖZKD 22 (1968) 52–59. – Ders., Zweiter Nachtrag zum Bestand der historischen Glocken Österreichs, in: ÖZKD 29 (1975) 72–80. – Vgl. auch Josef Pfundner, Die Glocken des Meisters Hans Mitter von Judenburg, in: ÖZKD 23 (1969) 8–18.
568 Nicht berücksichtigt sind sechs unbeschriftete Glocken, die bei Weißenbäck/Pfundner ebenfalls aufgelistet sind: Gaisberg (13. Jh.), Guttaring (13. Jh. u. 14.Jh.), Weitensfeld (14. Jh.), Wieting (14. Jh.), St. Stephan bei Dürnstein (vor 1400).

Die von den genannten Autoren angestrebte vollständige Erfassung der Kärntner Glocken war nur zu erreichen, wenn wirklich in jedem Turm vor Ort Nachschau gehalten und Aufnahmen durchgeführt wurden. Dies hat sich die Inschriftenarbeit im Bezirk St. Veit an der Glan auch für den Inschriftenträger „Glocke“ zum Ziel gesetzt und es ergibt sich aus dieser Sammlung ein beachtlicher Bestand an 101 original und kopial überlieferten, beschrifteten Glocken für den Zeitraum vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis 1650. Original erhalten sind trotz Glockenbruch, Neuguss und Kriegsmetalllieferungen im Bezirk 38 Glocken, wobei die meisten, auch im Guss überaus qualitätsvollen Glocken, aus dem 16. Jahrhundert stammen. Die relativ große Anzahl an kopialen Überlieferungen bezeugt eine reiche Ausstattung und hohe Produktion in diesem Bezirk, in dem sich mit Friesach auch die älteste Kärntner Glockengießerwerkstätte festhalten lässt. Josef Pfundner hat in seinem „Glockenatlas“569 für ganz Kärnten vom 11. bis zum 19. Jahrhundert nur insgesamt 290 Stück angeführt, eine Zahl, die schon von P. Augustin Jungwirth570 weit überboten werden konnte. Die nun im Zusammenhang mit der Erfassung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Inschriften des Bezirkes St. Veit an der Glan erarbeiteten Zahlen zeigen, dass dieser Bestand an Inschriftenträgern viel höher einzuschätzen ist.

Die älteste erhaltene und beschriftete Glocke hängt im Turm der Pfarrkirche St. Jakob d. Ä. u. St. Anna in Deinsberg (Guttaring) und ist in die Zeit um 1300 zu datieren (Kat.-Nr. 25). In das 13. Jahrhundert bzw. um 1300 fallen nur zwei Glocken. Die älteste Glocke, die einem gesicherten Glockengießer zuzuweisen ist, hängt in der Propstei- und Pfarrkirche St. Margareta in Wieting (Kat.-Nr. 97) und wird vor 1435 zu datieren sein. Diese Glocke ist von mittlerer Größe, weist am Mantel eine eher rohe Reliefdarstellung der Kreuzigungsgruppe auf. Am Ende der Beschriftung ist ein Gießerzeichen eingefügt, das dem Friesacher Glockengießer Rupert Dringer gehört, der dort in den Jahren von 1435 bis 1464 nachzuweisen ist571. Seine Glocken sind durchwegs mit Jahreszahlen versehen, nicht aber diese in Wieting, die zudem ursprünglich zu einer Kirche mit dem Patrozinium des hl. Peter gehört haben dürfte. Es könnte sich hier um eine sehr frühe Arbeit dieses Meisters handeln. Darauf weist nicht nur die Verwendung von gotischen Majuskelformen aus der Zeit um die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hin, sondern auch noch die eher „rohe“ Arbeit572 bei dem Relief bildnis. Es kann sich daher hier um sein ältestes erhaltenes Werkstück handeln, bei dem er noch auf den in seiner Werkstätte vorhandenen Formenbestand an gotischen Majuskelbuchstaben zurückgegriffen hat. Die Glocke ist wohl vor 1435 zu datieren. Das Patrozinium der hl. Margareta in Wieting besteht seit der Gründung573, es war aber eine Regularpfarre des Stiftes St. Peter in Salzburg und ist bis heute dieser Erzabtei inkorporiert. Es gab aber auch eine Tochterkirche St. Peter in Wieting, erwähnt 1260 in einer Urkunde „prope s. Petrum“574. Damit wird die Glocke wohl sicher für diese Peterskirche in Wieting gegossen worden sein und kam erst nach deren Abbruch um 1800 an die Propsteipfarrkirche St. Margareta. Alle anderen Glocken, die sich in Kärnten von Meister Dringer erhalten haben, sind mit gotischen Minuskelbuchstaben beschriftet: 1435 die Glocke in St. Stefan am Krappfeld, die heute in St. Kosmas in der gleichnamigen Filialkirche hängt (Kat.-Nr. 98), bis hin zur Glocke von 1464 in Bad Kleinkirchheim575. Die zuvor vom selben Meister genannte Glocke in St. Kosmas (Mölbling), Filialkirche St. Cosmas und Damian trägt das Meisterzeichen und eine Beschriftung mit gotischen Minuskelbuchstaben.

Erst 1476 ist Mert von Friesach576 im Bearbeitungsgebiet mit einem ersten Werkstück belegt, erhalten in der Pfarrkirche St. Georg in Zienitzen (Kat.-Nr. 165). Er ist in den Jahren von 1469 bis 1476 durch Glocken in Kärnten nachweisbar577. Seine Glocken sind gusstechnisch besonders sauber ausgeführt, mit schönem ornamentalen Dekor, mit Medaillons und Reliefdarstellungen. Die Glocke in Zienitzen ist die späteste von ihm bekannte Arbeit.

Der dritte Friesacher Meister in Folge ist dann Peter Pfinzing, der von 1481 bis 1521 als Glockengießer durch erhaltene Werkstücke von sehr sauberer Ausführung nachweisbar ist578. Er zählt unter den Friesacher Glockengießern zu den besten und meistbeschäftigten und dürfte auch mit der Judenburger Gusshütte des Hans Mitter579 in Verbindung gestanden haben. Dies geht aus der Verwendung annähernd gleicher Heiligendarstellungen auf den Glocken hervor. Ein sehr schönes Werkstück hängt heute noch in der Pfarrkirche St. Johann d. T. in Zweikirchen (Kat.-Nr. 214), weiters Glocken in der Pfarrkirche St. Margareta in Glödnitz (Kat.-Nr. 215), in der Filialkirche St. Florian u. Josef in Tanzenberg (Kat.-Nr. 224), in der Pfarrkirche St. Rupertus in Projern (Kat.-Nr. 227), in der Pfarrkirche St. Georg in Gaisberg (Kat.-Nr. 254) und als vermutlich letzte erhaltene im Bezirk die Kleine Glocke in der Friedhofskapelle zu Zweinitz, deren Datierung nicht ganz eindeutig ist (Kat.-Nr. 267). Der letzte dieser Friesacher Glockengießerfamilie war Christof Pfinzing, von dem sich eine sehr schöne Glocke in der Filialkirche St. Lorenzen am Lorenzenberg (Micheldorf) aus dem Jahre 1578 erhalten hat (Kat.-Nr. 507)580.

569 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz.
570 Jungwirth, Glockenkunde.
571 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 155, 246 (1), 306.
572 Jungwirth, Glockenkunde 164. – Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 306.
573 Erläuterungen zum historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, hg. von d. österr. Akademie der Wissenschaften. II. Abteilung. Die Kirchen- und Grafschaftskarte. 8. Teil: Kärnten. 2. Ost- und Mittelkärnten nördlich der Drau, von Walter Fresacher, Gotbert Moro, Jakob Obersteiner, Richard Wanner† und Hermann Wieszner. (AGT 52) Klagenfurt 1958, 166f. – Josef Höck, Geschichte der Propstei Wieting im Görtschitztal, Kärnten (1147–1848), Salzburg 1979, 15f.
574 MC IV/2, Nr. 2712. – Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 2/8/2 167. – Höck, Wieting 1979, 37: diese Kirche oder Kapelle hing wohl mit der üblichen „Leutekirche“ zusammen; sie wird 1745 noch als „Ecclesia S. Petri in colle filialis“ bezeichnet und ist um 1800 abgebrochen worden.
575 DI 21 (Spittal a. d. Drau, Hermagor) Kat.-Nr. 72: der Text ist identisch mit dem auf der Glocke in Wieting, bei der nur das Patrozinium angepaßt ist und die Datumsangabe fehlt.
576 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 246 (9). – Vgl. Jungwirth, Glockenkunde 273: er kennt den Namen des Meisters nicht.
577 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 155. – Jungwirth, Glockenkunde 89: gibt als Jz. 1416 an, da er irrtümlich die 7 als 1 gelesen hat.
578 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 155, 246: Gießerzeichen Nr. 10.
579 Pfundner, Glocken 8–18.
580 Nach Ps 150, 5–6 (Liber Psalmorum iuxta septuaginta emendatus): Lobet den Herrn mit wohlklingenden Zimbeln, lobet den Herrn mit schmetternden Zimbeln, im Jahre des Herrn 1578 Jahr.

Nur eine einzige Glocke in diesem Bezirk Kärntens scheint dem Villacher Glockengießer Hieronymus Egger zuzuschreiben zu sein, vermutlich 1528 für die Pfarrkirche St. Aemilian in Altenmarkt gegossen581 und nicht mehr erhalten (Kat.-Nr. 327†). Die Villacher Werkstätten sind im 16. Jahrhundert noch durch Ambros Basler582 vertreten, allerdings ebenfalls durch eine nicht mehr erhaltene Glocke von 1564 in der Propsteipfarrkirche St. Margareta in Wieting (Kat.-Nr. 448†). Das bei Jungwirth wiedergegebene „Gießerzeichen“583 findet sich auch auf einer Glocke in der Fk. St. Philipp und Jakob in Pichlern bei Himmelberg584 und ist dort eindeutig dem Villacher Glockengießer Ambros Basler zuzuordnen. Daher wird auch die Glocke in Wieting von diesem Meister stammen, der nur von 1562 bis 1567 nachweisbar ist. Bei Pfundner wird ihm noch eine Glocke in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Lieseregg zugeschrieben, was sich aber als Irrtum erwiesen hat585.

Von ganz besonderem Interesse ist die Glocke des Wolfsberger Meisters Sebastian, Zinn- und Glockengießer zu Wolfsberg, die dieser 1563 (?) für die Filialkirche St. Andreas in Hausdorf (Kat.-Nr. 444) gegossen hat. Sie zeigt am Mantel in einem länglichen Schild mit Rollwerkrahmung in Relief eine weibliche Gestalt, die möglicherweise als Fortuna, als Schicksals- und Glücksgöttin, auch in der Art einer renaissancezeitlichen Brunnenfigur oder, was weniger wahrscheinlich erscheint, als Wappenbild deutbar ist586, weiters einen erhaben gearbeiteten Puttenkopf. Datiert wird die Glocke nur durch ein Münzbild am Mantel der Glocke587, eine Schaumünze588 auf die Krönung Maximilians II. in Ungarn 1563: auf der Vorderseite sind die Brustbilder Maximilians II. und seiner Frau Maria dargestellt. Auf der am Glockenmantel natürlich nicht sichtbaren Rückseite wäre Kaiser Ferdinand I. im Brustbild wiedergegeben, mit der Umschrift FER(DINAND) D(EI) G(RATIA) EL(ECTVS) RO(MANORVM) IM(PERATOR) S(EMPER) AVG(VSTVS) GE(RMANIAE) HV(NGARIAE) BO(HEMIAE) R(EX) 1563. Diese Münze kann als terminus post quem für die Datierung der Glocke herangezogen werden, nach oben hin wäre der Zeitraum offen. Da es sich bei der Schaumünze aber um eine Prägung mit einem jahresbezogenen Ereignis handelt, wird der Auftraggeber für diese Glocke – möglicherweise ein Vertreter des Gurker Bistums, der bei der Krönung persönlich anwesend war589 – diese Münze im Auftragsjahr dem Glockengießer übergeben haben. Der Glockengießer Sebastian aus Wolfsberg – nach Jungwirth590 und Pfundner591 wohl zu Unrecht mit dem Nachnamen „Woulich“ bzw. „WALICH“592 bezeichnet – ist ansonsten nur mehr durch eine kopiale Überlieferung belegt, nämlich eine um 1550 für die Filialkirche St. Michael in Dobersberg gegossenen Glocke (Kat.-Nr. 391†), die sich leider nicht erhalten hat, aber auch mit einem Münzabdruck datiert und geziert war. Schließlich ist auch der Vermerk „Zinngießer zu Wolfsberg“ zu beachten – die Zinn- und Glockengießer werden im 16. und auch noch im 17. Jahrhundert in einer Zunft und vor Ort wohl auch in einer Werkstätte zusammengefasst, weil Sebastian damit der älteste bekannte Wolfsberger Zinngießermeister in Kärnten ist593.

Von 1514 bis 1618, also über ein Jahrhundert, ist die Glockengießerfamilie Fiering in Völkermarkt tätig. Die älteste erhaltene Glocke des Urban Fiering (1514–1556)594 stammt aus dem Jahr 1514 und hängt im Turm der Pfarrkirche St. Jakob d. Ä. in Liemberg (Kat.-Nr. 250). Am Mantel sind die Relieffigur des hl. Jakob und ein Münzabdruck festgehalten, das Meisterzeichen findet sich auf der Platte der Glocke. Urban Fiering war über 40 Jahre als Meister tätig; es sind zumindest 21 seiner Glocken in ganz Kärnten überliefert.

Von seinem Nachfolger als Völkermarkter Meister, nämlich Wolfgang Fiering, ist nur eine Glocke bekannt, dafür ist diese aber auf Grund ihrer Beschriftung besonders interessant. Es handelt sich um die 1559 für die Pfarrkirche St. Walburgen gegossene Glocke (Kat.-Nr. 432), die am Hals zwischen zwei Doppelleisten eine umlaufende Inschrift in gotischer Minuskelschrift trägt. Eine weitere Inschrift, ebenfalls in Minuskelform, findet sich am Mantel zwischen je einer zweifachen Zierleiste, eine dritte schließlich am Wolm, diese aber in frühhumanistischer Kapitalschrift. Das Meisterzeichen ist am Mantel unter der dritten Beschriftung beigefügt, weiters sind hier in kleinen Medaillons mehrere Tiersymbole wie Greif mit Schlange, Eidechsen und Adler, weiters Reliefdarstellungen der hl. Margareta, des hl. Stephanus, der Madonna mit dem Kind abgebildet, ferner eine Plakette mit antiken Figuren, ein lautenspielender Engel, eine Plakette mit Engel sowie eine Plakette mit drei nackten Figuren. Die sechs Glockenhenkel sind mit stilisierten Blattmusterornamenten verziert, dazwischen sind radiale Gussrippen eingefügt, die flache Haube geht mit einer Hohlkehle in die gewölbte Platte über, die mit einem Zierreifen dekoriert ist. Die lateinische Bibelstelle der Inschrift I. entspricht der Stelle bei Jes 7,14 in der Form von Mt 1,23: schon Johannes B. Bauer hat darauf hingewiesen, dass alle lateinischen Texte statt erit + pregnans entweder concipiet (Jes 7,14) oder auch in utero habebit bzw. in utero concipiet (Mt 1,23) verwenden. Der Text auf der Glocke entspricht demnach nicht den zeitgenössischen lateinischen Bibelstellen595. Außerdem steht auf der Glocke vocabunt + nomen (Mt 1,23), bei Jes 7,14 steht auch vocabitur nomen. Die zweite Textstelle bezieht sich auf die lateinische Stelle nach dem Vulgata-Wortlaut bei Prov 8,14–16 lautet aber: Meum est consilium et aequitas, mea est prudentia, mea est fortitudo. Per me reges regnant, et legum conditores justa decernunt, per me principes imperant, et potentes decernunt justitiam. Bauer stellte sich ebenfalls die Frage woher der Text denn nun stammte, wenn nicht aus einer in dieser Zeit üblichen Vulgata-Ausgabe. Bemerkenswert ist dabei auch das Wort PENES, das für apud steht und in der Vulgata nur sechsmal vorkommt, gegenüber dem viel häufigeren apud (108 Mal)596. Mit dem Wort SVCCESSVS wird auch auf die Textkritik Bauers ein leichter Schatten geworfen, wenn er nämlich den Text von Pfundner597 übernimmt, der hier ein Problem bei der Lesung hatte und daher nur SUCC.... wiedergeben hat. Ein Großteil der Texte der Glockeninschriften entsprechen bei Pfundner nicht den inschriftenpaläographischen Kriterien und eignen sich daher nur bedingt für textkritische Untersuchungen nach dem Motto „Von den Tücken der Inschriften“. Das Wort SVCCESSVS führte Bauer zu hebräischen Vorlagen für die neuzeitlichen lateinischen Übersetzungen, im Besonderen zu Philipp Melanchthon und seinen 1525 erschienenen Solomonis sententiae versae ad Hebraicam Veritatem598. Dort lautet diese Textstelle: „Penes me consilium, et successus est. Ego intellegentia sum, penes me est potentia. Per me reges regnant, et principes constutuunt iusta. Per me domini dominatur, et regnant omnes iudices terrae.“ Dies entspricht wortwörtlich dem Text der Glockeninschrift, sieht man von einer Verschreibung des Wortes REGEM statt reges ab. Damit ist auch für den ersten Text eine ähnliche, zeitgemäße Textvariante anzunehmen. Johannes B. Bauer hat diese Stelle bei Erasmus von Rotterdam gefunden, in dem 1516 in Basel erschienenen Novum instrumentum, einer lateinischen Übersetzung, die er seiner griechischen Edition des Neuen Testamentes beigefügt hat: „Ecce virgo erit praegnans et pariet filium et vocabunt nomen ejus Emmanuel599.“ Es stellt sich die Frage, wie ein Kärntner Glockengießer aus Völkermarkt 1559 an diese frühen lateinischen Texte eines Melanchthon und Erasmus gekommen ist, warum er nicht der verbreiteten Version der Vulgata gefolgt ist.

581 Landesmuseum Kärnten, Tabula campanorum = LMK, Tab. camp. Altenmarkt Nr. 2. – Jungwirth, Glockenkunde 116. – Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 199.
582 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 199, 274: Wappenschild mit Monogramm AP.
583 Jungwirth, Glockenkunde 164.
584 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 274.
585 DI 21 (Spittal a. d. Drau, Hermagor) Kat.-Nr. 153.
586 Jungwirth, Glockenkunde 120 spricht irrtümlich von einem Wappenschild, darin „in reicher barocker Umrahmung ein stehender Ritter“.
587 Vgl. dazu auch Arnold Luschin von Ebengreuth, Münzen als Glockenzierrat, in: MZK NF 6 (1880) LXXI–LXXIII.
588 Kremnitz 1563, D. 0,35 cm; vom Münzstempelschneider Lucas Richter aus Kremnitz. – L(eonard) Forrer, Biographical Dictionary of Medallists: coin-, gem-, and seal-engravers, mint masters, etc., ancient and modern; with references to theirs works, B.C. 500-A.D. 1900, Volume 5, London 1912, 121f.
589 Die Fk. St. Andreas in Hausdorf wurde der Pfk. St. Margaretha in Lieding einverleibt und zur Finanzierung des Kollegiatkapitels in Straßburg herangezogen. Durch die Nähe zum Kollegiatkapitel wären ein Gurker Bischof – im konkreten Fall Fürstbischof Urban Sagstetter (1556–1573) – oder ein Dompropst als Auftraggeber und Besitzer der Schaumünze denkbar. – Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 2/8/2 212.
590 Jungwirth, Glockenkunde 301: hier Dobersberg in Steiermark.
591 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 226.
592 Vgl. dazu die Glockeninschrift nach Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 274 aus der Fk. St. Lambert am Haimburgerberg: SEBASTIAN WALICH HAT MICH GOSEN MDLXXXIX. Diese Zuweisung ist mehr als fraglich, da der Wolfsberger Zinn- und Glockengießer sich nicht mit Nachnamen nennt, wohl aber mit Ortsangabe; beides trifft hier nicht zu. Außerdem ist seine Tätigkeit für 1563 und vorher sicher, 1589 scheint aber doch schon zu spät. – Auch die nicht mehr erhaltene Glocke in der Pfk. St. Bartholomäus in Rechberg spricht für einen zweiten Glockengießer mit dem Vornamen SEBASTIAN in Wolfsberg, der hier aber Sebastian Woulich Malerer zu Wolfsberg genant wird. Siehe dazu Jungwirth, Glockenkunde 57. – Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 295.
593 Friedrich W. Leitner, Altes Zinn in Kärnten. Katalog zur Sonderausstellung des Landesmuseums für Kärnten, Klagenfurt 1987, 31f. – Ders., Zur Geschichte der Zinngießer in Kärnten im 16. und 17. Jahrhundert, in: KLM 1987/10, 43–46.
594 Jungwirth, Glockenkunde 299 – Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 201.
595 Bauer J., Tücken der Inschriften 34.
596 Ebenda.
597 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 305.
598 Hagenau 1525.
599 Basel 1535.

Wo hat es um die Mitte des 16. Jahrhunderts im schon großteils protestantischen Kärnten Bibliotheken mit diesen Werken gegeben? War es der Kärntner Landeshauptmann Georg II. Khevenhüller, der auf Hochosterwitz den gelehrten Pastor Michael Gotthard Christalnick als Prediger hielt600, war es ein gelehrter Priester aus der Umgebung des Gurker Fürstbischofs Urban Sagstetter (1556–1573), in dessen Bibliothek nachweislich beide oben zitierten Werke vorhanden waren601? Wie sehr aber auch gebildete Bürger in Kärnten eigene Hausbibliotheken besaßen, bezeugen u.a. auch der Villacher Arzt und Protestant Eberhard Hedenegg602 und der Bleiberger Gewerke Christoph Reisenauer603. Auch die Pfarrkirche von St. Walburgen war im 16. Jahrhundert von der Reformation nicht unbeeinflusst geblieben, so hat um 1595 Leonhard Welzer als Vogt der Kirche beabsichtigt, einen evangelischen Predikanten hier anzustellen604. Die Priestergrabplatte des Simon Strisiz, innen im Chor an der Südwand, ist wohl als ein besonderes Denkmal der Reformationszeit im Görtschitztal zu werten (Kat.-Nr. 439). Wenngleich bildliche Darstellungen und entsprechende Bibelzitate mit der Gegenüberstellung von Altem und Neuem Testament fehlen, lässt doch die zweimalige Verwendung des Wortes PASTOR und die Textformel SACROQVE CHRISTI DOGMATI diese Vermutung als sehr wahrscheinlich erscheinen.

Wer die Textvorlage für die Glocke geliefert hat, wird sich wohl nicht mehr klären lassen, sie selbst ist jedenfalls in Völkermarkt entstanden. Wolfgang Fiering gehört zu der bekannten Völkermarkter Zinn- und Glockengießerfamilie, die über hundert Jahre (1514–1619) dieses Gewerbe in Kärnten ausgeübt hat605. Sie ist ein gutes Beispiel für die Werkstättentradition, vor allem auch, was die Schriftformen betrifft. In diesen Familienbetrieben haben sich die Gußvorlagen über Generationen erhalten und wurden oft, auch entgegen dem Zeittrend, in retardierender Weise verwendet. So finden wir hier Buchstaben einer gotischen Minuskel, die noch in das 15. Jahrhundert gehören, andererseits aber auch schon eine Renaissanceschrift in Form der um 1559 nicht mehr oder nur mehr als Zierschrift gebräuchlichen frühhumanistischen Kapitalis.

Dem Meister Benedikt Fiering (1560–1591), der fast 30 Jahre in Kärnten gearbeitet hat und von dem noch einige Glocken vorhanden sind, wird eine Glocke aus dem Jahr 1576 zugeschrieben, die der Gurker Dompropst Karl von Grimming für die Filialkirche St. Jakob ob Gurk in Auftrag gegeben (Kat.-Nr. 488†) und am 29. November 1576 selbst geweiht hat606. Zwei weitere Glocken wurden ebenfalls im Auftrag dieses Dompropstes bei Benedikt Fiering gefertigt, eine für die Filialkirche St. Jakob ob Gurk (Kat.-Nr. 496†), eine zweite für die Pfarrkirche St. Georg in Zammelsberg (Kat.-Nr. 497†). Die letzte ist eines der wenigen Beispiele, bei denen Nachrichten über die Anschaffung von Glocken überliefert sind. Ein besonders beindruckendes Gussstück ist auch seine Glocke von 1580, die er im Auftrag der Äbtissin Affra von Staudach für die Klosterkirche in St. Georgen am Längsee angefertigt hat (Kat.-Nr. 515). Auch hier verwendet er in alter Werkstättentradition die noch vorhandenen Buchstabenformen der gotischen Minuskel wie auch der frühhumanistischen Kapitalis zur Beschriftung der Glocke, Formen, die wir seit Urban Fiering immer wieder antreffen.

Mathias Fiering607 folgte 1576 dem Benedikt Fiering als Glockengießermeister zu Völkermarkt. Seine Glocken zeichnen sich durch eine besonders schöne Reliefarbeit aus. Erhalten sind zumindest vier Glocken, von denen eine besonders schöne 1595 für die Filialkirche St. Rupert in Dielach (Mölbling) gegossen wurde (Kat.-Nr. 582), im zweiten Weltkrieg aber abgeliefert werden musste und im Sammellager in Brixlegg in Tirol gelagert wurde. Von dort hat sie dann das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Inv. Nr. B 333) erworben. Es handelt sich dabei um eine sehr schöne Arbeit mit sechs abgefasten Henkeln, mit bemerkenswerten Reliefdarstellungen am Mantel: So ist ein prächtig herausgearbeiteter Doppeladler mit Kaiserkrone dargestellt, weiters finden sich ein Greif und das Kniebild eines geharnischten Feldhauptmannes mit einem Stab und ohne Helm, der mit einer Inschrift bezeichnet ist; daneben das Gießerzeichen des Meisters. Auch Mathias Fiering verwendet noch die gotische Minuskel neben der frühhumanistischen Kapitalis, ein deutlicher Nachweis für die besondere Schrifttradition in den Glockengießerwerkstätten. Leider war der Versuch, diese Kärntner Glocke für das Landesmuseum und damit wieder für das Land Kärnten zu erwerben, nicht erfolgreich.

Das Zinn- und Glockengießergewerbe hat insbesondere in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Hochblüte erlebt. Friesach hatte seine führende Rolle schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verloren, Mittelpunkt des Gießergewerbes wurde Völkermarkt. Aber auch Klagenfurt trat mit dem Ausbau der Stadt und vor allem mit dem Zeughaus stärker in den Vordergrund. Neben Zinnwaren und Glocken wurden für die neue Festung vor allem Kanonen gebraucht, die noch bis 1580 aus Innsbruck bezogen wurden. Aber zu Ende des 16. und dann vor allem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde Klagenfurt zu einem wichtigen Zentrum der Kanonenproduktion. Es ist nicht mehr nachweisbar, wer in den Jahren 1575–1585 die ersten acht Kanonen in Klagenfurt gegossen hat608. Der bekannteste Glockengießer dieser Zeit in Klagenfurt war Georg Seisser, vermutlich ein Sohn des Linzer Glockengießers Christof Seisser. Von ihm haben sich im Bezirk St. Veit drei Glocken erhalten (Kat.-Nrr. 706, 713, 724), wobei das Glockengießen für ihn nur ein Nebengewerbe war, da er sich in der Zeit des 30-jährigen Krieges besonders mit dem Kanonenguss beschäftigt und damit auch ein beträchtliches Vermögen erworben hat. Nach seinem Tod heiratete Lorenz Pez, landschaftlicher Stück- und Glockengießer, die Witwe und erwarb damit auch das Gewerbe. Von ihm ist für den St. Veiter Bezirk nur mehr eine kopial überlieferte Glocke nachgewiesen (Kat.-Nr. 742†). Neben Seisser und Pez haben in dieser Zeit in Klagenfurt noch Georg Wirth, in Villach Erasmus Stampfl und Rudolf Fiering gearbeitet, von denen aber in dem bearbeiteten Bezirk keine Werkstücke erhalten sind. Erst von David Polster (1626–1661) sind drei Glocken genannt, eine davon ist noch im Original in der Pfarrkirche St. Salvator aus dem Jahre 1643 erhalten (Kat.-Nr. 729). Und wenn in Relation zu den doch recht zahlreichen, erhaltenen Glocken des 16. Jahrhunderts aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nur zehn original erhaltene Glocken vorhanden sind, so erklärt sich dies auch damit, dass bei den Ablieferungen zur Kriegsmetallsammlung der beiden Weltkriege eben Glocken aus dieser Zeit nicht mehr jenen historischen Stellenwert hatten, um von der Ablieferung befreit zu werden.

600 Wilhelm Neumann, Michael Gothard Christalnick. Kärntens Beitrag zur Geschichtsschreibung des Humanismus. (Kärntner Museumsschriften 13) Klagenfurt 1956, 18. – Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens Bd. 2 540.
601 Maria Mairold, Die Bibliothek Bischof Urban Sagstetters, in: Car. I 161 (1971) 277–292, bes. 286, 288, Nr. 95: die Bibliothek Urban Sagstetters kam zum Teil an die Universitätsbibliothek Graz, wo heute noch ein Neues Testament des Erasmus (gr. u. lat.), Basel 1541, vorhanden ist.
602 Wilhelm Neumann, Zum Beginn der Reformation in Kärnten, Reisenauers Ehehandel und seine protestantische Bibliothek, in: Car. I 172 (1982) 39–49, bes. 41.
603 Maria Mairold, Die hinterlassenen protestantischen Schriften des Bleiburger Gewerken Christoph Reisenauer, in: Car. I 172 (1982) 51–68, bes. 52f.
604 Erläuterungen Kirchen- und Grafschaftskarte 2/8/2 165.
605 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 201.
606 Obersteiner, Tagebuch 1948, 139.
607 Jungwirth, Glockenkunde 300.
608 Ebenda 282: ev. Heinrich Dürsam.

609 Bei Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 282, steht 1452!.
610 Ebenda 307: hier 1501!
611 Die Glocke ist ohne Inschrift, aber mit dem Meisterzeichen am Mantel versehen.
612 Weiszenbäck/Pfundner, Tönendes Erz 307: hier 1610!
613 Ebenda 289: hier 1543!
614 Ebenda 268: hier 1580!
615 Ebenda 270: hier 1629!

Von der Beschriftung ausgehend, lässt sich eine genaue Festlegung des Überganges von Gotischer Majuskel zu Gotischer Minuskel nicht treffen, da generell eine Datierung von Glocken vor dem Ende des 15. Jahrhunderts nach paläographischen Gesichtspunkten sehr problematisch ist. Gerade das Glockengießerhandwerk ist durch eine lange Familientradition gekennzeichnet und auch die Verwendung von Buchstabenformen mit vorhandenen Lettern prägt die Geschichte der Glockengießer. Bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts haben sich sieben Glocken mit gotischer Majuskel erhalten, alle ohne Nennung eines Glockengießers. Die erste Minuskelbeschriftung datiert in das Jahr 1406 (Kat.-Nr. 77), vermutlich in Friesach gefertigt, aber noch ohne Meisterangabe. Aus der Zeit vor 1435 stammt eine Glocke des Friesacher Meisters Rupert Dringer (Kat.-Nr. 97), hier noch mit Majuskelbuchstaben. Derselbe Meister hat 1435 (Kat.-Nr. 98) eine sehr ähnliche Glocke gegossen, diesmal mit gotischen Minuskelformen, mit Meisterzeichen und genauer Jahresdatierung. Die Lettern in Gotischer Minuskel finden sich dann bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts. Erst aus dem Jahre 1540 ist die erste Glocke mit Kapitalis überliefert (Kat.-Nr. 364). Bis in das weitere 16. Jahrhundert wird neben gotischer Minuskel und Frühhumanistischer Kapitalis immer häufiger die Kapitalis, teils in Verbindung mit Minuskelformen, verwendet; erst im 17. Jahrhundert setzt sich die Kapitalis als die gängige Schriftform landesweit durch.

Mit Mert von Friesach ab 1476 und dann vor allem mit Peter Pfinzing (1503–1518), ebenfalls in Friesach tätig, wird die Glocke als Inschriftenträger mit entsprechenden Zuweisungsmöglichkeiten (Schriftform, Meister, Patrozinium, etc.) erst richtig fassbar

6.6. Rechtsdenkmäler – Flurdenkmäler

Unter den Inschriftenträgern findet sich auch eine kleine Gruppe, deren rechtliche Strukturen und Texte in den Bereich der rechtshistorischen Denkmäler gehören. Hier steht im Bearbeitungsraum St. Veit an der Glan an erster Stelle die Bronzetafel über dem Portal des Rathauses in der Stadt St. Veit, mit der Spruchinschrift aus dem Jahre 1468 (Kat.-Nr. 154). Es handelt sich dabei um ein spätgotisches Werkstück nach Nürnberger Vorbild, das heute in die barocke Fassade über dem Portal eingefügt ist. Die hochrechteckige Gusstafel wird seitlich von Fialen begrenzt, unten durch Bögen und Zierleisten in Bild- und Schriftfelder unterteilt. Ein kielbogenförmiges, mit Krabben besetztes Maßwerk beschließt die Tafel oben. Das Mittelfeld ist geprägt von der dreizeiligen Is. Aeins mans red . ein halbe red / Man sol sy . verhoren bed . / M . cccc . lxviii., die durch waagrechte Zierstreifen gegliedert wird. Über dem Kielbogenmaßwerk sind links auf einer Konsole der hl. Vitus als Knabe, rechts der hl. Laurentius mit dem Bratrost beigefügt. In den beiden unteren Zwickelfeldern sind ebenfalls Heilige appliziert, links der hl. Andreas, rechts der hl. Sebald mit der doppeltürmigen Kirche und dem Pilgerstab. Für die Nürnberger Provenienz der Bronzetafel sprechen mehrere Hinweise. Neben dem Stadtheiligen Vitus ist auch der hl. Sebald dargestellt, der Nürnberger Stadtpatron616. Als solcher ist er ein lokaler Heiliger, der in Kärnten überhaupt nicht vorkommt. Wohl aber ist seine Verehrung im Besonderen für Nürnberg nachzuweisen. Der zweite Hinweis ist die bekannte Textstelle aus dem Sachsenspiegel, die wortgleich früher an einem Eingang des Nürnberger Rathauses (vgl. dazu auch J. W. Goethe in „Dichtung und Wahrheit“, wonach im Sitzungszimmer des Rates im Römer zu Frankfurt die Inschrift zu lesen war: Eines Manns Rede ist keines Manns Rede, man soll sie billig hören Beede vorhanden war617. Weiters werden die Stifterfamilie(n) durch die erwähnten Hausmarken bzw. Handelsmarken (Handelszeichen) feststellbar: Die Handelsmarke auf der rechten Seite der Tafel gehört der aus Nürnberg stammenden Handelsfamilie der Kaltenhauser, die linke einer Familie Kares.

Ein Rechtsdenkmal ist auch der Marktrichterstab von Grades (Kat.-Nr. 412) aus dem Jahre 1552. Er wurde vom Gurker Bischof Johann VI. von Schönburg (1552–1555, vgl. Kat.-Nr. 417)618 für den Markt Grades gestiftet. Der Markt hatte die Gerichtsbarkeit mit Bann und Acht. Der Marktrichterstab ist szepterförmig und hat am versilberten sechseckig gestuften Griff auf jedem der sechs Grifffelder eine jeweils einzeilige Inschrift eingraviert619. Ein ähnlicher szepterförmiger Stadtrichterstab wurde 1561 vom Gurker Bischof Urban Sagstetter (1556–1573, vgl. Kat.-Nr. 476)620 für das Gericht und den Rat der Stadt Straßburg gestiftet (Kat.-Nr. 437). Die Gurker Bischöfe übten in ihrer Residenzstadt das Ius gladii aus, zur Vollziehung war es dem Gericht der Stadt Straßburg übertragen. Hier lautet der nach Dtn 1,16f. formulierte Spruch: VERHORT EVRE BRVEDER VND RICH/TET RECHT ZWISCHEN IEDERMAN / ER SEI . BRVDER FREMBDLING.

Daneben ist hier auch auf Gebietsabgrenzungen und Markierungen von Landgerichten und Burgfriedgrenzen hinzuweisen. Ein Grenzstein befindet sich heute im Hof der Burg in St. Veit an der Glan (Kat.-Nr. 473). Sein ursprünglicher Standort ist nicht mehr bekannt, wohl aber sein Rechtsinhalt: Er grenzte den Burgfried St. Veit vom Landesgericht St. Veit ab. Bei der Ruine Taggenbrunn ist ein weiterer Grenzstein vor Ort geblieben, wohl an der Burgfriedgrenze von Taggenbrunn und dem Landgericht Hochosterwitz (Kat.-Nr. 527)621. Schließlich haben sich in Treffelsdorf bei St. Veit zwei mit 1638 datierte Grenzsteine erhalten, die sich auf die Burgfriedgrenze der Stadt St. Veit beziehen622 (Kat.-Nrr. 714, 715).

616 Schnelbögl, Nürnberger Familien 180f.
617 Ebenda 181 (Anm. 6). – Ernst Mummenhoff, Das Rathaus in Nürnberg, Nürnberg 1891, 37.
618 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 305f.
619 Vgl. dazu auch Edmund Kummer, Johannes von Schönburg. Abt von Melk (1549–1552), Bischof von Gurk (1552–1555), in: Car. I 161 (1971) 263–275, bes. 273f., Abb. 272, 273.
620 Obersteiner, Bischöfe Bd. 1 310f.
621 Martin Wutte, Kärntner Gerichtsbeschreibungen. Vorarbeiten zu dem Historischen Atlas der österreichischen Alpenländer, 1. Abt. 4. Teil. (AGT 20/21) Klagenfurt 1912, 90. – Das Buch von Sankt Georgen am Längsee. Vierzig Dörfer in Kärnten, Klagenfurt 1995, 123 u. Abb.
622 Karl Ginhart, Alte St. Veiter Stadtpläne, in: Car. I 151 (1961) 823–842, bes. 840.

Friedrich Wilhelm Leitner

Zitierregel:
Die Inschriften des Politischen Bezirks St. Veit an der Glan, ges. u. bearb. v. Friedrich Wilhelm Leitner
(Die Deutschen Inschriften 65. Band, Wiener Reihe 2. Band, Teil 2) Wien 2008, 6. Die Inschriftenträger,
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Die Deutschen Inschriften
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und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien
65. Band, Wiener Reihe 2. Band
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