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Die Inschriften des Bundeslandes Tirol

Politische Bezirke Imst, Landeck und Reutte

8. Nicht aufgenommene Inschriften

Nicht in die vorliegende Edition einbezogen wurde das bereits kurz angesprochene Chrismon auf einer Marmorplatte an der Südwand der Laurentiuskirche in Imst, da diese Inschrift sowohl in Bezug auf ihre Datierung (vermutlich kurz nach der archäologisch nachweisbaren Einäscherung der Kapelle durch die Alamannen um 480) und ihren Inhalt (ein einfaches, aus den griechischen Buchstaben χ und ρ bestehendes Chrismon) nicht den Aufnahmekriterien der DI entspricht. Das 1960 bei Restaurierungs­arbeiten entdeckte Chrismon stellt dennoch eines der bedeutendsten epigraphischen Zeugnisse außerhalb des Editionszeitraumes dieses Bandes dar, da es sich um ein frühes Zeugnis der Christianisierung des Oberlandes handelt. Auf das hohe Alter der Kirche am Imster Bergl verweist auch das Laurentius-Patrozinium der Kirche. Die ursprünglich wohl als Chorschrankenwand gedachte Steinplatte diente später als Deckplatte der Reliquiengruft und in weiterer Folge als Bodenplatte des Altartischs; ihre Datierung und Bedeutung sind in der Literatur bereits ausführlich behandelt worden175.

Die vorliegende Edition berücksichtigt weiters keine Inschriften, deren Datierung nicht zumindest mit einiger Sicherheit in den Untersuchungszeitraum, also vor 1665, einzuordnen ist. Um eine solche Inschrift mit unklarem Zeitansatz handelt es sich etwa bei der nur mehr kopial in einem Aufsatz des 19. Jahrhunderts überlieferten Inschrift mit dem Text DIVO . STEPHANO . LEVITE . ET . PATRONO . ECCLESIAE, die sich noch 1899 am Triumphbogen der Pfarrkirche von Karres befunden haben soll176. Der Text legt eine Entstehung der Inschrift im Barock nahe, doch lässt sich ohne die Möglichkeit einer genaueren paläographischen Analyse und aufgrund des Fehlens ergänzender historischer Hinweise nur mehr schwer entscheiden, ob die Inschrift im Verlauf des 16. Jahrhunderts oder anlässlich der Barockisierung des Innenraums 1756 entstanden ist.

Nicht aufgenommen wurde auch die in der Literatur genannte angebliche Datierung des Wirtshauses von Tschuppach (Tösens) zu 1514, da die Inschrift bei einem Besuch vor Ort sich weder auffinden ließ, noch den Besitzern bekannt gewesen ist177.

Ähnliches gilt für die Täfelung aus dem Palas der Burg Berneck. Einer Notiz des Tiroler Landeskonservators aus der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zufolge hatte man 1940 diese angeblich 1437 entstandene Vertäfelung vor Verwitterung schützen wollen, sie abgenommen und ins Tiroler Volkskunstmuseum übertragen178. Ob die angebliche Datierung lediglich aus den Bernecker Bauinschriften (Kat.-Nrr. 128f.) erschlossen wurde, oder ob eine früher tatsächlich vorhandene Inschrift verloren ging, konnte bislang nicht eruiert werden.

Inschriften, die sich wie diese Täfelung in Museums- oder Privatbesitz befanden, wurden in folgenden Fällen nicht aufgenommen: Die Fahne der Schrofensteiner, die von den Bündnern 1406 erobert wurde, und die heute in Appenzell aufbewahrt wird, wurde für die Edition als Museumsgut nicht näher untersucht und berücksichtigt, da sich ja selbst die Herkunft aus dem Oberland nicht sicher nachweisen lässt179. Eine Truhe aus dem Längenfelder Heimatmuseum, die offenbar die Jahreszahl 1579 auf der Frontseite aufweist, fand ebenfalls keine Berücksichtigung180. Gänzlich ausgeschlossen wurden ferner alle Behältnisse mit Eichmaßen, auch wenn diese mitunter ein hohes Alter aufweisen können; so sind im Serfauser Buch sehr alte Metzen abgebildet, deren erste Eichung bereits mit der Jahreszahl 1570 bzw. 1605 versehen wurde181.

Ebenfalls ausgeschlossen wurden Inschriften, die sich nur mehr äußerst fragmentarisch erhalten haben, bzw. von deren Existenz nur neuere Übermalungen Kenntnis geben, bei denen der Grad an Veränderung und Manipulation nicht mehr sicher festgestellt werden konnte. Ein solches Beispiel sind die Hauptinschriften zu einer Serie von Abtportraits im Klausurtrakt von Stift Stams. Jedem Abtportrait ist hier ein Text mit einer kurzen Vita beigegeben, und tatsächlich stammt die Bilderserie noch aus dem Bearbeitungszeitraum. Allerdings wurden die Kurzviten später übermalt; die alten Inschriften scheinen darunter nur mehr punktuell in Buchstabenfragmenten durch und blieben deshalb hier unberücksichtigt. Dagegen sind die offensichtlich unveränderten Inschriften auf Gegenständen in den Abtportraits selber (etwa auf Briefen, in Büchern) durchaus aufgenommen worden (Kat.-Nrr. 99–106 und 113).

Die ebenfalls barocken Inschriften über den einzelnen Zellen im Klausurtrakt des Stiftes wurden hingegen nicht aufgenommen, da deren Entstehungszeit über 1665 hinaus geht und sich nicht sicher entscheiden lässt, ob und welcher Teil dieser Inschriften noch in den Bearbeitungszeitraum fällt. Häufig fanden sich auch vor Ort Spruchbänder als Teil spätmittelalterlicher Wandmalereien, die in so schlechtem Zustand waren, dass sie kaum mehr überhaupt als Inschriften zu erkennen waren; ein Beispiel dafür wäre etwa die Wandmalerei mit dem Hl. Michael an der Außenwand der Pfarrkirche von Umhausen. Ebenso bleiben hier die Inschriften der rezent restaurierten Wandmalerei an der Ostseite des Gasthofs Krone in Umhausen aus dem 17. Jahrhundert unberücksichtigt, denn von der Inschriftenzeile über dem gemalten Architekturhintergrund aus Arkaden sind nur mehr Fragmente zu erkennen182. Keinen sicheren Rückschluss auf eine vielleicht vorhandene originale Inschrift erlaubt auch eine heute sichtbare Bauinschrift in der Außenmauer des abgebrochenen und neu wieder aufgebauten Hauses Nr. 82 in Grins; die heutige Kopie (?), die den Bestand 15 · 01 · EB aufweist, bleibt somit im Katalogteil dieser Edition unberücksichtigt183.

Eine größere Gruppe nicht aufgenommener Inschriften stellen jene Graffiti dar, die nicht mehr sicher oder nur mit so großen Unsicherheiten zu lesen sind, dass sich die Aufnahme verbietet. Ein Beispiel dafür sind die Rötelinschriften am Vorwerk der Ruine Kronburg in Zams: Hier finden sich zahllose Schichten von Schriftäußerungen übereinander, die aus einem Zeitraum zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert stammen. Oftmals ist dabei die Datierung nicht sicher festzustellen, gerade wenn es an die Zeitgrenze 1665 herangeht. In diesen Fällen wurden nur jene Graffiti aufgenommen, die lesbar und sicher datierbar waren (etwa Kat.-Nrr. 237 und 240).

Unter den unberücksichtigten Ritzinschriften dieser Edition ist vor allem ein Nexus litterarum der Buchstaben H͜M zu nennen, der an der Außenwand des Burgfrieds von Burg Berneck in Kauns in grober Kapitalis eingehauen wurde und der mit rund 10 cm Buchstabengröße zwar gut sichtbar ist, dessen oft vermutete Zuschreibung an Hans Wilhelm von Mülinen, den Erbauer der Burg, und damit in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts auf der Basis des epigraphischen Befundes jedoch auszuschließen, eine Datierung in den Editionszeitraum für unwahrscheinlich einzuschätzen war.

Eine große Schwierigkeit bei den Aufnahmearbeiten stellte die oft mangelhafte Zugänglichkeit der Glocken im Tiroler Oberland dar, was sowohl an den Zugangsmöglichkeiten an sich als auch an der schlichten Unerreichbarkeit der oft sehr hoch und nicht durch Leitern erschlossenen Position der Glocken in den jeweiligen Glockentürmen lag184. In jenen Fällen, in denen Glocken nicht ausreichend zugänglich waren, musste die Edition dem entsprechenden Eintrag in der Publikation von Weissenbäck und Pfundner folgen185. Wo eine Überprüfung der dort abgedruckten Texte am Original möglich war, zeigten sich jedoch mitunter deutliche Abweichungen186, so dass die entsprechenden Editionen manchmal unbefriedigend ausfallen.

175 GELMI, Geschichte 39 und 45; CARAMELLE, Kunst 111; NEUMANN, Kirchen 298f.; ZEMMER-PLANK, Raum 73; SYDOW, Christentum 26f; HAIDER, Antike 214–223; AMMANN, Oberland 178; DERS., Imst 38 und WAITZ, Kirchen 242–244.
176 Die Inschrift ist überliefert bei DEININGER, Curatie-Kirche.
177 AMMANN, Oberland 386 und MATSCHER, Am obersten Inn 224.
178 TRAPP, Kunstdenkmäler 93.
179 BILGERI, Bund 61 und BITSCHNAU, Schrofenstein 171. Zu den fraglichen Fahnenbeständen der Schweiz und dem Stand von deren Erforschung vgl. etwa BILFINGER, Fahnen und LEUTENEGGER, Überblick. Zu den Tiroler Fahnen siehe außerdem jüngst RIEDMANN, Fahnen.
180 S. BADER, Truhen 38f.
181 Vgl. dazu KLIEN/KÖFLER, Hohlmaße.
182 Vgl. dazu den Artikel in der Tiroler Tageszeitung Nr. 265 vom 15./16. November 2003, S. 23.
183 Vgl. Dehio Tirol 296.
184 Zu den Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Glockeninschriften vgl. KLOOS, Einführung 82f.
185 WEISSENBÄCK/PFUNDNER, Tönendes Erz. Die neuere Glockenkunde von Wernisch konnte leider nur selten wesentliche Neuerkenntnisse für die Tiroler Glockeninschriften beisteuern; WERNISCH, Glockenkunde.
186 Einen prominenten Fall im Bearbeitungsgebiet stellt die Glocke aus Lermoos von 1411 dar, die Weissenbäck/Pfundner als die älteste Glocke Tirols (zu Unrecht, vgl. Einleitung Kap. 6.2) ausmachen, aber auf deren Transkription von den Autoren ausgerechnet in der Datierung wenig wert gelegt wurde; vgl. dazu den Kommentar in Kat.-Nr. 281.
187 Vgl. WEISSENBÄCK/PFUNDNER, Tönendes Erz 543, hier jedoch Datierung „1500“; übernommen als „um 1500“ bei AMMANN, Oberland 249; Dehio Tirol 544.
188 Die nach einem Arbeitsfoto von der ersten Aufnahme der Glocke im Jahr 1985 nur teilweise lesbare Inschrift wurde oben nach TINKHAUSER/RAPP, Beschreibung 5, 490 ergänzt. Tinkhauser/Rapp halten diese und die in der Folge genannte Glocke von 1643 zweifellos fälschlich für Bestandteile eines der Namloser Kirche anläßlich einer zu 1666 datierten Weihe gestifteten Geläutes. Die aus Trient stammende Glocke wurde wohl erst mit der Aufhebung des Kloster 1778 disponibel.
189 WEISSENBÄCK/PFUNDNER, Tönendes Erz 543.
190 S. die Broschüre unter http://trentocultura.it/upload/file/documents/guidasanlorenzo_ita.pdf (August 2010).
191 WERNISCH, Glockenkunde 250 und 297. Leider geht Wernisch im entsprechenden Kapitel über Trienter Gießer nicht eingehend auf diesen von ihm aufgelisteten Ludwig Simonat ein.
192 Text nach TINKHAUSER/RAPP, Beschreibung 5, 490.
193 S. 200 Jahre Bundesmusikkapelle Namlos, unpag.
194 S. WEISSENBÄCK/PFUNDNER, Tönendes Erz 167 und 543; AMMANN, Oberland 249; Dehio Tirol 544; WERNISCH, Glockenkunde 193.
195 Vgl. dazu CVMA Österreich 4, 396 (Innsbruck, TLMF, Kat.-Nr. 12). Ähnlich verhält es sich mit den von unbekannten Standorten ins Museum gelangten vollrunden Wappenscheiben des Landecker Wirts und Kaufmanns Hans Linser und seiner ersten Frau Elisabeth Tannhaimer von 1633 (Inv.-Nr. GL 504f.), der hochrechteckigen Wappenscheibe des Hans von Khüepach zu Ried von 1592 (Inv.-Nr. GL 533) und der als Gegenstück zu der verlorenen Scheibe ihres unbekannten Mannes angefertigten hochrechteckigen Wappenscheibe der Barbara Linsin von 1573 (Inv.-Nr. GL 545); ZIMMETER, Glasgemälde 64, 75f. und 78f. (Nrr. 3f., 33, 36f.).
196 „Die österreichweit größte Sammlung an kleinformatigen Glasgemälden des 16. und 17. Jahrhunderts besitzt das Landesmuseum Ferdinandeum. Viele der Wappenscheiben stammen von Stiftern und Stifterehepaaren aus Tirol, ihre ursprünglichen Standorte sind nur teilweise bekannt“; WOLF, Glasmalerei 648.
197 DEININGER, Wandgemälde 489; AMMANN, Oberland 204; Dehio Tirol 451 und BAUMANN-OELWEIN, Kostbarkeiten 216.
198 Vgl. dazu ausführlicher KLIEN, Beinahe 1000 Jahre 153–157, der die Lesung korrigiert und dabei auch ein ausgezeichnetes Foto der Ritzinschrift gibt.
199 BAUMANN-OELWEIN, Kostbarkeiten 216 und KLIEN, Beinahe 1000 Jahre 153–157.
200 Es sind dies im Einzelnen eine Zirbenholztruhe mit der aufgemalten Jahreszahl 1587, die früher im Schloßmuseum Gobelsburg (VB Krems, NÖ) als Zweigstelle des Museums für Volkskunde in Wien ausgestellt war (Inv.-Nr. 36.813), s. SCHMIDT, Bauernmöbel 129 (Abb. 129) und DERS., Gobelsburg 67, sowie eine kleine und eine größere Zirbenholztruhe mit den aufgemalten Jahreszahlen 1606 bzw. 1661 im Innsbrucker Volkskunstmuseum (Inv.-Nr. 22486 bzw. 14491).
201 Das Objekt wird unter der Provenienzangabe Oberinntal im Innsbrucker Volkskunstmuseum (Inv.-Nr. 565) verwahrt. Die mit aufgemaltem Dekor versehene Tischlerarbeit trägt neben der eingeschnitzten Jahreszahl 1658 auf dem Türblatt im gesprengten Dreieckgiebel ein geschnitztes Jesusmonogramm und auf dem Fries des bretterverschalten Türsturzes zwei Namensinschriften HANS MAYR und MARIA HANZN.
202 Dehio Tirol 828.
203 S. AMMANN, Oberland 364; Dehio Tirol 763.
204 Vgl. TINKHAUSER/RAPP, Beschreibung 4, 46; JENNY, Kirche 24; EGG, Bauhütte von Grins-Landeck 62; AMMANN, Oberland 218; Dehio Tirol 456. Die Inschrift muß jedenfalls vor 1889 angefertigt worden sein, da sie Tinkhauser/Rapp und Jenny bereits beschreiben.
205 S. mit jeweils abweichenden Interpretationsversuchen TINKHAUSER/RAPP, Beschreibung 3, 463 (hier das oben angeführte Zitat); ATZ, Kunstgeschichte 398f.; EGG, Imster Bauhütte 263–266; WAITZ, Kirchen und Kapellen 240; AMMANN, Kunst in Imst 40f.; AMMANN, Oberland 165; Dehio Tirol 351.
206 Eigentlich gespalten: vorne Österreich (Bindenschild), hinten in Silber ein rotes Tatzenkreuz.

Werner Köfler, Romedio Schmitz-Esser

Zitierregel:
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte, ges. u. bearb. v. Werner Köfler und Romedio Schmitz-Esser (Die Deutschen Inschriften 82. Band, Wiener Reihe 7. Band, Teil 1) Wien 2013, 8. Nicht aufgenommene Inschriften,
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82. Band, Wiener Reihe 7. Band
Die Inschriften des Bundeslandes Tirol - Teil 1
Die Inschriften der Politischen Bezirke Imst, Landeck und Reutte

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